Abgebrezelt
über beide Garagen reicht, und zum Schluss knubbeln sich die Buchstaben sogar ein bisschen. Macht aber nichts, schließlich ist das kein Kalligraphiewettbewerb hier, sondern eine astreine Racheaktion.
Als ich fertig bin, trete ich einen Schritt zurück und betrachte mein Werk. Es hat sich definitiv gelohnt, ein bisschen mehr Geld für die fluoreszierende Farbe auszugeben. Leider ist aus ursprünglich zwei Wörtern eins geworden. Aber Hauptsache jeder kann lesen, was auf der Garage von Herrn Saubermann steht, der Rest ist egal. Zufrieden trete ich den Rückzug an. Als ich über den Zaun klettere, bleibe ich mit der hinteren Hosentasche am Zaun hängen und ramme mir die Zaunspitze in den Hintern. Ich schreie kurz auf und fluche dann leise. Jetzt habe ich mir wegen diesem Vollidioten auch noch den Arsch aufgerissen, tolle Wurst.
Ein Hund fängt auf dem Nachbargrundstück an zu bellen, und ich mache mich, so schnell es eben mit einem zweiten Loch im Hintern geht, vom Acker. Das Bellen kommt immer näher, jemand ruft »Hasso!?«, womit wahrscheinlich der Hund gemeint ist, dann folgt ein »Hey Sie! Bleiben Sie stehen!«, das wiederum höchstwahrscheinlich an mich gerichtet ist. Ich glaube nicht, dass gerade mehrere Menschen in Marienburg flüchten. Als ich um die Ecke rase, knalle ich voll gegen ein Auto, das gerade lautlos und ohne Licht vorgefahren kommt. Ich falle auf meinen sowieso schon schmerzenden Hintern und habe ein Déjà-vu. Nur dieses Mal kommt niemand um das Auto gelaufen, um mir aufzuhelfen. Lediglich die Beifahrertür wird von innen geöffnet, und Christian, der halb auf dem Fahrersitz und halb über dem Beifahrersitz hängt, sagt: »Alles in Ordnung?«, ich nicke, »Dann los! Steig ein!« Eigentlich sollte ich ja sauer sein, dass er nicht auf mich gehört hat und sogar ein Versprechen gebrochen hat. Ich höre, wie das Bellen näher kommt, rapple mich schnell hoch und lasse mich völlig außer Atem auf den Beifahrersitz fallen. Christian fährt lautlos und ohne Licht in die Nacht. Aus dem Augenwinkel sehe ich einen Mann und einen riesigen Hund, die gerade um die Ecke biegen. Ich bin doch ein bisschen froh, dass Christian auf mich gewartet hat. Wir entfernen uns schnell, und ich bin mir sicher, dass der Mann ohne Licht das Kennzeichen des Wagens nicht erkennen kann. Es sieht so aus, als wäre ich, beziehungsweise als wären wir, entkommen.
»Und, fühlst du dich jetzt besser?«, fragt er mich, als wir wieder in die beleuchtete Großstadt zurückkehren und ich mich ein wenig beruhigt habe. Ich muss kurz nachdenken.
»Absolut!«
»Was hast du überhaupt gemacht?«
»Ich habe Rolands Doppelgarage ein wenig verschönert!«
»Und wie? Hast du sie mit Blümchen bemalt?«
»So ähnlich! Aber ich hab nicht gemalt, sondern geschrieben.«
»Und was?«
»ArschStümper!«
»Arschstümper?«
»Ja, ArschStümper! Was ist daran so schwierig?«
»Das ist alles? Arschstümper? Was genau soll das denn heißen? Hat dir dein Ex auch den Allerwertesten verkleinert … oder warum Arschstümper?« Christian ist sichtlich amüsiert, was mich ärgert.
»So was kann der doch gar nicht. Der hätte ihn mir wahrscheinlich aus Versehen aufgepumpt statt abgesaugt. Obwohl ich fast das Gefühl habe, dass er es tatsächlich getan hat, wenn ich mir meinen Hintern so anschaue. Zumindest ist er schuld daran, dass ich mindestens vier Kilo zugenommen habe, seit er mich verstümmelt hat. Also passt das schon mit dem ArschStümper.«
»Na ja, Hauptsache, du fühlst dich jetzt besser.«
»O ja, das tue ich!«, sage ich trotzig. »Aber weißt du was?«
»Was?«
»Vielleicht sollte ich zur Verdeutlichung doch noch ›Gesichtsverstümmler‹ unter den ›ArschStümper‹ schreiben. Meinst du, wir können noch mal umdrehen?«
»Nein! Das können wir nicht.«
»Warum nicht? Können Hybridautos nicht wenden?«
»Nicht, wenn sie von einem Tatort flüchten, an dem ein schlecht gelaunter Pitbull gemeinsam mit seinem Besitzer höchst wahrscheinlich gerade auf die Polizei wartet«, sagt er sehr bestimmt und hat wahrscheinlich auch recht. Es nervt mich, auch wenn ich in einem Alter bin, in dem mich so was nicht mehr nerven sollte, wenn andere recht haben und ich nicht.
»›Gesichtsverstümmler‹ hätte sowieso nicht auf die Garage gepasst!«
DREIUNDZWANZIG Praxisverbot
Am nächsten Morgen klingelt das Telefon. Es ist erst 07:30 Uhr, und ich melde mich verschlafen.
»Jaaah … «
»Jessica?«
»Jaaaa?«
»Roland hier! Sag mal,
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