Abgeschnitten: Thriller (German Edition)
das nicht zu tun?
»Sonst muss ich sterben …«
Andererseits, was blieb ihm für eine Wahl, wenn dieser Erik, wie immer er auch in Wirklichkeit hieß, nicht mit ihm reden wollte? Oder war es doch jemand anderes in der Leitung gewesen?
Aber wieso hat er dann keinen Ton gesagt?
Herzfeld öffnete die Sprachdatei und konzentrierte sich auf die Atemgeräusche, die sein Telefon aufgezeichnet hatte. Weil er auf volle Lautstärke geschaltet hatte, ließ ihn das unvermutete Klingeln des Telefons heftig zusammenzucken.
»Hallo?«
Diesmal gelang es ihm nicht, die Aufnahmefunktion zu aktivieren, bevor er dranging. »Erik?«
Zuerst rauschte es nur, und Herzfeld dachte schon, der Mensch am anderen Ende würde wieder stumm bleiben, doch dann hörte er drei Worte, die ihm den nächsten Tiefschlag versetzten.
Drei Worte, die zu Herzfelds größter Verwunderung von einer jungen Frau gesprochen wurden, die mit fast tonloser Stimme sagte: »Erik ist tot.«
13. Kapitel
In der Hölle.
S ie erinnerte sich dunkel daran, dass der Wahnsinnige ihr einen Zettel mit einem Text gegeben hatte, den sie in ein Telefon hatte sprechen müssen. Einer der wenigen Momente, in denen er sie nicht betatscht hatte, vielleicht, damit ihre Stimme nicht zitterte, wenn sie das Lebenszeichen – oder was immer diese Sätze zu bedeuten hatten – auf Band sprach. Zwei gebrochene Rippen und einen Dammriss später waren die Qualen so unerträglich geworden, dass sich ihre Seele nahezu vollständig von ihrem Körper entkoppelt hatte.
Im Augenblick stand ihr früheres Ich wie ein ausrangierter Waggon auf dem Abstellgleis ihres Bewusstseins. Nur ein kläglicher Rest von dem, was ihre Persönlichkeit ausmachte, saß weiterhin in dem Zug, der immer tiefer hineinraste in einen Tunnel aus Schmerzen.
Ein Gummischwamm, so groß wie ein Golfball, steckte in ihrem Mund und drückte permanent auf die pochende Wunde im Zahnfleisch. Doch dieser Schmerz war eine willkommene Ablenkung. Ihr Vergewaltiger hatte eine neue Körperöffnung in ihrem Unterleib gefunden und schien sie zerreißen zu wollen. Sie schrie seit zehn Minuten, nur durch erstickungsartige Hustenanfälle unterbrochen, aber wegen des Beißballs drang kaum mehr als ein dumpfes Stöhnen hervor.
»Das gefällt dir, was? Du kleine Nutte!«, hechelte er über ihr.
Sie verkrampfte, was den Schmerz noch grässlicher machte.
Es folgte ein ersticktes Grunzen, das Zeichen, dass die Stöße bald heftiger werden würden.
Doch gänzlich unerwartet ließ die Bestie von ihr ab. Plötzlich – sie hatte nicht bemerkt, wie er vom Bett gestiegen war – stand er neben ihr und winkte in eine kleine Kamera, die in der Zimmerecke rechts oberhalb der Tür hing und ununterbrochen blinkte. Das tat er jedes Mal, wenn er in ihr gekommen war. Das erste Mal hatte sie es noch klebrig zwischen den Beinen herauslaufen gespürt, mittlerweile ließ die brüllende Wunde dort unten keine solchen Empfindungen mehr zu.
»Ich werde jetzt gehen, du kleine Nutte«, hörte sie ihn sagen. Sein feuchter Atem sprühte ihr ins Gesicht. Sie wollte sich die gesamte Haut vom Körper kratzen.
»Nenn mich nicht Nutte. Mein Name ist …«
Sie weinte, weil es ihr nicht mehr einfallen wollte.
»Irgendwann komme ich wieder.« Er nahm ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger, presste seine Finger brutal in ihren Kieferknochen. »Willst du wissen, was dich erwartet, sobald ich zurück bin?«
Sie weinte noch heftiger, schüttelte den Kopf und betete, er möge sie endlich in Ruhe lassen.
»Na gut, es sollte zwar eine Überraschung sein, aber ich zeig’s dir trotzdem.«
Was? Nein, nicht zeigen. Bitte nichts mehr zeigen …
Starr vor Angst blickte sie auf ein rostiges Messer, das er ihr vor das Gesicht hielt. Der Griff in seinen Händen war mit einem fleckigen Seidentuch umwickelt.
»Hiermit werde ich dich zur Frau machen.«
Er zog fragend die Augenbrauen zusammen, als hätte sie etwas gesagt, was ihn verwirrte. »Dachtest du etwa, das hätte ich schon getan?« Irgendwie fand eine Zigarette den Weg in seinen Mund. Nachdem er sie angezündet hatte, hob er wieder das Messer. »Nein, nein, nein. Ich hab doch genau gemerkt, wie viel Spaß du dabei hattest. Und das ist falsch. Verboten. Eine richtige Frau muss keusch gehalten werden, verstehst du?«
Nein. Ich verstehe gar nichts mehr. Bitte, lass mich gehen.
»Es gibt die unterschiedlichsten Techniken, um eine Frau zur Frau zu machen«, fuhr er gnadenlos fort. »Ich persönlich finde die
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