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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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tatsächlich schon vor einigen Tagen, vierzig Meilen von hier entfernt. Das war ungünstig, bei der Hitze. Aber ich meine, er hat verdient, dass sein Verderber sich an seinem Grabe verneigt.“
    „Sein Verderber?“, rief Thankmar empört.
    „Der ihn glauben machte, Herzog Eberhard sei unser Verbündeter.“
    „Das ist er doch auch!“
    „Ich habe schon lange meine Zweifel daran. Jetzt umso mehr.“
    „Und warum?“
    |129| „Weil es die Franken waren, die Dedi umbrachten. Die von der Burg Laer.“
    „Das glaube ich nicht!“
    „Es ist die Wahrheit. Hier sind Männer, die es bezeugen können.“
    „Aber wie … wie geschah das?“ Thankmar breitete verblüfft und ratlos die Arme aus. „Ich hatte ihn dorthin geschickt … mit einer Botschaft an Eberhard … weil ich annahm, sie hätten Heinrich nach Laer gebracht … und der Herzog sei dort, in seiner Burg …“
    „Wenn er drinnen war, umso schlimmer! Als Dedi und seine Männer ans Tor kamen und hinauf riefen, dass sie Gesandte seien, und Einlass begehrten, wurden sie ohne Antwort von der Mauer beschossen. Gleich der erste Stein traf Dedi. Noch mehrere wurden getötet oder verwundet. Sie hatten sich nicht geschützt, waren ja als Freunde gekommen. So starb mein alter Kampfgefährte!“
    „Es konnte sich nur um einen Irrtum handeln. Die Franken haben Dedi und seine Sachsen für Leute Heinrichs und Brunings gehalten, die seit Wochen brennen und plündern. Vielleicht hat er selbst auch ein bisschen gezündelt …“
    „Das ist niedrig!“, schrie Wichmann mit schriller Greisenstimme. „Das ist eines Heerführers unwürdig! Soll so der Ruf eines unserer edelsten Helden geschändet werden? Männer! Was sagt ihr dazu? Was ist eure Antwort darauf?“
    Zorniges Geschrei erhob sich.
    „Umkehr! Nach Hause!“
    „Nein! Nicht nach Hause! Zum König!“
    „Das wage niemand!“, schrie Thankmar. „Ich warne euch! Keiner verlässt diese Burg lebendig, der versuchen sollte, mich zu verraten!“
    Er schlug den seidenen Mantel zurück und seine Hand fuhr zum Gürtel. Doch es hing kein Schwert daran, die Hand griff ins Leere. Höhnisches Gelächter erhob sich.
    Mit raschen, ruckenden Schritten trat Wichmann auf Thankmar zu. Die beiden hoch gewachsenen, gleich großen Männer, die aber dem Alter nach Vater und Sohn sein konnten, starrten sich zornig in die Augen. Es hatte den Anschein, als wollte die spitze, schnabelartige Nase des einen auf das trotzig vorgeschobene Kinn des anderen einhacken.
    „Drohungen?“, rief der Graf vom Bardengau. „Verräter nennt uns einer, der selbst seine Sache verrät?“
    |130| „Was behauptest du alter Unruhestifter?“, schrie Thankmar.
    „Nur was ich sehe … unten im Tal: ein Heer, das zum Raubgesindel verkommen ist! Und was ich hier oben sehe, auf dem Berg: einen Heerführer, der müßig beim Becher sitzt! Ist es das, wofür ich meinem König den Treueid brach? Habe ich mich dir angeschlossen, um diesen ehrlosen Krieg zu führen? Um mir meine Sachsen zu Feinden zu machen?“
    „Du hast dich mir nur aus Bosheit und Neid angeschlossen … wer wüsste das nicht? Wolltest dich rächen für die Zurücksetzung!“
    „Das wirfst du mir vor, obwohl du selbst nichts anderes im Sinn hast als Vergeltung?“
    „Ich erlitt schweres Unrecht – dir geschah Recht!“
    „Wie?“
    „Mein Bruder, der König, erkannte früher als ich, dass du für große Unternehmungen längst nicht mehr taugst.“
    „Raub und Brandschatzung nennst du große Unternehmungen?“
    „Ich habe Burgen erobert!“
    „Ja, die eine durch Nachlässigkeit der Besatzung, die andere – diese – durch mich. Vergebens hättest du die Befestigungen berannt und beschossen, hätte mein Wort, das noch etwas gilt, uns nicht das Tor geöffnet. Da sehe ich Grimbald! War es so, Alter?“
    „So war es“, bestätigte vorwurfsvoll der Burgvogt, der den Streit seiner ungebetenen Gäste mit düsterer Miene verfolgte. „Euch vertraute ich, Wichmann. Ihr wart immer ein Mann des Königs.“
    „Und ich werde es wieder sein! Das ist beschlossen – in diesem Augenblick!“
    Der alte Heerführer wandte sich mit den letzten Worten seinen Leuten zu. Gleich antwortete ihm Jubelgeschrei.
    „Hier gibt es nichts mehr für uns zu tun, Männer!“, rief er. „Ich erkenne nun meinen Irrtum, bereue meinen Abfall vom König. Die Kränkung, die mir zugefügt wurde, tat weh, aber sie ist zu geringfügig, um als Antwort darauf das ganze Land zu zerstören. Noch kann ich hoffen, dass die Schuld,

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