Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika

Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika

Titel: Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
Vom Netzwerk:
den nichts vermocht hätte, seinen Platz Jemand abzutreten, und endlich aus drei Eingeborenen, deren Muth und Kaltblütigkeit Mokum kannte. Nachdem sie ihren Collegen die Hand gedrückt, verließen die drei Europäer gegen vier Uhr Nachmittags den Lagerplatz und vertieften sich in das Gehölz, in der Richtung des Berges. Sie spornten ihre Pferde, und um neun Uhr Abends hatten sie dreißig Meilen zurückgelegt.
    Zwei Meilen vor dem Berge sprangen sie vom Pferde und machten sich ein Nachtlager zurecht. Kein Feuer wurde angezündet, denn Mokum wollte nicht die Aufmerksamkeit der Thiere auf sich ziehen, welche er bei Tage bekämpfen wollte, noch einen nächtlichen Angriff hervorrufen.
    Während der ganzen Nacht hörte man fast unaufhörliches Gebrüll. Erst in der Dunkelheit verlassen diese schrecklichen Fleischfresser ihre Höhle und gehen auf Nahrung aus. Keiner der Jäger schlief nur eine Stunde, und der Buschmann benutzte diese Schlaflosigkeit, um ihnen einige Rathschläge zu ertheilen, welche seine Erfahrung werthvoll machte.
    »Meine Herren, sagte er mit vollkommen ruhigem Tone, wenn sich der Oberst Everest nicht getäuscht hat, werden wir morgen mit einer Bande schwarzmähniger Löwen zu thun haben. Diese Thiere gehören der wildesten und gefährlichsten Race an. Wir müssen deshalb auf unserer Hut sein. Ich empfehle Ihnen an, dem ersten Sprung dieser Thiere, welche einen Satz von sechzehn bis zwanzig Schritte machen können, auszuweichen. Ist ihr erster Anlauf mißglückt, so kommt es selten vor, daß sie einen zweiten machen. Ich spreche aus Erfahrung. Da sie bei Tagesanbruch in ihre Höhle zurückkehren, werden wir sie dort angreifen. Sie werden sich aber vertheidigen und gut vertheidigen. Ich sage Ihnen, des Morgens sind die Löwen, da sie gut gesättigt, weniger wild und vielleicht auch weniger tapfer; das ist eine Frage des Magens. Es ist auch eine Ortsfrage, denn sie sind scheuer in Regionen, wo die Menschen sie unaufhörlich reizen. Doch hier, in diesem wilden Lande, werden sie die größte Wildheit haben. Ich empfehle Ihnen ebenfalls, meine Herren, ehe Sie schießen, gut die Distanz abzuschätzen. Lassen Sie das Thier sich nähern, zielen Sie auf die Schulter und feuern Sie sicher ab. Dann wollen wir auch die Pferde zurücklassen, da sie in der Gegenwart des Löwen scheu werden und die Sicherheit des Reiters gefährden. Zu Fuß wollen wir kämpfen, und ich hoffe, die Kaltblütigkeit wird Sie nicht in Stich lassen.«
    Die Begleiter des Buschmanns hatten schweigend dem Rathe des Jägers zugehört. Mokum war wieder der geduldige Mann der Jagd geworden. Er wußte, daß die Sache ernst werden würde. Wenn in der That der Löwe sich gewöhnlich nicht auf den Menschen wirst, der ihn nicht reizt, so erreicht doch seine Wuth den höchsten Grad, sobald er sich angegriffen sieht. Dann ist er ein furchtbares Thier, dem die Natur die Geschmeidigkeit zum Springen, die Kraft zum Zertrümmern, den Zorn, der ihn schrecklich macht, verliehen hat. Deshalb befahl der Buschmann den Europäern, und besonders Sir John, Kaltblütigkeit an, denn dieser ließ sich zuweilen von seiner Kühnheit hinreißen.
    »Schießen Sie einen Löwen, wie Sie ein Rebhuhn schießen würden, ohne mehr Aufregung. Darin liegt Alles!«
    Darin liegt wirklich Alles! Aber wer kann dafür einstehen, sein kaltes Blut in Gegenwart eines Löwen zu bewahren, wenn man nicht durch die Gewohnheit gestählt ist?
    Um vier Uhr Morgens verließen die Jäger den Halteplatz, nachdem sie ihre Pferde in einem dichten Gehölz fest angebunden hatten. Es war noch nicht Tag, einige röthliche Streiflichter schimmerten durch den Nebel im Osten. Es herrschte noch tiefe Dunkelheit.
    Der Buschmann rieth seinen Gefährten, ihre Waffen zu untersuchen. Er selbst und Sir John Murray, jeder mit einem Hinterlader bewaffnet, brauchten nur die Kupferpatrone in den Flintenlauf gleiten zu lassen, und zu probiren, ob der Hahn gut ging. Michael Zorn und William Emery, die gezogene Büchsen trugen, erneuten das Zündpulver, welches durch die Feuchtigkeit der Luft gelitten haben konnte. Was die drei Eingeborenen betraf, so waren sie mit Bogen aus Aloëholz versehen, die sie mit großer Geschicklichkeit handhabten. Wirklich war schon mehr als ein Löwe durch ihre Pfeile gefallen.
    Die sechs Jäger, eine dichte Masse bildend, wandten sich dem Hohlwege zu, dessen Eingang die beiden jungen Gelehrten schon am vergangenen Abend erkannt hatten. Sie sprachen kein Wort und schritten zwischen den

Weitere Kostenlose Bücher