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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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konnten.
    „Aber … aber wie meint Ihr das?“, meldete sich schließlich Graf Kurzbold. „Die Köpfe abschlagen? Dazu müssten wir sie erst aufbringen und gefangen nehmen … Bedenkt, ein ganzes Heer!“
    „Eine Massenhinrichtung?“ Herzog Hermann machte eine heftig abwehrende Bewegung. „Das könnt Ihr nicht ernsthaft erwägen, König.“
    „Keine Massenhinrichtung“, sagte Otto. „Zwei Köpfe werden genügen.“
    Die drei Konradiner tauschten Blicke.
    „Nur zwei?“, fragte Graf Raban.
    „Der Dritte ist schon ein Kopf ohne Leib“, erwiderte Otto. „Mein Bruder hat keine Gefolgschaft mehr, die gefährlich werden kann. Und das, Männer, ist die Lehre aus den Ereignissen, die hinter uns liegen. Es ist eine schmerzliche Lehre, aber ich bin bereit und entschlossen, auch künftig nach ihr zu handeln. Beim ersten Mal war ich über mich selbst erschrocken, fast hielt ich mich für einen Mörder. Doch dann begriff ich, dass die Sache, um die es geht, zu groß und erhaben ist, um kleinlich und gefühlsselig Rücksichten zu nehmen. |285| Das Reich, die Einheit, der Frieden, der Glaube, das Recht, der Wohlstand … das alles ist wichtiger als Ehrgeiz und Ruhmbegier einzelner Männer. Gott hat es so eingerichtet, wie es ist, hat mir allein die Macht verliehen, und so soll es sein und nicht anders. Das ist meine Überzeugung, dabei bleibe ich bis zum letzten Atemzug. Damit ich aber meinen Auftrag erfüllen kann, muss ich mir die vom Halse schaffen, die Unruhe stiften … mir Treue schwören und sie brechen … mich umherjagen in meinem Reich, sich in Burgen verstecken und dann wieder fortschleichen, um mich von hinten anzuspringen … die mich nötigen, meine Kraft und die meiner Leute zu vergeuden … das Land zu verwüsten, die Bauern zu peinigen … wofür? Dafür, dass sie sich, wenn sie mich niedergerungen haben, an die Gurgel gehen, weil jeder dann König sein will?“
    „Das ist wie eine Krankheit“, sagte Hermann, „sie frisst uns von innen auf. Wenn wir uns weiter so zerfleischen, werden sich die Magyaren freuen. Leichte Beute für sie.“
    „Sie werden schon wissen, was hier geschieht, und sich bereit machen“, stimmte der König zu. „Und deshalb können wir es uns nicht leisten, Hunderte, Tausende Männer in solchen Kriegen innerhalb des Reiches zu opfern. Wir werden sie brauchen! Wir dürfen nicht länger zulassen, dass ein paar Übermütige und ihre Vasallen unsere Burgen in Trümmer legen. Wo wollen wir die, die uns ernähren, die Bauern und ihre Tiere, in Sicherheit bringen, wenn die Steppenräuber über sie herfallen?“
    „Es wird eine Hungersnot geben“, warf Raban ein. „Überall gibt es leere Scheunen und Ställe. Wenn auch noch die Magyaren kommen … oder die Nordmänner …“
    „Jetzt zu meinem Plan!“, sagte Otto und richtete den Blick seiner kleinen, funkelnden Augen mal auf den einen, mal den anderen. „Erinnert euch! Als wir vor einem Jahr die Eresburg nahmen, geschah etwas, das ich bedauern musste, denn es betraf ein Mitglied meiner Familie. Tammo wurde getötet – doch damit war alles zu Ende. Seine Leute streckten die Waffen, keiner wagte noch aufzubegehren, der Aufstand brach zusammen. Der Kopf war ab – der Leib gelähmt, außerstande, noch eine Bewegung zu machen. Erinnert euch weiter! Wir trieben den Bayernherzog über die Grenze nach Böhmen, wo er vermutlich umkam. Er ist fort, vielleicht tot – und Bayern ist wieder beim Reich, beim König. Hier und dort gibt es noch Widerstand … ohne Bedeutung. Bayern hat breite |286| Schultern und starke Fäuste – aber der Kopf ist ab, die Fäuste schlagen ins Leere, sind ungefährlich. Erinnert euch nun an Birten … ein paar Monate ist es erst her. Mein Bruder kam mit dem Leben davon, aber ich ließ verbreiten, dass er gefallen sei. Gleich lief alles zu mir über! Allein die Nachricht von seinem Tode wirkte wie ein Wasserguss, löschte die Flamme der Empörung. So schlug ich drei Köpfe ab, ohne dabei viel Blut zu vergießen. Nun, was sagt ihr dazu? Was folgert daraus?“
    Herzog Hermann blickte zur Zeltdecke, verschränkte die Arme und seufzte.
    Die Grafen Udo und Kurzbold tauschten einen raschen Blick des Einverständnisses.
    „Was daraus folgert?“, sagte Kurzbold. „Dass es noch Köpfe gibt, die herunter müssen. Ihr sagtet – zwei?“
    „Das sagte ich.“
    „Ihr meint …“
    „Ich nenne keinen beim Namen.“
    „Einen übernehme ich“, murmelte Graf Udo. Und laut fügte er, seine Riesenfaust ballend, hinzu:

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