Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
Vom Netzwerk:
Der Klostervogt und seine Familie wurden in seinem Hause bewacht.
    „Die Kerle in ihrem Kellerverlies haben es jetzt besser als wir“, meinte Thiadrich. „Da unten muss es jetzt angenehm kühl sein.“
    „Kannst ihnen ja Gesellschaft leisten“, spöttelte Roudhart. „Aber auf die Gefahr hin, dass du dann mit ihnen den Kopf verlierst.“
    „Niemand wird seinen Kopf verlieren!“, fuhr Thankmar ihn an.
    „War doch ein Scherz …“
    „Solche Scherze verbiete ich euch! Dass keiner so redet, vor allem nicht vor den Burgleuten. Die Männer haben nur ihre Pflicht getan. Im Augenblick kann man ihnen noch nicht vertrauen, aber später nehme ich sie in meine Gefolgschaft auf. Wir wissen nicht, was uns noch für Kämpfe bevorstehen. Jeden Arm, der ein Schwert führen kann, werden wir brauchen.“
    „Ja, wer kann wissen, was uns noch bevorsteht“, seufzte Iglolf. „Du bist ein großer Kriegsmann, Tammo, aber der Alte hat auch Erfahrung und der ist nicht so zuversichtlich wie du. Der sagt, er riecht die Gefahr und es könnte böse Überraschungen geben …“
    |123| „Unsinn!“ Thankmar warf Iglolf einen strafenden Blick zu. „Ich kann das Geschwätz nicht mehr hören. Dieses ständige feigherzige Orakeln. Ich habe das Heil und Gott ist mit mir!“
    Das
Pater noster
war gerade beendet und Thankmar bemerkte einen der Mönche, den Ältesten, in der Tür.
    „Bruder Dodo, komm her!“, befahl er ihm.
    Der greise Mönch kam, die Hände in die weiten Ärmel der Kutte geschoben, mit kurzen schlurfenden Schritten heran.
    „Wann gibt es hier wieder etwas bei euch … eine Messe oder Gebetsstunde, wie ihr das nennt …“
    „Das nächste Stundengebet heute Abend zur Vesper.“
    „Daran werden wir teilnehmen. Wir sind fromme Männer. Oder haltet ihr uns etwa für Räubergesindel?“
    „Das würden wir nicht wagen.“
    „Und das wäre auch ein verdammter Irrtum. Sieh her!“ Thankmar griff nach dem Goldschmuck an seinem Halse, eine schwere Kette mit Brakteaten, die auf seiner nackten, behaarten Brust lag und die er bei Tag und Nacht nicht ablegte. „Nur wer zur Königsfamilie gehört, darf so etwas tragen. Ihr wisst, wer ich bin: der älteste Sohn König Heinrichs. Ich kämpfe hier für mein Recht und gegen teuflische Mächte, die es mir nehmen wollen!“
    „Wir sind dessen eingedenk und haben Vertrauen zu Euch“, sagte der alte Gottesmann demütig.
    „Gut. Und vergesst nicht, es auch euren Oberen in Corvey zu sagen. Damit sie besser verstehen, was vorgeht!“
    „Und bringe uns eine neue Kanne mit Wein!“, rief Heriger, als der greise Mönch sich entlassen glaubte und abwenden wollte. „Gut gekühlt! Dieser ist nur noch lauwarmer Sud.“
    „Schmeckt, als hättet ihr Kuttenbrunzer hinein gebrunzt“, scherzte Thiadrich.
    „Schafft uns nur gleich ein ganzes Fass!“, befahl Heriger.
    „Ich werde es dem Bruder Cellerar sagen. Gott mit euch!“
    Inzwischen waren auch die drei anderen alten Mönche aus der Kirche gekommen. Dodo gesellte sich ihnen zu und Staub aufwirbelnd schlurften sie hinüber zu ihren Zellen, einfachen Holzbuden, die in der Art von Kasematten an eine niedrige Steinmauer gelehnt waren.
    „Jetzt brennt es auch noch woanders!“, schrie der Posten, der alle Bewegungen und Vorkommnisse im Tal beobachtete und meldete.
    |124| „Ich werde mir Uhtrad vornehmen müssen“, knurrte Thankmar. „Der ist ja schlimmer als Asik, der Mesaburier, mit seiner Verbrechergefolgschaft. Ich werde ihm …“
    Er unterbrach sich und schwieg einen Augenblick lang überrascht. In der Kirchentür war ein Mädchen erschienen, das scheue Blicke um sich warf und versuchte, sich unbemerkt zu entfernen. Es war eine etwa Sechzehnjährige, sehr schmal und schlank, in einem einfachen blauen Hemdkleid aus zartem Gewebe, das an den Ärmeln und am Rocksaum mit Stickereien verziert war. Ihr schwarzes Haar war in Unordnung, die großen dunklen Augen waren gerötet, auf den Wangen des Mädchens zeigten sich Tränenspuren.
    Sie war schon im Begriff, hinter eine Ecke des Kirchengebäudes zu entkommen, als Thankmar sie anrief.
    „Was treibst du hier, Muthgard? Warum willst du dich vor uns verstecken?“
    Das Mädchen verharrte auf dem Fleck und sagte, den Blick senkend: „Ich bin nicht Muthgard. Ich bin Hille.“
    „Oh, verzeih mir, dass ich dich mit einer verwechselt habe, die nicht so schön ist wie du. Komm doch zu uns!“
    „Nein, lasst mich gehen!“
    „Ich befehle es dir. Die Männer hier wollen dich kennen lernen. Das ist

Weitere Kostenlose Bücher