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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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zurückkehrte, waren in seinem Zelt noch immer die Männer versammelt, die er vorher zusammengerufen hatte, um mit ihnen zu beraten. In ihrer Gegenwart hatte er den Gefangenen, den jungen Bertulf, gründlich verhört, allerdings nicht viel mehr erfahren als vorher schon Kurzbold. Eberhard, Giselbert und Heinrich, das Triumvirat der Verräter, wie der in römischer Geschichte bewanderte Herzog Hermann es nannte, waren mit etwa zehn Tagen Vorsprung unterwegs, um im Rücken des Königs und des Reichsheers ihre Unternehmungen fortzusetzen – wo und wie, das wusste man nicht.
    Zur Beratung versammelt hatte der König außer Hermann, dem Ranghöchsten, die fränkischen Grafen Udo, Konrad Kurzbold und Konrad den Roten, den sächsischen Grafen Raban, seinen Kämmerer Hadalt und den jungen, erst sechzehnjährigen König Konrad, den er bei seinen Reisen und Kriegszügen immer an seiner Seite behielt und hier, vierzig Meilen von der Nordgrenze seines burgundischen Reiches entfernt, sogar mit einer besonderen Leibwache umgab, die eine Entführung verhindern sollte.
    |283| Gegen seine Gewohnheit, zunächst selbst das Wort zu ergreifen und einer Beratung die ihm gemäße Richtung zu geben, hatte Otto nach dem Verhör die Versammelten gleich aufgefordert, ihre Meinung zu äußern. Die Männer erörterten die neue Lage. Immer hitziger und einander ins Wort fallend, stellten sie Vermutungen über die Absichten ihrer Gegner an und machten Vorschläge für deren Vereitelung. Otto hörte bald nicht mehr zu und nach einer Weile warf er den Mantel über die Schultern, sagte, sie sollten nur fortfahren, bis er zurückkomme, trat aus dem Zelt und ging, von seinen Hunden gefolgt, hinunter zum Rheinufer. Dort schritt er, unentwegt vor sich hin murmelnd, manchmal auch – in aufflammendem Zorn oder um einem Gedanken Nachdruck zu verleihen – die Stimme hebend, vom hohen Mittag bis zum Einbruch der Dämmerung auf und ab.
    Die Knechte hatten inzwischen Öllämpchen angezündet. Mit ernsten, müden Gesichtern hockten die Männer im Kreise, als Otto eintrat, den durchfeuchteten Mantel und den Hut abwarf und wieder Platz nahm. Der junge König Konrad und der nur ein Jahr ältere
Rote
, die sich draußen mit Pfeil und Bogen vergnügt hatten, schlüpften hinter ihm ins Zelt.
    Vorwurfsvolle Blicke trafen Otto, seiner langen Abwesenheit wegen, die Zeitverlust bedeutete. Er hielt es jedoch nicht für nötig, ein Wort der Begründung oder gar der Entschuldigung zu sagen.
    „Sind die Kundschafter schon zurück?“, fragte er.
    „Nur einer“, antwortete Hadalt.
    „Welcher?“
    „Der den Franziern gefolgt ist. Sie sind in Richtung Metz abgerückt.“
    „Das war zu erwarten. Und Eberhards und Giselberts Leute? Keine Spur?“
    „Die sind ein Stück hinter den Franziern hergezogen, dann aber irgendwo nach Norden abgewichen. Vermutlich sind sie im Abstand von einigen Meilen an uns vorüber und auf Straßburg zu marschiert.“
    „Hätten wir nur rechtzeitig kehrt gemacht“, brummte Graf Udo. „Dann hätten wir ihnen unsere Speere in den Hintern rammen können.“
    „Ihr habt beratschlagt und ich vermute, auch einen Plan“, sagte der König. „Ich habe ebenfalls einen. Aber zuerst will ich von euch etwas hören.“
    |284| Der Herzog von Schwaben nahm das Wort. Hermann hatte weniger breite Schultern und schmalere Hände als sein älterer Bruder Udo, aber ein kluges Gesicht mit hoher Stirn und dunklen Augen, die ein ruhiges, freundliches, besonnenes Wesen verrieten.
    „Diese Festung noch länger zu belagern, hat natürlich keinen Sinn“, führte er aus. „Wir meinen, König, dass wir jetzt keine andere Wahl haben, als ihnen so schnell wie möglich zu folgen. Sie werden vermutlich irgendwo zwischen Worms, Mainz und Andernach über den Rhein gehen. Dort werden sie damit beginnen, was sie vorhaben, wenn der Gefangene uns die Wahrheit gesagt hat. Sie haben Vorsprung. Aber beim Kampf um Burgen, beim Brennen und Plündern werden sie die Zeit wieder verlieren, die sie jetzt auf dem Marsch gewonnen haben. Wir werden erkunden, wo sie sich aufhalten, und sie stellen. Und können ihnen dann eine Schlacht liefern.“
    „Nein!“, sagte Otto. „Keine Schlacht.“
    Alle schwiegen, sahen ihn an und warteten auf eine Erklärung.
    „Keine Schlacht“, wiederholte er. „Wir werden sie anders besiegen. Vernichtend. Wir werden ihnen die Köpfe abschlagen.“
    Wieder folgte ein Schweigen. Otto starrte vor sich hin und wartete auf die Fragen, die nicht ausbleiben

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