Abgeschaltet
aufgrund garantierter Abnahmepreise besser verzinst als jede deutsche Staatsanleihe und dabei genauso sicher ist.
Als ich im Juni 2011 die Weltleitmesse für Solartechnik in München besuche, werde ich in der U-Bahn eingezwängt, wie ich es nur aus Delhi oder Tokio kenne. Die vielen asiatischen, vor allem chinesischen Gesichter lassen Reiseerinnerungen wieder aufleben. Die Messe »Intersolar« bildet indirekt den Solarboom ab, der sich in den letzten Jahren in Deutschland vollzogen hat. Im Jahr 2000 fand die Intersolar noch in Freiburg statt, die Aussteller füllten damals eine Fläche von 8000 Quadratmetern. 2011 sind es mehr als zwanzigmal so viel.
Noch eindrucksvoller ist das Wachstum nur bei den in Deutschland neuinstallierten Photovoltaikanlagen: Kamen 2008 noch 1,8 Gigawatt neu hinzu, waren es 2009 schon 3,8 Gigawatt und 2010 sogar 7,4 Gigawatt. Welche Branche kann ihren Umsatz schon Jahr für Jahr verdoppeln? Kein Wunder also, dass man sieben, acht Atomkraftwerke abschalten kann, ohne dass man es bemerkt –oder doch? Unbeabsichtigt weist Carsten König, Hauptgeschäftsführer der Lobby-Organisation »Bundesverband Solarwirtschaft«, auf der Eröffnungspressekonferenz der Messe auf ein großes Problem der Solarenergie hin: Stolz zeigt er zunächst ein Chart, auf dem die in Deutschland installierte Leistung zu sehen ist: 17,2 Gigawatt waren es Ende 2010. Ebenso stolz präsentiert er einige Folien weiter, dass am Sonntag vor der Messe nachmittags um 14 Uhr 12,2 Gigawatt Solarstrom erzeugt wurden. Allerdings war der 5. Juni 2011 ein strahlend schöner Frühsommersonntag – und trotzdem erreichten alle Solarzellen in Deutschland nur zwei Drittel ihrer Nennleistung. Im Grunde nicht schlimm, denn an Sommersonntagen ist der Strombedarf gering. Zur Messeeröffnung an einem regnerischen Mittwoch ist das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage weit ungünstiger. Was für Solarenergie symptomatisch ist: Die installierte Leistung steht bei Solaranlagen in einem ganz anderen Verhältnis zum tatsächlich produzierten Strom als bei anderen Formen der Energieerzeugung. Je Kilowatt installierter Solarleistung kann – je nach Standort und Ausrichtung der Anlage – nur mit einer Stromerzeugung zwischen 700 und 1200 Kilowattstunden im Jahr gerechnet werden. Das Jahr hat bekanntlich etwas mehr als 8000 Stunden, wir kommen also auf eine Auslastung, die deutlich niedriger ist als bei konventionellen Kraftwerken. Selbst Windkraftwerke, vor allem wenn sie ins Meer gebaut werden, kommen auf den drei- bis vierfachen Ausbeutefaktor. Ein zusätzliches Problem der Sonnenkraft: Drei Viertel des Stroms werden im Sommerhalbjahr erzeugt.
König argumentiert zunächst wirtschaftlich. So habe die hohe Subvention im Binnenmarkt zu 130000 neuen Arbeitsplätzen geführt. Eine Zahl, um deren absolute Höhe es immer wieder Kontroversen gibt. Sicher richtig ist aber, dass die Mehrzahl der Arbeitsplätze im Handwerk entstanden ist, nicht in der High-Tech-Industrie selbst. Unbestritten ist auch die Technologieführerschaft deutscher Photovoltaikunternehmen, insbesondere bei den Produktionsanlagen, so dass die Exportquote der Branche bei mehr als 50 Prozent liegt.
Die Preise für die Solarmodule sinken deutlich, 2012 soll die sogenannte Netzparität erreicht werden. Darunter wird ein Erzeugungspreis verstanden, der dem durchschnittlichen Preis entspricht, den ein deutscher Haushalt für eine Kilowattstunde Strom bezahlt. Die Netzparität ist eine Erfindung der Solarwirtschaft. Sie besagt übersetzt: Wenn die Möhre aus dem eigenen Garten nicht teurer ist als die aus dem Supermarkt, dann lohnt es sich für die Allgemeinheit,wenn viele Menschen ihre Möhren selbst anbauen. Allerdings verpflichtet sich die Allgemeinheit, jede angebaute Möhre, die nicht im eigenen Haushalt verzehrt werden kann, zu einem vorher festgesetzten Preis abzunehmen, und entbindet das Individuum damit von jedem wirtschaftlichen Risiko.
Die Erzeugungskosten aber, so will es nicht nur die Politik, sondern auch die Solarindustrie, sollen innerhalb von zehn Jahren – also bis 2020 – um fünfzig Prozent sinken. Mehr Kilowattstunden je Euro, das ist das einhellige Entwicklungs- und Forschungsziel der Branche. Um es zu erreichen, gibt es exakt zwei Möglichkeiten: die Nutzung von Skaleneffekten in der Produktion und die Steigerung des Wirkungsgrades der Fotozellen selbst – also mehr Strom aus einer gleich teuren Zelle zu holen.
Die Fertigung von Solarzellen ähnelt der von
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