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Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Titel: Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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verrät, wird er ihn töten.«
    Marie konnte es nicht fassen. Wieso konnte Robert so gelassen darüber reden, dass der Freund bald das zweite Kind umbringen würde – nach Johann?
    Robert seufzte nur und verließ das Zimmer. Wie immer.
    14
    An diesem Tag hatte Marie länger gearbeitet. Sie engagierte sich jetzt stärker im Verpackungsmittelbetrieb. Sie hatte sich sogar für eine Fortbildung im Steuerrecht angemeldet. Ihr Chef hatte das befürwortet, und nun machte sie regelmäßig Überstunden, um ihre zweiwöchige Abwesenheit vorzubereiten.
    Es war anstrengend. Aber Marie genoss es, viel zu tun zu haben. Sie wollte sich von der trüben Stimmung zu Hause ablenken. Vielleicht würde sie ja, wenn sie sich ins Zeug legte, eine bessere Arbeit bekommen und mehr verdienen. Dann würde sie sich von Robert trennen.
    Marie wusste, dass es eigentlich nicht richtig war, diese Entscheidung von ihrer finanziellen Lage abhängig zu machen. Aber es war für sie wie ein Gottesurteil: Sollte ihr der berufliche Aufstieg gelingen, dann bedeutete das grünes Licht für die Trennung.
    Sie hatte auf dem Heimweg noch schnell eingekauft und stand nun in der Küche, um Bratkartoffeln mit Leber zu machen. Robert aß dieses Essen gern, und ihr machte es nichts aus. Sie aß fast alles – gleich gern oder ungern.
    Als sie die Zwiebeln schälte, schossen ihr Tränen in die Augen. Sie riss ein Stück Küchenrolle ab und versuchte sich die Augen trocken zu tupfen. Irgendwie war Zwiebelsaft an das Zellstofftuch gekommen, und es wurde noch schlimmer. So konnte sie auch nicht erkennen, welches Auto da vor ihrer Einfahrt hielt.
    Aber sie sah, dass jemand auf der Beifahrerseite ausstieg und zur Einfahrt ging.
    Als es klingelte, wusch Marie sich unter dem Wasserhahn der Spüle die Augen aus.
    Robert schien nichts gehört zu haben.
    Marie trocknete sich das Gesicht mit dem Geschirrtuch ab und ging hinaus.
    Es war eine Frau. Dünn. Eingefallen.
    Marie brauchte eine Weile, bis sie sie erkannte.
    Es war Lore – die Frau von Tom. Kevins Mutter.
    »Darf ich reinkommen?«, fragte Lore scheu. Ihre Miene war starr.
    Marie fühlte sich überrumpelt. Verdattert trat sie zur Seite.
    Lore stand verlegen im Flur. Marie ging an ihr vorbei und öffnete die Küchentür. Lore folgte ihr. Marie bot ihr Platz an. Lore setzte sich an den Küchentisch. Sie behielt ihren dünnen, hellgrauen Trenchcoat an. Sie wirkte übernächtigt.
    Marie ging zur Spüle und wusch sich die Hände. Sie wusste nicht recht, warum. Vielleicht weil sie fürchtete, sie könnte sich noch mal Reste des Zwiebelsafts in die Augen reiben.
    Sie schaute auf die Straße. Der Wagen, mit dem Lore gekommen war, war weg.
    Hatte der Freund sie hergefahren? Wieso war er verschwunden? Würde er sie nachher wieder abholen? Marie überlegte, wie sie es anstellen konnte, an ein Telefon zu gelangen und die Polizei zu alarmieren, ohne dass Lore das mitbekam. Wenn es schnell ging, waren sie in fünf bis zehn Minuten hier. Aber sie musste ihnen sagen, dass sie nicht vor dem Haus parken durften, damit der Freund nicht gewarnt wurde.
    »Kevin ist weg«, sagte Lore.
    Marie schwieg.
    »Er ist seit einer Woche verschwunden«, fuhr Lore fort. Sie zupfte am Saum ihres Mantels.
    »Warst du bei der Polizei?«, fragte Marie.
    Lore schüttelte den Kopf und schaute auf ihren Mantelsaum.
    »Und warum nicht?«
    Lore kamen die Tränen. Doch das ließ Marie ihr nicht durchgehen. Sie stemmte die Arme in die Hüften und trat vor sie hin. »Was willst du hier? Was fällt dir ein hierherzukommen?!«
    Lore schaute auf. Ihre Augen waren grau und ohne Kraft. »Jetzt geht es mir wie dir. Mein Kind ist auch verschwunden.«
    Marie wollte auf keinen Fall weinen. Nicht in Gegenwart dieser Frau. »Was ist mit … Tom?«
    Lore zog ein zerknülltes Taschentuch aus der Manteltasche und schnäuzte die Nase. Sie verzog den Mund. »Er ist auch weg. Er hat Kevin mitgenommen.«
    Marie konnte es nicht fassen: nicht nur, dass diese Frau ihr Kind derart in Gefahr gebracht hatte. Jetzt saß sie auch noch in ihrer Küche, heulte Rotz und Wasser und erwartete von ihr, dass sie ihr half.
    »Ich kann nicht zur Polizei gehen. Die würden sofort eine Hetzjagd auf Tom veranstalten. Wenn sie ihn in die Enge treiben, weiß er nicht mehr, was er tut.« Sie heulte wieder los.
    »Der hat Kevin längst umgebracht!«, fuhr Marie sie an.
    Lore hörte schlagartig auf zu weinen. Sie dachte nach. Dann sagte sie – fast überrascht: »Er liebt den Jungen. Da kann er doch

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