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Abgebrezelt

Abgebrezelt

Titel: Abgebrezelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Schmidt
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Chocolat.«
    »Christian, das hört sich wirklich super an, aber sei mir nicht böse, heute passt es mir leider nicht, ich muss noch was erledigen.« Er guckt enttäuscht, fängt sich aber verblüffend schnell.
    »Kein Problem! Ich lass dir aber die Sachen da, vielleicht für später.«
    »Christian, das ist wirklich ganz lieb von dir, aber das brauchst du echt nicht … «
    »Ich weiß, dass ich das nicht brauche, aber ich möchte es gerne. Ich bin auch gleich wieder weg.«
    »Oh. Ich … «
    »Was hast du denn vor? Ein Date?«, fragt er und räumt gleichzeitig die Mousse au Chocolat in den Kühlschrank. Ganz schön neugierig, der Mann.
    »So ähnlich!«
    Ich schaue ihm beim Auspacken der ganzen Leckereien zu und ich bekomme schon wieder Hunger. Er guckt mich durchdringend an, und ich habe für einen Moment das Gefühl, dass wir uns schon seit Ewigkeiten kennen. Er hält diesen Blick bestimmt zehn Sekunden durch, und ich kann ihm nicht standhalten. Ich hab schon als Kind immer bei dem Spiel »Wer kann dem anderen länger in die Augen gucken« verloren. Ich senke den Blick und werde auch noch rot dabei.
    »Du machst doch keine Dummheiten, oder?«
    »Wenn du es unbedingt wissen willst: Ich will zu Roland.«
    »Zu deinem Ex? Was hast du vor?« Er wirkt ehrlich beunruhigt.
    »Hmmm, sagen wir mal so, es handelt sich um eine kleine künstlerische Aktion. Eine hübsche Überraschung, die endlich mal ein bisschen Farbe in das Leben dieses Scharlatans bringen wird.«
    Ohne es zu wollen klinge ich wie Klaus Kinski als Mephisto, und Christian legt entsetzt das Bündel frischen Rucola beiseite.
    »Jessica, was um Himmels willen hast du vor?«

ZWEIUNDZWANZIG  Botox-Terror
    Christians Hybridwagen rollt lautlos aus der Innenstadt Richtung Marienburg. Ich konnte ihn partout nicht davon abbringen, erst für mich zu kochen und mich dann auch noch zu fahren. Es ist kurz nach Mitternacht und nicht mehr viel los auf den Straßen. Lediglich ein paar unmotivierte Studenten fallen noch angetrunken aus den Veedels-Kneipen in Klettenberg. Je weiter wir aus der Innenstadt kommen, desto weniger Kneipen gibt es, aus denen Menschen fallen könnten. Immer weniger Fenster sind beleuchtet, auf den Straßen sieht man niemanden mehr, noch nicht mal einen älteren Herrn, der seinen Dackel spazieren führt.
    »Was meinst du, Christian, warum gehen die Leute in der Vorstadt so viel früher ins Bett, als die in der Innenstadt?«
    »Na, wahrscheinlich weil die Leute in der Stadt gar nicht früher schlafen können. In den Innenstädten ist es einfach zu laut.«
    »Hmmmm, das glaub ich ja nicht. Ich glaube, es liegt viel eher daran, dass die Leute nicht in die Versuchung kommen, eben noch mal auf ein Bier um die Ecke zu gehen, weil es dort nämlich kein Bier gibt. Keine Kneipe, kein Restaurant, keine Trinkhalle, wahrscheinlich noch nicht mal mehr ein Zigarettenautomat. Ich bin sicher, dass die meisten Vorstädter aus Mangel an Möglichkeiten schon um zehn bewegungsunfähig vor dem Fernseher liegen, weil Anne Will oder Frau Maischberger sie ins Koma gequatscht haben.«
    Christian muss lachen. »Schon mal dran gedacht, dass die meisten Menschen, die weiter draußen leben, Kinder haben, die morgens um sechs auf der Matte stehen und bespaßt werden wollen?«
    Ich schaue Christian von der Seite an. Das hört sich irgendwie so an, als würde er aus eigener Erfahrung sprechen, und ich merke, dass ich, obwohl wir einen ganzen Abend miteinander verbracht haben, noch nicht sehr viel über ihn weiß. Die meiste Zeit hab ich geredet, und zwar ausschließlich über mich. Zu meiner Verteidigung muss ich allerdings sagen, dass ich ja nun mal so einiges nachzuholen hatte. Christian hat mir zwar erzählt, dass er Single ist, was ja aber nicht heißt, dass er noch nicht verheiratet war oder keine Kinder hat. Mittlerweile ist ja die Scheidungswelle schon tsunamigleich über ein Drittel meiner Altersgenossen hinweggerollt, was mir wieder einmal vor Augen führt, dass ich noch nicht viel hinbekommen hab, noch nicht mal eine gescheiterte Ehe.
    »Hast du Kinder?«, frage ich Christian.
    »Ja, einen Sohn. Zehn Jahre alt.«
    Das ist das erste Mal, dass ich eine Art Wehmut in seinem Gesicht sehe, die das fast stete Lachen kurz aus seinem Gesicht wischt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich noch mehr fragen sollte, aber er spricht von alleine weiter.
    »Er lebt bei meiner Exfrau in Bonn. Ich seh ihn alle zwei Wochen, viel zu selten.«
    Er seufzt und wirkt sehr traurig. Ich drücke

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