Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig
allgemeine geheime Verabredung.“
„Das wird schwer nachzuweisen sein.“
„Glaubst du? Irgendetwas steckt dahinter. Man will uns behindern oder schädigen. Ich werde es herausfinden. Einen wichtigen Hinweis habe ich schon.“
„Auf eine Verabredung?“
„Möglicherweise. Kurzbold soll hier gewesen sein. Was sagst du dazu?“
„Kurzbold … hier? Wann denn?“
„Erst gestern. Jedenfalls will ihn ein Mann, der mich dort unten ansprach, gesehen haben, wie er drüben im Hafen umherstrich.“
„Unmöglich“, befand Herzog Giselbert, „ganz ausgeschlossen. Er liegt mit seinem Haufen vor Breisach. Wenn aber nicht, dann verfolgt er mit Odda die flüchtigen Sachsen. Wie sollte er erfahren haben, dass wir heute übersetzen? Der Kerl, der dich ansprach, wird ihn mit jemandem verwechselt haben.“
„Meinen Vetter Kurzbold sollten wir nicht unterschätzen“, sagte Herzog Eberhard besorgt. „Er wird seine Späher und Zuträger haben. Vielleicht weiß er schon lange Bescheid und ist uns gefolgt. Wenn er tatsächlich gestern drüben im Hafen war, wird er dort in der Nähe auf der Lauer liegen. Vielleicht lässt er die Überfahrt verzögern, damit das Tor der Festung noch für die Letzten offen ist, wenn es dunkel wird. Dann können er und seine Leute sich unerkannt mit hineinschleichen und wir … ja, wir stehen dann draußen und er ist drinnen. Wird unsere Männer gefangen nehmen und sich über die Beute hermachen. Das alles vielleicht noch, während die letzten Boote auf dem Wasser sind. Wir sollten die Wachen verstärken und es sollte auch einer von uns hinübergehen. Was hältst du davon?“
„Damit meinst du natürlich mich“, sagte Giselbert, dem die Aussicht, einen Überfall abwehren zu müssen, wenig behagte, „denn du bist ja hier anscheinend unabkömmlich. Nun, es ist gleichgültig, wo ich mich langweile … bei dieser endlosen Rheinüberquerung. Dein Verdacht wird ja auf einem Irrtum beruhen. Ich nehme eines der nächsten Boote.“
„Hoffentlich leckt es nicht und läuft voll“, scherzte Eberhard. „Du kannst doch schwimmen …“
|301| „Selbstverständlich“, log Giselbert.
In diesem Augenblick wurde ihre Aufmerksamkeit von einer Streiterei in der Nähe abgelenkt, bei der eine schrille Frauenstimme das Schnauzen der Männer überschrie. Einige Gefolgsleute umringten die Person, die offenbar zu den Herzögen vordringen wollte.
„Lasst mich los, ihr geilen Kerle … Hände weg, ich hab keinen Dolch und kein Messer … will ihnen nur etwas Gutes tun …“
„Was gibt es denn dort?“, rief Herzog Eberhard.
Die Männer traten beiseite und in ihrer Mitte wurde eine junge Frau sichtbar. Sie strich eine Locke aus der Stirn, zupfte das Umschlagtuch über dem einfachen Kleid zurecht und die Miene ihres hübsches Gesicht wechselte rasch vom Ausdruck des Zorns und der Empörung zu strahlender Liebenswürdigkeit.
Ohne Scheu machte sie ein paar Schritte auf die Herzöge zu und verbeugte sich tief.
„Heil und Segen den hohen Herren! Ich bin Liula, die Frau des Schankwirts. Seht, dort hinten steht unser Haus. Es ist da drinnen angenehm und gemütlich und ich lade die hohen Herren ein, uns zu besuchen. Kommt doch, stärkt Euch und wärmt Euch auf! Wir haben edlen Wein aus Auxerre und Chablis, auch Birnenmost, Brombeerwein und Met. Mein Mann hat gerade die Hühner gerupft. Ihr könnt, wenn Ihr wollt, auch köstlichen Aal speisen. Danach Gebäck, mit viel Honig gesüßt …“
„Das reicht, meine Schöne!“, unterbrach Herzog Eberhard lachend den Redefluss der jungen Wirtin. „Ich sehe, du bist gekommen, um uns zu verführen. Was mich betrifft – ich werde schon schwach. So viel Mühe … und dazu dieses Wetter! Was meinst du?“, wandte er sich an Giselbert, „sollten wir uns nicht für ein paar Augenblicke von unserem ärgerlichen Geschäft zurückziehen? Uns ein bisschen erholen?“
„Warum nicht?“, entgegnete der Lothringer. „Wenn du meinst, wir könnten hier abkömmlich sein. Eben warst du aber noch der Meinung …“
„Du hast mich ja überzeugt, mein Bester! Zum Glück ist schon fast alles drüben. Wir gehen dann als Letzte hinüber. Können wir dieser reizenden Sirene widerstehen? Sie lockt uns ja nicht, um uns umzubringen – wie diese Verführerinnen mit Goldkehle, von denen die Spielleute singen. Im Gegenteil! Sie will verhindern, dass wir |302| uns hier den Tod holen … vor Kälte, Nässe und Ärger. Habe ich recht, meine Schöne?“
„Ich bin glücklich, den hohen
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