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Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Titel: Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federico Baccomo
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erzählen, von uraltem Wissen, von jahrtausendealten Traditionen. Ich schaue zum Fenster hinaus und betrachte die Wolken, die sich zu weichen Formen verdichten, fast schon modernes Design.
    Nach einer Kurve leuchtet das Gesicht des Ingenieurs plötzlich auf, und er zeigt auf einen unbestimmten Punkt am Horizont.
    »Da«, erklärt er.
    Ich schaue hin und sehe nichts.
    »Da«, seufzt er. »Genau da.«
    Die altersbedingt feuchten Augen bleiben starr auf die Landschaft gerichtet.
    »Dort hat sich in meiner Kindheit eine Episode zugetragen, die mich sehr geprägt hat. Sie hat mich zu dem Mann gemacht, der ich heute bin, glaube ich.« Pause. »Zu dem schönen Mann, der ich heute bin.«
    Ich bin neugierig und dränge ihn, mir davon zu erzählen.
    Der Ingenieur sieht glücklich aus und sagt nur zwei Worte.
    Fliegende Untertasse.
    Dann schaut er in den Himmel hoch.
    »Entschuldigung?«
    »Fliegende. Untertasse.«
    »Ingenieur, ich bitte um Nachsicht, aber ich kann Ihnen nicht folgen.«
    »Damals war ich noch klein und trug kurze Hosen. Sie hätten sehen sollen, was für ein lebhaftes Kind ich war. Immer im Laufschritt, über die Straße, über die Wiese. Ein Leben im Zeichen der frischen Luft, der Bewegung, der Reinheit. Ein wirklich gesundes Leben, wenn ich das so sagen darf. Ich kann mich erinnern, dass ich sogar Frösche gegessen habe. Roh. Eines Tages aber laufe ich den Hügel da hoch, und was sehe ich dort oben? Was sehe ich? Etwas, das in der Luft schwebt, weit weg, und ich weiß nicht, was das sein soll. Ich halte an und betrachte es. Zunächst denke ich, es ist die Madonna. Damals wusste man ja noch nichts von Marsmenschen, von Mysterien, von ixfails und so. Trotzdem ist mir sofort klar, dass es sich nicht um die Jungfrau Maria handelt. Nein, das ist ein merkwürdiges Ding mit so einer Art Lichtern, grün und gelb, reglos mitten im Himmel. Eine fliegende Untertasse war das. Schön. Wunderschön.«
    Er schweigt und scheint sich im Traum zu verlieren.
    »Aber entschuldigen Sie, Herr Ingenieur, könnte das nicht ein Hubschrauber gewesen sein? Oder ein Fesselballon oder so etwas? Sie sind der Ingenieur, Sie wissen das besser als ich.«
    »Unmöglich.«
    »Unmöglich? Warum unmöglich?«
    »Das Gefühl von Schönheit, das ich verspürt habe.«
    Die nächsten Kilometer fahren wir schweigend. Der Ingenieur schaut verzückt aus dem Fenster. Ich schaue auf den Ingenieur. Meine Beine schweben in der Luft.

Auf einen Kaffee
    »Glaub mir, ein unglaubliches Zeug. Un-glaub-lich .«
    »Im Ernst?«
    »Es macht dich hart wie ein Nudelholz. Und du kannst dir nicht vorstellen, wie lange es anhält.«
    »Na ja, ich habe meine eigene Methode, um die Dauer des Geschlechtsverkehrs zu regeln. Wenn ich fertig bin, und mögen erst zwei Minuten vergangen sein, rufe ich Um Gottes willen, ist es schon spät . Das ist Psychologie, vorsätzliches Verschweigen von Tatsachen, verstehst du?«
    »Ja natürlich. Und was wäre das schon für eine, die auf die Uhr schaut …«
    »Hast du die Kommentare gesehen, die uns die Gegenseite geschickt hat?«
    »Alles Unsinn.«
    »Und was für ein Unsinn.«

14
    Eleonora habe ich kennen gelernt bei einem Essen für junge Führungskräfte, die in einer Organisation für Führungskräfte von morgen zusammengeschlossen sind. Wie immer hat Giovannino mich dorthin mitgeschleppt.
    »Andrea«, hatte er gesagt und mir mit dem Finger in die Brust gepiekt. »Es ist wichtig, dass man sich ein network aufbaut, ein Netzwerk von Beziehungen. Solche Veranstaltungen sind genau die richtige Gelegenheit dafür. Wenn wir das nicht nutzen, werden wir für immer und ewig in unser Büro eingeschlossen bleiben. Totale Isolation, verstehst du? Nimm jemanden wie – keine Ahnung – Obama. Wäre er je dort gelandet, wo er heute steht, wenn er nicht die richtigen Bekannten hätte? Und das gilt nicht nur für ihn, sondern für alle. Umberto Eco, Francesco Totti, Gandhi. Außerdem sind da lauter Frauen.«
    Beim Essen setzte sich Giovannino neben einen gewissen Piermario, products and sales compliance manager in der Firma seines Vaters, der Molkerei Strozzi, während ich gegenüber von einem unglaublich hageren Typen Platz nahm, neben dem wiederum Eleonora saß, eine Kollegin von ihm, mit glatten, roten Haaren und Sommersprossen. Die zurückhaltende Art, mit der sie sich vorstellte, machte sofort Eindruck auf mich. (»Red keinen Unsinn«, sagte Giovannino später. »Es waren die Titten, die Eindruck auf dich gemacht haben. Die fetten

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