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Abgebrezelt

Abgebrezelt

Titel: Abgebrezelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Schmidt
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es hat keine Gewalttat stattgefunden? Und Sie waren die ganze Zeit bei vollem Bewusstsein?«
    »Natürlich war ich bei vollem Bewusstsein! Oder bekommt man bei Botox normalerweise eine Vollnarkose?«, frage ich naiv.
    »Botox? Wieso Botox?« Er guckt mich vollkommen irritiert an, und man erkennt eindeutig eine unschöne Zornesfalte zwischen seinen Augenbrauen, auf die ich richtiggehend neidisch bin. Wie gerne würde ich die Zeit zurückdrehen, in der ich »nur« ein paar Falten auf der Stirn hatte.
    »Ich habe mir Botox spritzen lassen, wegen der fiesen Falte auf meiner Stirn, die so ähnlich aussah wie Ihre da jetzt«, ich zeige zwischen seine Augenbrauen, was dazu führt, dass die Falte noch tiefer wird, »und nach der Spritze hing mein Augenlid dann plötzlich auf halb acht. Danach habe ich mir ein anderes Mittel spritzen lassen, aber dadurch wurde alles noch schlimmer. Bitte helfen Sie mir, Dr.Herbrandt!?« Flehend schaue ich ihm ins Gesicht und greife nach seiner Hand, die sich immer noch anfühlt wie ein toter Fisch. Dr.Herbrandt starrt mich ungläubig und feindselig an und entreißt mir seine Hand.
    »Sie haben sich Botox spritzen lassen, und weil das Ergebnis jetzt nicht so ist, wie Sie sich das vorgestellt haben, lassen Sie sich hier einliefern?«
    Seine Stimme ist voller Hass und macht mir Angst. Irgendwas läuft hier gerade mal wieder total schief.
    »Na ja, so ein Ergebnis kann sich ja wohl keiner in seinen schlimmsten Alpträumen überhaupt nur vorstellen … das sollte natürlich ganz anders aussehen.«
    Dr.Herbrandt ist jetzt kein bisschen blass mehr, sondern sieht eher aus wie eine überreife, herabfallende Tomate, kurz bevor sie auf einem Betonboden aufplatzt.
    »Ja, glauben Sie, wir hätten hier nichts Besseres zu tun, als neureichen Ehefrauen irgendwelche blöden Falten auszubügeln?«, schreit er mich an. »Das ist hier verdammt noch mal eine Notaufnahme und kein Schönheitssalon! Also entweder Sie haben jetzt eine vernünftige Verletzung aufzuweisen, oder Sie verlassen auf der Stelle diese Klinik!
    »Ehefrau? Aber ich bin doch gar nicht verhei … «
    »Verlassen Sie sofort diesen Raum!«
    »Und was ist mit meiner Lippe und dem Ausschlag? Ist das denn keine vernünftige –?«
    »Raus!«
    In dem Moment geht sein Piepser, und er verlässt eilig, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen, den Raum. Ich bin plötzlich allein zwischen den ganzen Maschinen, die vor sich hin summen und brummen und die die menschenfeindliche Stimmung, die Dr.Herbrandt hinterlassen hat, noch verstärken. Die Maschine direkt neben mir ist besonders unangenehm. Sie brummt wie ein in Panik geratenes Wespennest. Ich drücke auf einen der vielen Knöpfe, aber anstatt leiser zu werden, fängt das Ding an laut und penetrant zu piepsen. Ich drücke noch mal auf den Knopf, in der Hoffnung, dass die Maschine wieder aufhört, aber sie piepst bedrohlich weiter. Ich drücke panisch alle Knöpfe, aber das Piepen bleibt. Keine zwanzig Sekunden später wird die metallene Tür zum Untersuchungsraum aufgerissen, und Dr.Herbrandt stürmt mit zwei Schwestern in den Raum. Er starrt mich wütend an.
    »Ich dachte, Sie könnten mir vielleicht wenigstens eine Salbe … « Weiter komme ich nicht.
    »RAAAAUUUUUUUUSSS!«
    Ich hätte nie gedacht, dass ein schmächtiger Mann wie Dr.Herbrandt so unglaublich laut brüllen kann. Ich bin mir sicher, dass er damit sämtliche Komapatienten zum Leben erweckt hat und alle Narkoseärzte noch mal nachspritzen müssen. Die beiden Krankenschwestern starren abwechselnd mich und Dr.Herbrandt entsetzt an, offenbar haben sie ihren Chef so auch noch nicht erlebt. Beschämt steige ich von der Liege und verlasse den Behandlungsraum wie ein räudiger Hund, den man brutal vom Futternapf getreten hat und von dem sich die Leute angewidert abwenden, weil er so hässlich ist. Dann verlasse ich die Klinik.
    Vor der Tür steht Gott sei Dank ein Taxi. Zu meiner Überraschung ist es das Taxi, das mich hergebracht hat.
    »Geht es Ihnen besser?«, fragt mich der Fahrer.
    Ich seufze. »Ja, ja, viel besser.« Ich will nicht riskieren, dass er mich in ein weiteres Krankenhaus fährt.
    »Gut! Ich hab nämlich noch fuffzehn Euro auf der Uhr.«

DREIZEHN  Aktive Vulkane
    Am nächsten Morgen weckt mich mein Handy.
    »Ja?«, melde ich mich verschlafen.
    »Jessica?«
    »Ja. Was is?«
    »Jessica wo bist du denn? Es ist halb zwölf durch.«
    »Ja und? Wer ist denn da?«, will ich wissen.
    »Na wer schon! Hier ist dein Lieblingskollege

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