Abgeschaltet
günstiger. Als Halbleiter setzt man heute vorwiegend Cadmium-Tellurid und Kupfer-Indium-Selenid ein.
Um das richtige Material für die Solarzellen gab es in den letzten Jahren eine intensive Diskussion. Nicht zuletzt, weil es sich beim in die Mode gekommenen Cadmium um ein giftiges Metall handelt, das in hohen Dosen sogar tödlich sein kann. Nun werden Solarzellen nicht gegessen, aber sicher irgendwann entsorgt. Auch wenn die Hersteller beteuern, einen geschlossenen Stoffkreislauf einzurichten, darf man es niemandem verübeln, wenn er die Vorstellung scheut, sein Dach mit Cadmium zu pflastern. Die Menge Cadmium je Solarmodul fällt mit 22 Gramm relativ gering aus. Aber solche Angaben können täuschen. Denn allein First Solar, Marktführer in der Dünnschicht-Solartechnik mit mehr als vier Gigawatt installierter Leistung, hat bislang fast 70 Tonnen Cadmium in seinen Modulen verwendet. Immerhin geben einige Unternehmen ihren Kunden eine umfangreiche Rückgabegarantie: Nach der Demontage übernimmt First Solar den Abtransport und die Entsorgung alter Module – eine vorbildliche Geschäftspraxis, die mir bei Computer- oder Autoherstellern bislang nicht bekannt ist.
Außerdem muss man die mögliche Cadmium-Emission in Relation zu anderen Erzeugungswegen und zur CO 2 -Emission setzen. Ein niederländisch-amerikanisches Wissenschaftlerteam hat vor einigen Jahren herausgefunden, dass die Cadmium-Freisetzung bei Solarzellen um den Faktor 90 bis 300 geringer ist als bei Kohlekraftwerken. Da bei der Produktion von Solarmodulen Energie verbraucht wird, schneiden die Cadmium-Tellurid-Zellen bei der Treibhausgas-Bilanz sogar besser ab als die Siliziumzellen: Je nachdem, wie der für die Produktion erzeugte Strommix gestaltet ist, emittieren sie indirekt zwischen 20 und 35 Gramm Kohlendioxid je erzeugter Kilowattstunde. Die gesamten indirekten Treibhausgasemissionen von Solaranlagen betragen übrigens zwischen 78 und 217 Gramm Kohlendioxid-Äquivalent je Kilowattstunde und liegen damit signifikant über denen der Windkraft, die auf maximal 38 Gramm kommt.
Für kristallines Silizium spricht, dass es sich chemisch um ein unglaublich stabiles Material handelt: In der äußeren Schale einesSiliziumatoms befinden sich genau vier Elektronen, die in einem Kristallgitter jeweils als Bindung zum benachbarten Atom fungieren. Diese Eigenschaft teilt es mit reinem Kohlenstoff – auch als Diamant bekannt. Die Solarzellen selbst könnten hundert Jahre und mehr halten, ohne dass nennenswerte Einbußen beim Wirkungsgrad zu verzeichnen sind. Das komplette Modul, das ja auch aus elektrischen Komponenten besteht, wird diese Lebensdauer aber wohl nicht erreichen. Dennoch ist die Langzeitstabilität sicher höher als bei den empfindlichen Dünnschichtmodulen, die im Lauf weniger Jahre bereits einen leichten Rückgang der Energieproduktion aufweisen.
DER SONNENGOTT
Freiburg im Breisgau. Hier, am südwestlichen Ende Deutschlands, unweit des Kaiserstuhls, wirbt man seit langem damit, dass die Region – und damit der Wein – sonnengesegnet ist. Der ideale Standort für das größte Solarforschungsinstitut Europas, das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme. Mehr als 1000 Mitarbeiter, Standorte in Boston und Singapur und ein hoher zweistelliger Millionenetat – Voraussetzungen, mit denen man einen in die USA abgewanderten Spitzenwissenschaftler zurückholen konnte. Professor Eike Weber hatte 23 Jahre an der Elite-Uni in Berkeley gelehrt, bevor es ihn wieder nach Deutschland verschlug. Er gilt als Koryphäe auf dem Gebiet der halbleiterbasierten Solartechnik. Dieser sportliche, selbst im Februar braun gebrannte Mann mit festem Händedruck und breitem Lachen wirkt wie ein Surfer, nicht wie ein Autor mehrerer Hundert wissenschaftlicher Publikationen.
Weber ist Überzeugungstäter und schreibt schon einmal einen einseitigen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, um seine Ideen voranzubringen. Überschrift: »Sonnenstrom ist klasse!« Ausnahmsweise habe er ihn völlig alleine verfasst, aus Ärger über einen Beitrag, der sich in der vorhergehenden Woche kritisch mit den Subventionen für die Solarindustrie beschäftigte. Gleich zu Beginn unseres Gespräches schwört er mich ein: »Wir haben keine Wahl. Wir müssen mit dem Umbau unseres Energiesystems beginnen.«
Webers Hauptargument: »Photovoltaik basiert auf 50 Jahren Erfahrung mit der Halbleitertechnik. Das hat zur Folge, dass die Preise kontinuierlich und gnadenlos
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