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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Giselbert.
    „Und ich verbiete dir“, schmetterte sie zurück, „vor Herzog Eberhard und diesen Herren Lügen über König Ludwig zu verbreiten! Er ist im Gegenteil furchtlos, selbstständig und zu allem entschlossen. Mir hat er unter vier Augen gestanden, es sei sein erklärtes Ziel, seinem Vater nachzueifern und die Grenze seines Reiches wieder zum Rhein vorzuschieben. Dazu sei er bereit – auch das gestand er mir in unserer geheimen Unterredung – mit seinem Heer noch in diesem Jahr im Elsass einzumarschieren.“
    |254| „Großartig!“, rief Herzog Eberhard. „Dann werden wir unsere Heere zwischen Straßburg und Breisach vereinen. Ein paar hundert Panzerreiter wirst du trotz deiner Verluste doch auch in Marsch setzen können“, sagte er, sich Giselbert zuwendend.
    „Ich bin noch lange nicht am Ende“, erwiderte der Angesprochene und warf wütende, flackernde Blicke um sich.
    „Umso besser“, sagte Eberhard. Und mit seinem liebenswürdigsten Lächeln, die langen, gelben Zähne entblößend, fuhr er fort: „Teure Gerberga, ich mache einen Vorschlag. Haben nicht in der Geschichte des Frankenreichs immer wieder edle Frauen Großes vollbracht? Denken wir nur an Clothilde, Brunhilde, Bathilde, Bertha, Judith … Jetzt ist die Reihe an dir, einer Frau aus dem vornehmsten Sachsengeschlecht, einer Königstochter. Ich entnehme deinen Worten, dass du in den Verhandlungen mit König Ludwig schon so gut wie am Ziel warst. Würdest du dich in der Lage sehen, die geheimen Gespräche mit ihm fortzusetzen und zum Erfolg zu führen?“
    „Was verstehst du unter ‚Erfolg‘?“, knurrte Giselbert misstrauisch.
    „Nun, die Bedingungen auszuhandeln, unter denen er zum Einmarsch bereit ist. Ich meine natürlich, zum Einmarsch ins Elsass,“ fügte er rasch hinzu und suchte dabei – nicht ohne Mühe – den der Lage angemessenen Ernst zu wahren.
    „Der Segen des Himmels würde ein solches Unternehmen begleiten“, sagte der Bischof mit sanfter Entschiedenheit.
    Damit fand er allgemein Zustimmung.
    „Ich bin bereit!“, erklärte Gerberga.
     
    So geschah es, dass die Herzogin diesmal allein nach Laon reiste.
    Sie blieb mehrere Wochen.
    Herzog Eberhard kehrte nach Franken zurück, um die Vorbereitungen zur entscheidenden Begegnung mit dem König fortzusetzen.
    Giselbert wartete in dumpfer Ungewissheit.
    Bei ihrer Rückkehr trat ihm seine Gemahlin mit strahlender Miene entgegen.
    „Es ist vollbracht, wir sind gerettet!“, verkündete sie. „Das Heer der Westfranken ist unterwegs. König Ludwig hat sich selbst an die Spitze gestellt. Lothringen wird wieder westfränkisch. Oddas Zwangsherrschaft ist beendet! Ist das nicht wundervoll?“
    |255| „Und was habe ich dabei noch zu tun?“, fragte Giselbert wenig begeistert.
    „Du wirst dazu den üblichen Beitrag leisten. Biete alles auf, was du noch auf die Beine und unter Waffen bringen kannst. Und selbstverständlich fordert Ludwig dein Treuegelöbnis. Er erwartet dich dazu in Verdun. Du musst dich beeilen, der König ist ungeduldig.“
    „Ah, auf einmal ist er ungeduldig. Vorher hatte er es nicht gerade eilig.“
    „Er braucht den Erfolg. Um Artaud und seinen Neidern das Maul zu stopfen.“
    „Seinen Neidern?“, fragte Giselbert gallig. „Worum beneidet man ihn denn? Um sein winziges Königreich?“
    „Vielleicht beneidet man ihn um etwas anderes.“
    „Und was sollte das sein?“
    „Errätst du es nicht?“
    Er brauchte es nicht zu erraten, er wusste es ja.
    „Du elende Dirne!“, stieß er hervor.
    Die Beleidigung entlockte ihr nur ein girrendes, verächtliches Lachen.
    „Die Geliebte eines Königs!“, sagte sie. „Eines Mannes, der meiner würdig ist. Endlich!“
    „Du hast den Knaben verführt!“, heulte er. „Hast meine Mannesehre beschmutzt!“
    „Deine Mannesehre ist schon so schmutzig, dass daran nichts mehr zu verderben war. Was die Verführung betrifft … das gebe ich zu und bin stolz darauf! Ich ahnte ja gar nicht, wozu ich imstande bin … was für herrliche Talente ich besitze.
Er
hat sie geweckt, ihm verdanke ich, dass ich sie endlich entdeckt habe und entfalten konnte. Ein Knabe, sagst du? So mag ihn ja ein bösartiger Alter sehen. Für mich ist er der herrlichste Mann – stark, kühn, unternehmend, machtbewusst. Wie habe ich mir immer gewünscht, so einen zu lieben und zu lenken!“
    „Zu lenken?“, höhnte der Herzog. „Vielleicht lenkst du auch ihn in den Abgrund – wie mich!“
    Das war zu viel. Die Herzogin verlor nun

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