Abenteurer meiner Traeume
entstehen.
Shannon würde niemals den Blick in Whips Augen vergessen, als er beobachtete, wie der Schmetterling sich von ihrer Hand erhob und aufwärts in den blauen Himmel flog -Freude, Neid, Verständnis, Zufriedenheit, Sehnsucht. Alles das hatte in Whips Lächeln gelegen.
Ich weiß, daß er eines Tages fortgehen wird. Aber bitte nicht heute, lieber Gott.
Nicht heute.
Shannon verschüttete das Mehl und schob es vorsichtig zurück in die Schüssel.
Denk nicht daran, daß Whip fortgeht, sagte sie sich fest. Entweder er geht heute weg oder nicht, und ich kann nichts weiter tun, als ihm beim Essen Zusehen, ihm Schaum vom Kinn tupfen und sein Lächeln genießen wie Sonnenwärme auf meiner Seele.
Anstatt mir Sorgen über die Zukunft zu machen, sollte ich Gott dafür danken, daß er mir einen sanften, großzügigen, höflichen Mann geschickt hat, der mir hilft. Es gibt frisches und getrocknetes Fleisch und geräucherten Fisch und einen großen Haufen Feuerholz auf der Ostseite der Hütte.
Das alles ist ein Segen, und auf jeden Fall viel mehr als das, was ich hatte, als ich Mamas Ehering verkaufen mußte, um nicht zu verhungern, während ich versuchte, eine bessere Jägerin zu werden.
Shannon bückte sich und fühlte, wie heiß die Luft im Ofen war. Dann legte sie Holz nach, damit der Herd noch heißer wurde, schnitt ein paar Scheiben von dem Schinken ab, der in der Ecke hing, und legte sie in die Pfanne zum Braten, während die Brötchen buken.
Als der Ofen heiß genug war, ging sie zum Fenster und öffnete die Fensterläden. Die Sonne schien herein und brachte den Duft eines noch unberührten Tages mit sich.
»Die Brötchen kommen in den Ofen«, rief Shannon Whip zu. »Ich bringe auch gleich das heiße Wasser.«
Das rhythmische Hackgeräusch hörte auf. Whip trat einen Schritt zurück und stellte fest, daß er noch länger brauchen würde, den Baum zu fällen, als Shannon für die Brötchen. Mit einem lockeren Schlag versenkte er die Axt tief ins Holz. Dort würde die Schneide scharf bleiben, bis er sie wieder brauchte. Whip sah über seine Schulter, daß Shannon sich lächelnd mit einem Kamm in der Hand aus dem Fenster beugte. Sie kämmte mit schnellen, kurzen Bewegungen ihr Haar, als wolle sie möglichst bald fertig werden.
Im Sonnenlicht schimmerte ihr Haar in allen leuchtenden Herbstfarben wie dunkles Feuer mit Gold und Rot.
Schon in nicht allzuferner Zukunft wirst du mich dein Haar für dich kämmen lassen, versprach ihr Whip im stillen. Bald.
Dein Haar wird so weich und heiß sein in meinen Fingern wie Feuer, doch noch weicher und heißer wird die dunkle Blume deiner Weiblichkeit sein, die zwischen deinen Schenkeln verborgen liegt.
Du wirst aufblühen für mich, Honigmädchen. Da bin ich ganz sicher.
Aber zuerst muß ich noch an deinem Höllenhund vorbeikommen, ohne dich zu Tode zu ängstigen.
»Ich bin schon unterwegs«, rief Whip.
Seine Stimme klang hart. Prettyface war ihm wirklich ein Dorn im Auge. Vom Temperament her war er fast völlig Wolf, und soviel Mühe sich Whip auch geben mochte, das Tier behandelte ihn hartnäckig wie einen gefährlichen Eindringling. Ein paarmal schon war Whip versucht gewesen, sich den knurrenden Hund zu packen und ihm die einzige Lektion zu erteilen, die er von einem Mann annehmen würde.
Angst, schlicht und einfach.
Whip wußte, daß ein Wolf sich nur einer überlegenen Kraft beugte. Wenn Whip seine Kraft demonstriert hatte, würde Prettyface auch Respekt vor ihm bekommen und ihm so die Möglichkeit geben zu zeigen, daß nicht jeder Mann Spaß daran hatte, einen großen Hund mit Wolfsaugen zu quälen.
Mit etwas Zeit würde Prettyface Whip nicht nur akzeptieren, sondern ihm genausoviel Vertrauen und Treue entgegenbringen wie dem jungen Mädchen, das ihn damals, fast zu Tode geprügelt, am Weg von Holler Creek gefunden hatte.
Whip brauchte nur Zeit.
Wieviel Zeit habe ich wohl noch, bis jener Sonnenaufgang mich ruft?
Auf diese Frage gab es keine Antwort, hatte es nie eine gegeben. Wenn die Wanderlust ihn ergriff, packte er seine Habe und ging fort. Und kam nie wieder an denselben Ort zurück.
Doch bevor er ging, würde er dafür sorgen, daß Shannons Hütte in ordentlichem Zustand war, daß sie genug zu essen hatte und das Feuerholz auf allen drei Seiten der Hütte hochgestapelt war bis zum Dach. So hatte er es immer gehandhabt mit den offenherzigen Witwen, die ihm unterwegs begegneten, auch wenn die Frauen nicht mehr für ihn taten als für ihn zu kochen,
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