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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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dem Weidenbaum oder dem Gesträuch in der Nähe verbarg, fuhr er fort: „Den Irrtum habe ich längst bereut. Doch was nützt mir das schon. Es ist zu spät. Ihr scheint mir der einzige Sachse zu sein, der sich noch einen Franken als König zurückwünscht.“
    „Oh, da täuscht Ihr Euch aber sehr!“, versicherte Thankmar.
    „Wohl kaum. Ich habe hier auf dem Hoftag nur Sachsen gesehen, die voller Begeisterung ihren König feierten.“
    |91| „Das waren ausgesuchte Leute“, sagte Thankmar verächtlich. „Zum Hoftag wurden nur treue Vasallen Oddas, Heinrichs, Geros und Hermann Billungs zugelassen. Aber glaubt mir, Herzog, das ist nicht die Mehrheit. Unter den Sachsen gärt es, vor allem hier an der Ostgrenze. Zu viele Männer kosten die ständigen Kriegszüge gegen die wendischen Stämme, zu wenig Beute bringen sie ein und das Wenige teilen sich die Großen. Ich komme herum, Herzog, sehe und höre. Der Sachse fragt: Was ist aus unserer alten Freiheit geworden, seit dieser Odda regiert? Wie viel besser ging es uns, als Konrad, der Bruder Herzog Eberhards, herrschte! Ich schwöre Euch: Ganz Sachsen ist wie trockenes Stroh und Reisig. Wirft man nur einen Brand hinein, wird es in Flammen stehen!“
    „Und Ihr … was habt Ihr davon, wenn Sachsen in Flammen steht?“, fragte der immer noch misstrauische Herzog.
    „Ich bin der Mann, der den Brand werfen, aber die Flammen auch löschen wird! Und der als Herzog von Sachsen dafür sorgen wird, dass die alten Gesetze wieder Geltung bekommen. Ihr, der König, werdet in mir den treuesten Vasallen haben. Dann wird eine bessere Zeit beginnen.“
    „Vor einem solchen Unternehmen müssen wir prüfen, ob unsere Kräfte dazu ausreichen“, sagte Herzog Eberhard und ärgerte sich im selben Augenblick, weil er schon wie der Teilnehmer einer Verschwörung redete. „Ich meine“, beeilte er sich hinzuzufügen, „dass Eure Pläne nur Erfolg haben würden, wenn Ihr Euch dem Heer des Königs notfalls auch in einer Schlacht stellen könntet.“
    „Wie sollte ich das nicht bedacht haben, Herzog!“, versicherte Thankmar. „Wir werden dreifach überlegen sein! Vierfach! Meinen Heerhaufen aus den Thüringergauen werden sich unterwegs Hunderte, Tausende anschließen. Wer nicht gleich freiwillig mitgeht, wird angeworben, ich habe die Mittel dazu und werde nicht sparen. Hier im Osten und längs der Elbe ist Odda zu stark, deshalb sammeln wir uns in Westfalen und Engern. Eure Franken kommen von Süden und schließen sich an. Von Westen nach Osten dringen wir vor, über die Weser, über die Aller … am Ende bleibt Odda ein schmaler Streifen hier an der Elbe. Wir rücken ihm von vorn auf den Leib – und was hat er hinter sich? Wasser und Feinde – Magyaren und Wenden! In spätestens einem Jahr, Herzog, gedenkt meiner Worte, werden wir ihn hier belagern, in Magdeburg, seiner |92| letzten Zuflucht, denn meine Merseburg werde ich ihm vorher schon abnehmen. Hier, hier wird er zugrunde gehen!“
    „Ich habe gerade beschlossen, an diesen verfluchten Ort nie wieder zurückzukehren“, sagte der Herzog grimmig.
    „Das verstehe ich nur zu gut, nachdem Euch hier so übel mitgespielt wurde. Trotzdem solltet Ihr wiederkommen, und ich verspreche Euch, dass Herzog Thankmar von Sachsen dem König Eberhard einen Empfang bereiten wird, so glänzend, dass noch in hundert Jahren die Sänger davon berichten werden. Seht doch nur! Seht! Ein Zeichen des Himmels!“
    Ein Sonnenstrahl hatte das graue Gewölk durchbrochen, wanderte mit der raschen Bewegung der Wolken zum Ufer hin und traf den Weidenbaum. Plötzlich standen die beiden Männer im hellen Mittagslicht.
    „Und blickt auch dorthin – dort hinauf!“, rief Thankmar, ergriff den Herzog am Arm und deutete hinter sich.
    Über dem Burgfelsen türmten sich schwarze Wolkenmassen, aus denen immer noch dichter Regen niederging.
    „Der Himmel verheißt uns den Sieg!“, schrie Thankmar. „Denen da oben aber Not, Verderben, Untergang, Trauer!“
    Er starrte begeistert, mit weit offenen Augen in die Sonne und streckte beide Arme zum Himmel.
    „Allmächtiger Gott, wir danken dir! Wenn es noch Fragen und Zweifel gab – du hast uns in diesem Augenblick auf den richtigen Weg geleuchtet! Nieder mit der Zwingburg da oben! Segne das große Unternehmen und spende uns auch künftig dein Licht – uns, dem König des Ostfränkischen Reiches, Eberhard, und dem Herzog der Sachsen, Thankmar!“
    Das Himmelszeichen und die Deutung, die ihm der sächsische Königssohn

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