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Abgebrezelt

Abgebrezelt

Titel: Abgebrezelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Schmidt
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spinnst du eigentlich?«
    Ich bin sofort hellwach. Woher weiß er … – weiß er überhaupt?
    »Worum geht’s denn bitte?«, frage ich steif.
    »Worum es geht?«, schreit Roland mich an, »du weißt verdammt gut, um was geht.«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du redest, Roland. Es ist noch ziemlich früh, und du schreist mich an. Ich glaube, ich würde jetzt lieber wieder ins Bett gehen.«
    »Das kann ich mir gut vorstellen, so nachtaktiv wie du gestern warst.«
    Mist! Er weiß es tatsächlich. Ob der Nachbar mich vielleicht doch erkannt hat? Kann eigentlich nicht sein. Wer soll mich in komplett schwarzen Klamotten, mit Schal über der Hälfte des Gesichts, Sonnenbrille und Mütze bitte schön erkennen? Und trotzdem muss ich einen Fehler gemacht haben.
    »Nachtaktiv? Ich? Ich weiß wirklich nicht, was –«
    »O doch! Das weißt du ganz genau. Du hast ArschStümper an meine Garage geschmiert!«
    »Was? ArschStümper ? Was soll das überhaupt heißen?«, frage ich übertrieben entsetzt, »also entweder man ist ein Arsch oder ein Stümper aber ein … was stand da?« Ich höre ein Schnauben am anderen Ende der Leitung, freue mich diebisch darüber und mache weiter: »Also ich kann das nicht nachvollziehen, für mich bist du eher ein Stümper aber … wie gesagt, es tut mir leid, ich war’s nicht!«
    »Natürlich warst du es, Jessica. Es gibt nur eine Frau, die das »s« so schreibt wie du, und es gibt nur eine Frau, die so ein bescheuertes Schimpfwort benutzen würde.«
    Mist! Das »s«! Daran hatte ich nicht gedacht. Mein »s« hat einen ganz besonders eigenwilligen Schwung, der jedem sofort auffällt. Meine Lehrer in der Grundschule haben jahrelang versucht, mir das abzugewöhnen, sind aber allesamt gescheitert. Ich hätte den ArschStümper definitiv nicht in Schreibschrift schreiben dürfen!
    »Glaub doch, was du willst, Roland. Ich war’s nicht! Aber derjenige, der es war, hat verdammt recht! Also mit Stümper!« Damit knalle ich den Hörer auf die Gabel. Sofort klingelt das Telefon wieder.
    »Ich warne dich, Jessica. Ich zeig dich an, wenn so was noch mal vorkommt und das mein ich verdammt ernst. Ich werde es mir nicht gefallen lassen, dass du mich und meine Familie diffamierst.«
    »Und ich lasse nicht zu, dass du mich und andere Menschen verstümmelst!«
    Damit lege ich wieder auf. Zwei Minuten später klingelt es erneut. So langsam geht mir dieser Nichtskönner echt auf die Nerven. Ich nehme den Hörer.
    »Was ist denn jetzt noch, verdammt noch mal?«
    »Frau Kronbach?«
    Offensichtlich ist das nicht Roland.
    »Ja, wer denn sonst? Wer is’n da?«, frage ich genervt
    »Hier Rademann, ihr Chef. Und ich sag Ihnen auch gerne, was jetzt verdammt noch mal noch ist, Frau Kronbach.«
    »Das ist aber eine nette Idee,« hüstle ich so freundlich es irgendwie geht.
    »Frau Kronbach, im Ernst: Wann kommen Sie wieder? Die Anfragen stapeln sich, außerdem habe ich eine Beschwerde von einem sehr wichtigen Kunden, der sagt, Sie hätten ihm ein heißes Bad empfohlen und einfach aufgelegt, anstatt ihm den Kundendienst zu schicken. Stimmt das?«
    »Na ja, also ganz so war das jetzt bestimmt nicht … « Ich versuche krampfhaft mich zu erinnern, mir fällt aber nur dunkel irgendein Kunde ein, der mich genervt hat, als ich mich um den Partyservice für meinen Geburtstag gekümmert habe. Ich verdränge den Gedanken und versuche, mich wieder auf das Gespräch mit meinem dusseligen Chef zu konzentrieren.
    »Herr Rademann, da hat der Kunde was falsch verstanden, das habe ich natürlich so nie gesagt!«
    »Und warum haben Sie dann nicht den Kundendienst beauftragt?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen, schließlich bin ich krank und zu Hause und kann meine Gedanken ganz schwer ordnen, also wegen der Kopfschmerzen, die ich noch habe.« Um mein Kranksein noch zu unterstreichen, huste ich wie eine Tuberkulosepatientin im Endstadium. Herr Rademann bleibt unbeeindruckt.
    »Das ist mir schon klar, Frau Kronbach. Aber Ihre Krankschreibung geht nur noch bis Freitag. Ich erwarte von Ihnen, dass sie am Montag hier wieder antreten! Wiederhören!«
    Er hat aufgelegt, bevor ich noch irgendetwas dazu sagen kann, dieser Sklaventreiber. Das ist doch illegal, einen Mitarbeiter so unter Druck zu setzten. Vielleicht sollte ich auch mal bei Herrn Rademanns Garage vorbeischauen. Und wieso ruft der mich überhaupt über Festnetz an? Unangenehmen Leuten gebe ich grundsätzlich nur meine Handynummer und speichere sofort deren Nummer in meinem Handy. Herrn

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