Abgeschaltet
einzelnen Land. Je nach Herstellerphilosophie wird bei der Präsentation der nächsten Generation von Meeres-Windkraftanlagen derzeit explizit betont: »Läuft ohne Getriebe« (Siemens) oder »Bewährte Technik mit Getriebe« (Vestas). Einig sind sich die beiden Marktführer darin, dass die kommenden Generationen noch größer werden. Siemens testet in Dänemark eine Sechs-Megawatt-Turbine, die 2014 in Serie gehen soll. Schon 2015 will Vestas mit einer Sieben-Megawatt-Turbine kontern. Wissenschaftler der Fraunhofer-Gesellschaften arbeiten bereits an Konzepten für zehn Megawatt.
Dieses »Immer höher, immer weiter« macht für die Umwelt durchaus Sinn, nicht nur auf hoher See, sondern auch an Land. Denn Windkraft braucht letztlich viel mehr Fläche als klassische Kraftwerke, um dieselbe Menge Energie zu erzeugen. Günter Keil, pensionierter Mitarbeiter des Bundesforschungsministeriums, hat ausgerechnet, dass man eine Fläche von 738 Quadratkilometern benötigt, um die Strommenge des Kernkraftwerkes Philippsburg 2 zu ersetzen. Natürlich ist dieser Vergleich etwas ungerecht, denn die Windkraftanlage kann man an den Ackerrand stellen, während auch harte Befürworter der Kernkraft wahrscheinlich nicht Getreide auf dem AKW-Gelände anbauen wollen. Da es aber nicht nur darum geht, einzelne Kernkraftwerke zu kompensieren, sondern – aus meiner Sicht dringender – die CO 2 -Emissionen aus fossilen Kraftwerken zu senken, wird klar, dass wir dringend stärkere und höhere Anlagen brauchen. An Land ist die Höhe mitentscheidend, weil man Anlagen dann eines Tages auch im Wald errichten kann, ohne Bäume zu fällen. Die Windforscher des Fraunhofer Instituts IWES haben ausgerechnet, dass zwei Prozent der Landfläche in Deutschland ausreichen würden, um etwas mehr als die Hälfte der benötigten Strommenge zu erzeugen. Sie gehen in ihrem Szenario davon aus, dass statt der heute üblichen Ein- und Zwei-Megawatt-Turbinen moderne Drei-Megawatt-Turbinen zum Einsatz kommen. Zwei Prozent, das klingt einerseits nicht schlecht, 98 Prozent der Landschaft bleiben unberührt. Andererseits sind natürlich viele Flächen tabu oder nicht wirtschaftlich: Innenstädte, Naturschutzgebiete, Schwachwindzonen. Schaut man sich die IWES-Karte genauer an, entdeckt man, was man schon wusste: Flächen ohne Restriktionen findet man vor allem in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, auf die sich demzufolge auch der weitere Ausbau konzentrieren dürfte.
GEMISCHTE BILANZ
Beim Ausbau der alternativen Energien setzt die Bundesregierung mangels Alternativen derzeit sehr stark auf die Windkraft, insbesondere auf seegestützte Anlagen. Wie jede Heilserwartung, so muss auch diese trotz der großen Chancen und des Weiterentwicklungspotenzials enttäuscht werden. Denn die Windkraft schwankt nicht nur tageszeitlich, sondern auch saisonal und zum Teil über mehrere Jahre hinweg. So befand sich die installierte Kapazität, also die maximale Leistung, aller Windkraftanlagen in Deutschland Ende 2010 auf dem Rekordniveau von 27 Gigawatt. Der erzeugte Strom ging von 2008 bis 2010 jedoch permanent zurück, 2010 betrug er nur noch 36,5 Terrawattstunden. Wissenschaftler machen globale Klimaphänomene, nicht nur menschengemachte, sondern auch natürliche, für die Flaute der letzten Jahre verantwortlich.
Es besteht kein Zweifel daran, dass die Diskrepanz zwischen installierter Leistung und tatsächlicher Stromerzeugung durch den Fortschritt der Technik verringert werden kann und wird. Aber, und das ist im Bewusstsein vieler Entscheidungsträger noch nicht angekommen, die Lücke zwischen nomineller und realer Leistung wird nie völlig geschlossen werden. So wie ein Auto mit 200 PS selten oder nie tatsächlich mit seiner Nennleistung betrieben wird. Mit Ausnahme der Wasserkraft und der Geothermie gilt dies für alle Formen der erneuerbaren Energien – ganz besonders für die Photovoltaik, die wir im nächsten Kapitel unter die Lupe nehmen werden.
HEITER BIS WOLKIG: WELCHE PERSPEKTIVEN BIETEN PHOTOVOLTAIK UND SOLARTHERMIE?
»Aber jetzt konnten sie endlich loslegen, übermorgen würde ein neues Kapitel in der Geschichte der industriellen Zivilisation beginnen, und damit wäre die Zukunft der Erde gesichert.«
Ian McEvan, Solar
Die Solarzelle auf dem Dach ist das wahre Statussymbol des guten Bürgers, der sich um die Umwelt sorgt. Voraussetzung ist in der Regel ein Eigenheim und ausreichend Liquidität, um eine Anlageform zu finanzieren, die sich
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