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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Hinter den beiden folgten Königin Edgith und der Bischof von Halberstadt, Bernhard. Die dritte weibliche Person war eine Stiftsdame namens Richburg, die engste Vertraute ihrer Vorsteherin.
    Der König erhob sich mit verdrießlicher Miene, ohne den Schaft und das Messer aus den Händen zu legen.
    „Was gibt es?“, fragte er, als die Gruppe heran war. „Willst du auch schon abreisen, Mutter? Hätte ich das gewusst, wäre ich nicht hier mit …“
    „Oh, das macht nichts“, erwiderte sie in leidendem Ton. „Auf eine feierliche Verabschiedung, die nicht von Herzen kommt, kann ich verzichten. Ja, es wird Zeit, mich wieder um meine eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Wir waren ja lange hier, haben gesehen und gehört. Das genügt uns.“
    |97| „Ich hoffte, dich nach der Jagd noch vorzufinden. Du könntest den Mönchen manche Lehre erteilen, für die Einrichtung des Klosters.“
    „Das wohl nicht. Sie nehmen nichts an und wissen alles besser. Sie kommen aus der alten Kaiserstadt Trier und wir in Quedlinburg sind nur Hinterwäldler. Es gibt ja auch jemanden, dessen ganze Fürsorge sie genießen.“
    Otto sah Edgith an, die sich, in ein Umschlagtuch gehüllt, ein wenig abseits hielt. Mit bekümmerter Miene zog sie die Schultern hoch, damit die Frage in seinem Blick beantwortend: Ja, es hat wieder Streit gegeben, aber ich wollte es nicht.
    „Und du?“, wandte sich der König an seinen Bruder. „Willst du auch schon fort? Bleibst nicht zur Jagd?“
    „Ich jage lieber in meinen eigenen Wäldern“, entgegnete Heinrich keck, „wo man mir nicht die besten Böcke vor der Nase wegschnappt. Aber zuerst werde ich Mutter nach Hause geleiten.“
    „Ich werde mich anschließen, mit Eurer Erlaubnis“, sagte der wie immer starr und griesgrämig blickende junge Geistliche und zuckte mit einer Schulter.
    „Nun, ich erwarte“, sagte Otto, „dass Ihr ab und zu herkommt, Bischof, und den Mönchen Beistand leistet. Sie gehören ja zu Euerm Sprengel. Noch sind sie hier fremd, sie werden es anfangs nicht leicht haben.“
    „Aber sie sind ja reich“, entgegnete Bernhard und zuckte mit der anderen Schulter, „es fehlt ihnen nichts. Sie haben so viele Schenkungen erhalten, wie ich sie für Halberstadt niemals erhoffen würde.“
    „Von jetzt an werdet Ihr wohl immer vergebens hoffen, ehrwürdiger Vater“, sagte die Königinmutter spitz. „Magdeburg wird alles bekommen, wir aber müssen uns mit dem begnügen, was uns zugeteilt ist. Doch haben wir Vertrauen. Meine Schwiegertochter ist eine gottesfürchtige Frau. Sie wird die Armen und die Kirche nicht vergessen, und
sie
wird mein Sohn wohl nicht daran hindern, ihnen zu geben.“
    „Was willst du damit sagen, Mutter?“, fragte Otto. Bemüht, sich von seinem aufsteigenden Unmut abzulenken, begutachtete er aufmerksam das Ende des Lanzenschafts. „Wenn du meinst, dass Edgith kein Reichsgut verschwenden wird, stimme ich dir zu.“
    „Reichsgut?“ Die Königinmutter stieß ein bitteres Lachen aus. „Willst du mir immer noch weismachen, Odda, dass ich Reichsgut |98| verschwendete, wenn ich von meinem Eigentum – meinem Wittum – den Armen gab?“
    „Rede nicht immer nur von den Armen!“, sagte der König, wobei er einen Knecht herbeiwinkte, der ihm das Messer abnahm und ihm die Lanzenspitze reichte. „Von den Spenden an Arme ist nicht die Rede, das fällt nicht ins Gewicht. Du weißt genau, worum es mir ging. Du hattest kein Recht, Land zu vergeben, große Güter … und deine Günstlinge, die Prälaten, mit Gold und Silber zu überhäufen. Dem musste ich Einhalt gebieten.“
    „Ah, das ist unerhört! Ich werde immer noch nicht darüber fertig!“, ereiferte sich die Königinmutter. „Habe ich Euch, ehrwürdiger Vater, mit Gold überhäuft?“
    „Mitnichten“, sagte Bernhard. „Was Ihr gabt, Frau Königin, gabt Ihr Gott, zum Wohl seiner Kirche.“
    Otto steckte die eiserne Spitze auf den Schaft und drehte sie mit aller Kraft, damit das Holz so tief wie möglich in die kegelförmige Tülle eindrang.
    „Nun, Bischof“, sagte er, vor Anstrengung ächzend, „ich denke, Gott fehlt es an nichts, ihm gehört ohnehin alles … und seine Diener müssen nicht darben, wenn sie nicht unbescheiden sind. Was mich betrifft, so muss ich das Wohl des Reiches erhalten, wovon auch das Wohl der Kirche abhängt … das liegt mir am Herzen. Von allen Seiten ist es bedroht und mir fehlen die Mittel.“
    „Und deshalb vergreifst du dich am Eigentum deiner Mutter!“, stieß Frau

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