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Abenteurer meiner Traeume

Titel: Abenteurer meiner Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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Vögel zurückrufen, ringsumher Nacht, ein ebenholzschwarzer Fluß... Es war, als
    könnte ich die Zeit atmen. China ist älter als alles, was ich mir je vorgestellt hätte.«
    Shannon schauderte, als sie Whips Augen sah. Sie waren überschattet von Erinnerungen und Ferne und einem schwarzen Fluß.
    Es war, als könnte ich die Zeit atmen.
    »Gibt es noch anderswo eine Landschaft wie hier?« fragte Shannon, als sie sein Schweigen nicht mehr ertragen konnte.
    Er runzelte die Stirn, fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Keine, die Colorado wirklich übertrifft«, gab er schließlich zu.
    »Auf der ganzen Welt?«
    »Oh, Irland ist schon herrlich grün, aber es hat nicht solche Berge. In Burma und der Schweiz gibt es phantastische Gebirgszüge, aber sie bestehen mehr aus Felsen und Eis, und es gibt nicht viel Platz für Menschen dort.«
    Shannon beugte sich vor, ihre Augen glitzerten fasziniert.
    »In Südamerika gibt es eine lange, muskulös wirkende Gebirgskette mit grünen Tälern zwischen den hohen Gipfeln«, sagte Whip. »Aber die Hochebenen liegen so hoch, daß man schon erschöpft ist, wenn man nur einen Kilometer gehen muß. In Australien gibt es grüne Berge mit ein paar verschneiten Gipfeln, die sind ganz hübsch, aber nicht wirklich hoch. Und der Geruch der Eukalyptusbäume hat mir nie so zugesagt, wie der Geruch der Nadelbäume hier in den Rocky Mountains.«
    »Das hört sich ja so an, als wenn der beste Platz auf Erden für Sie genau hier wäre«, sagte Shannon.
    Whip lachte und schüttelte den Kopf, aber als er Shannon ansah, wurde sein Gesicht ernst. Er spürte die Frage, die hinter diesen Worten steckte: Wirst du hierbleiben in den Bergen, die sich mit nichts auf der Welt vergleichen lassen?
    »Die Rockies haben mich schon länger hier festgehalten als jeder andere Ort der Erde«, sagte er leise. »Aber eines Tages wird mich ein ferner Sonnenaufgang rufen, mir alles das versprechen, was ich immer wollte und nie benennen konnte. Dann werde ich wieder aufbrechen, denn es gibt nichts so Großartiges wie den Sonnenaufgang, den ich noch nie gesehen habe. Nichts.«
    Shannon verdrängte den plötzlichen Kummer, der ihr die Kehle zuschnürte. Es gab keinen Grund, einen so scharfen Schmerz zu spüren. Whip war kaum mehr als ein Fremder für sie. Es hätte ihr egal sein müssen, ob er nun für immer blieb oder schon in einer Stunde wieder verschwand. Und doch schmerzte es sie, als drehte jemand ein Messer tief in ihrem Inneren um. Sie schloß sie Augen und kämpfte gegen den unerwarteten Kummer an.
    »Ich habe es ja schon gesagt, Honigmädchen«, erklärte Whip sanft. »Ich bin ein Herumtreiber.«
    Shannons Augen öffneten sich wieder. Sie sah den Mann an, den sie nur als Whip kannte. Dann betrachtete sie seinen klaren Blick, der schon so viel gesehen hatte und doch weiterwollte zur nächsten Aussicht, zu einem anderen Ort, einem ferneren Sonnenaufgang, den es immer geben würde.
    Immer.
    Ich höre deine Warnung, Streuner. Ich versuche nicht, dich zu halten. Nicht von dir zu träumen.
    Dich nicht zu lieben.
    Und doch hatte Shannon das unbehagliche Gefühl, daß Whips Warnung zu spät gekommen war. Irgendwo tief in ihrem Innern war etwas erwacht, das sie noch nie zuvor gespürt hatte.
    Sie hoffte sehr, daß es nur Begehren war.

6. Kapitel
    Eine Woche später erwachte Shannon gleich nach Tagesanbruch vom Rhythmus einer Axt, die große Stücke aus einem Baum biß. Erleichtert atmete sie auf.
    Nichts hat sich geändert, während ich geschlafen habe. Er ist immer noch da.
    Wenn die Culpeppers jetzt auftauchten, würde ihnen Shannon mit einem Gewehr in der Hand, einem knurrenden Hund hinter sich... und einem Mann namens Whip an ihrer Seite entgegentreten.
    »Siehst du?« flüsterte sich Shannon zu. »Ich habe doch gesagt, daß er am Morgen noch hier sein würde.«
    Diesmal.
    Als Shannon am vergangenen Abend die Flöte nicht gehört hatte, hatte sie sich gefragt, ob Whip jetzt nicht doch endgültig verschwunden war. Aber er war noch da und arbeitete für Shannon, tat genau die Dinge, die ihr allein schwerfielen.
    Whip hatte den ans Haus gebauten Schuppen repariert, in dem das alte Maultier den härtesten Teil des Winters verbrachte. Dann hatte er dem Tier die Hufe gestutzt und es mit Eisen beschlagen, die Silent John immer einfach weggelassen hatte. Whip hatte auch die Tür der Hütte neu eingehängt, so daß sie wieder richtig schloß, ohne daß man dagegentreten mußte. Dann hatte er Werg so fest in die Ritzen zwischen

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