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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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sein. Mit Euerm Bruder und Graf Wichmann.“
    „Bei allen Heiligen, ist das die Wahrheit? Was haben sie vor?“, rief der Kämmerer Hadalt, der an Ottos Seite geeilt war.
    „Verrat, es geht gegen den König!“, bekräftigte Maincia noch einmal. „Hab selbst gehört, wie sie unter sich redeten: ‚Und nun zur Eresburg! Wenn wir die haben, ist Odda am Ende!‘ Sie sagten noch schlimmere Sachen, Herr, über Euch. Bringe es nicht über die Lippen.“
    „Zur Eresburg also!“, sagte Otto.
    Auch Hermann Billung und Konrad Kurzbold traten heran.
    „Habt ihr große Verluste?“, fragte der sächsische Heerführer. „Sind das alle, die davonkamen? Wie viele seid ihr noch?“
    „Nicht mehr als dreißig“, antwortete Thiadbold, „aber die meisten verwundet, kampfunfähig.“
    „Verwundet ja – aber kampfunfähig?“, schrie Maincia und schlug auf das Schwert, das an seinem Wehrgurt hing. „Ich habe mehrere |119| von denen erledigt und freue mich auf die nächsten! Habe nur eine Pause gemacht, um dem König die Nachricht zu bringen. Drei – nein, fünf – nein, zehn von denen werden es büßen, dass sie mir meinen Gefolgsherrn entführt haben! Einen von ihren Anführern, den Konradinern, diesen fränkischen Unholden, haben wir schon erledigt.“
    „Einen Konradiner?“, rief Konrad Kurzbold. „Weißt du seinen Namen?“
    „Er hieß Gebhard, war der Sohn des Grafen von der Wetterau.“
    „Mein Neffe!“, schrie Konrad Kurzbold. „Der älteste Sohn meines Vetters Udo.“
    „Einer der edelsten Franken!“, sagte Hadalt bestürzt. „Was wird daraus? Fällt nun das Reich auseinander?“
    In der Halle hatte sich ein wüster Tumult erhoben. Schon beim Eintritt der aus Belecke Entkommenen waren fast alle von den Bänken aufgesprungen. Wenn auch Heinrich und seine wilde Gefolgschaft nicht bei allen beliebt waren – Thankmar und die seinige waren es noch weniger. Dass Sachsen gemeinsam mit Franken eine Sachsenburg überfielen und den Burgherrn, den Bruder des Königs, ins Ungewisse entführten, war eine empörende, unerhörte Gewalttat. Drohungen wurden ausgestoßen, Fäuste gereckt, Dolche gezückt.
    Edgith sah, wie der alte Sänger traurig seine Harfe in einem Sack verstaute, den er sich auf den Rücken lud. Niemand würde ihm jetzt noch zuhören und daran denken, ihn zu entlohnen. Sie hatte nichts, was sie ihm geben konnte. Vergebens suchte sie einen Höfling oder einen der Knechte heranzuwinken. In der allgemeinen Aufregung achtete niemand darauf. Im letzten Augenblick, als sie den Alten schon zur Tür hinaus gehen sah, fiel ihr das Perlennetz ein, das ihr Haar bedeckte. Sie zog es vom Kopf und mit aufgelöstem, über die Schultern fallendem Haar eilte sie dem Sänger nach und drückte es ihm in die Hand. Sie wartete nicht, bis er begriff, was er erhalten hatte. Als er in laute Dankensbekundungen ausbrach, war sie schon in der Pfalzkapelle verschwunden.
    Lange kniete sie vor dem Altar und betete inbrünstig. Niemand befand sich außer ihr in der nur von wenigen Kerzen erleuchteten Kapelle. Nach den Mühsalen der letzten Wochen und Monate, nach all den Schrecknissen und Bedrohungen, zu denen nun mit dieser entsetzlichen Unglücksbotschaft weitere kamen, hoffte sie, hier ein wenig Ruhe und neue Kraft zu finden.
    |120| Später erschienen zwei Geistliche in der Kapelle, um ihren Gebetspflichten nachzukommen. Sie sahen die Königin vor dem Altar auf den Stufen liegen. Erst wollten sie sie bei ihrer innigen Zwiesprache mit Gott nicht stören und sich wieder zurückziehen. Doch dann fiel ihnen auf, dass sie vollkommen reglos, mit halb geschlossenen Augen und in seltsam verkrümmter Lage ausharrte. Sie flüsterten miteinander und einer beugte sich zu ihr nieder und wagte es, sie an der Schulter zu berühren.
    Edgith war ohnmächtig geworden.
    Am nächsten Tag schickte Otto sie mit den Kindern, von einer Hundertschaft begleitet, zum Kloster Lorsch.

18
    „Herr! Dort hinten brennt es schon wieder!“
    Thankmar und einige seiner Gefolgsleute standen auf und traten an den Rand des Steilhangs der Eresburg. Es war ein glühend heißer Tag Ende Juli, die Männer hatten die Tuniken abgelegt, Schweiß glänzte auf ihrer gebräunten Haut. Sie folgten mit ihren Blicken der Richtung, die der ausgestreckte Arm des Rufers wies. Schon fast am Horizont, hinter dem Fluss und dem breiten Waldstreifen, sahen sie Flammen züngeln und Rauch aufsteigen.
    Thankmar kniff die Augen zusammen und beschattete sie mit der Hand.
    „Ich hatte ihnen

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