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Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Titel: Abgeschnitten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek , Michael Tsokos
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mit dem Bauarbeiter. Diesmal brach auch die eigene Nase.
    Die Schmerzen, als Herzfelds Nasenbein zersplitterte, nachdem er Sadler den Kopf ins Gesicht gerammt hatte, waren um einiges erträglicher als die, die er kurz zuvor gespürt hatte, als er sich, ohne nachzudenken, das Messer aus dem Bauch gezogen hatte.
    Statt zu schreien, war er ohnmächtig geworden, allerdings nur für wenige Sekunden. Dann war es, als hätte sich ein Schalter in seinem Kopf umgelegt, und unkontrollierte Wut, die alle Handlungen und Gefühle dominierte, hatte ihn wiederbelebt.
    Eine Wut, so wild und energiegeladen wie ein Vulkanausbruch. Herzfeld hätte mit jeder Sekunde schwächer werden müssen, angesichts dessen, wie viel Blut er verlor, aber der Zorn belebte ihn. »Ich bring dich um!«, keuchte er und trat dem Vergewaltiger in die Magengrube.
    Sadler krümmte sich. Ein gutturaler Laut floh aus seinem zungenlosen Mund. Nach dem ersten Schlag gegen den Kopf war er nach hinten getaumelt, hatte nirgendwo Halt gefunden und war zu Boden gestürzt. Dickes Blut tropfte aus der schiefen Nase. Er starrte zu Herzfeld hoch, als wäre er von den Toten auferstanden. Dann traf Herzfelds Stiefel erneut sein Ziel, und Sadler schlug mit dem Kopf gegen die Wand.
    Es knackte, als zerbräche ein trockener Ast, aber das konnte Herzfeld wegen des Lärms in seinem Kopf nicht mehr hören.
    Zu viele Stimmen schrien in seinem Inneren durcheinander.
    Er hörte Martinek, der ihm vorwarf, Lily ein zweites Mal getötet zu haben, und dafür betete, Paul könne eines Tages nachvollziehen, was es bedeutete, seine Tochter zu verlieren.
    »Oh ja, Sven. Du hast es mir gezeigt.«
    Herzfeld trat Sadler in den Magen und hörte Rebecca ihren eigenen Namen brüllen, während sie aus Angst vor den Qualen in den Tod sprang.
    Er zog den Sadisten an den Haaren hoch und rammte ihm das Knie ins Gesicht. Sadlers gutturale Schreie schafften es nicht, die von Hannah zu übertönen:
»Ich hasse dich.«
    Er nahm das Schwein in den Schwitzkasten, setzte das Messer an seiner Kehle an und machte den Fehler, einmal tief durchzuatmen. In dieser Sekunde klärte sich sein Blick, und da standen sie plötzlich alle vor ihm: Linda, Ingolf, Bandrupp.
    Sie waren mit zwei Polizisten im Schlepptau aus dem Fahrstuhl getreten. Vermutlich, um die Beamten, die es endlich vom Festland auf die Insel geschafft hatten, zu den Leichen in die Pathologie zu führen.
    Keine Ahnung, wie lange sie schon da standen. Ihn angafften. Auf ihn einredeten. Einer der beiden Polizisten hatte seine Dienstwaffe gezückt. Richtete sie auf ihn und brüllte: »Fallen lassen. Sofort fallen lassen.«
    Herzfeld sah ihn an, spürte, dass sein Jähzorn sich langsam verflüchtigen und die Schmerzen wieder die Oberhand gewinnen wollten.
    »Das kann ich nicht«, krächzte er.
    Welche Strafe erwartet schon einen Verbrecher, der zu seinen Morden gezwungen worden war?
    Im Geiste sah er, wie Schwintowski ihm zunickte. Er hatte seine Lektion gelernt. Manchmal muss man die Vorschriften brechen, um das Richtige zu tun.
    »Bitte. Tun Sie es nicht!« Ingolf.
    »Sie versauen sich Ihr Leben.« Bandrupp.
    Der letzte Satz kam von Linda: »Lass es sein, es bringt nichts. Du wirst dich danach nicht besser fühlen.«
    »Ich weiß«, nickte Herzfeld und erinnerte sich an Rebeccas gequältes Gesicht. An das Blut zwischen ihren Beinen und den Ausdruck in ihren Augen, als sie erkannte, wer sie war und dass ihr nur eine einzige Möglichkeit blieb, die Sache zu beenden. So wie er hier, heute und jetzt.
    Und mit dem Widerhall der toten Kinderstimmen in seinem Kopf schnitt er Sadler die Kehle durch.

Epilog
     
    Drei Wochen später.
    J e teurer das Hotel, desto dicker die Teppiche.
    Paul Herzfeld hatte das Gefühl, über einen Schwamm zu gehen. Auf seinem Weg den Flur entlang versanken seine Schuhe lautlos in der Auslegware, deren Fasern so hoch waren, dass er die Füße wie bei einer Wattwanderung mit jedem Schritt etwas anheben musste. Dabei begann er zu schwitzen, nicht wegen der körperlichen Anstrengung, sondern wegen der Narbe, die er Sadler zu verdanken hatte. Die Ärzte hatten gesagt, die Schmerzen würden ihn ein Leben lang begleiten, wann immer er schwere Dinge trug, Treppen stieg, Sport machte – oder, wie jetzt, einfach nur atmete.
    Herzfeld blieb stehen und presste sich die Hand auf den Bereich der pochenden Operationsnarbe über dem Bauchnabel. Am liebsten wäre er umgekehrt.
    Die blank geputzten Messingwegweiser an den Wänden hatten ihn

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