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Abgründig (German Edition)

Abgründig (German Edition)

Titel: Abgründig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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tötete? Konnte er das verantworten, auch wenn es nur eine vage Möglichkeit war?
    Noch einmal sah er Lena an, ihr unschuldiges Gesicht, ihre traurigen Augen. Er nickte ihr zu, hoffte, dass sie begriff, was er für sie fühlte.
    Dann wandte er den Blick ab, richtete ihn ins Leere und sagte: »Sebastian hat recht. Es kann sein, dass ich Ralf mit dem Messer verletzt habe.«

26
    »Was?« Es war Lena, die als Erste ihre Sprache wiederfand. »Was sagst du?«
    Tim sah sie nicht an, das brachte er nicht übers Herz. »Es ist möglich, dass ich Ralf mit dem Messer verletzt habe.«
    »Es ist möglich ?« Sebastians Stimme überschlug sich fast. »Alter! Hast du oder hast du nicht?«
    »Noch einmal: Ich weiß es nicht. Aber es ist möglich.« Tim hatte das Bedürfnis, sich in eine Ecke zu verkriechen. Er wollte sich hinlegen und zu einer kleinen Kugel zusammenrollen, wie er es als Kind oft getan hatte, wenn er ängstlich gewesen war. Damals schloss er immer die Augen und stellte sich vor, er könnte sich in sich selbst zurückziehen. Sein Körper war dann wie eine Burg mit dicken Außenmauern, die ihn vor allem und jedem schützten. Solange er die Augen geschlossen hatte und sich im Inneren seiner Burg befand, konnte niemand ihm etwas anhaben.
    »Tim, was redest du denn da?«, versuchte Lena, ihn zur Vernunft zu bringen. Aber sein Entschluss stand fest. Solange er nicht wusste, was mit Ralf geschehen war, musste er damit rechnen, dass er gefährlich war, sobald er die Augen schloss und einschlief.
    »Ich habe euch noch nicht alles erzählt, was mein Schlafwandeln angeht«, erklärte er.
    »Noch nicht alles? Was gibt es denn da noch, außer dass man nachts sein Bett verlässt?«, fragte Jenny von irgendwoher.
    Tim dachte einen Moment darüber nach, dann erzählte er.
    Sie unterbrachen ihn nicht. Selbst Sebastian saß einfach nur da und hörte ihm gebannt zu. Erst als er fertig war, fand Sebastian seine Form wieder und meinte: »Damit dürfte alles klar sein. Ich hatte recht.«
    »Kauf dir was dafür«, sagte Denis abfällig.
    »Was denn noch?«, blaffte Sebastian ihn an. »Hatte ich recht oder nicht? Na? Unser Timmi hier ist ein Psycho, der nachts durch die Gegend läuft und Leute absticht. Ihr solltet mir dankbar sein, dass ich nicht aufgegeben habe. Wer weiß, vielleicht müssen wir noch eine Nacht hier verbringen. Wäre es euch lieber, wir wüssten nichts von seinen Vorlieben und er wäre wieder zu einer kleinen Jagdtour aufgebrochen? Wäre einer von euch denn gern der Nächste auf seiner Liste gewesen?«
    Als er sich wieder an Tim richtete, lag ein seltsamer Glanz in den Augen. Langsam und offenbar genüsslich fügte er hinzu: »Vielleicht lebt Ralf schon gar nicht mehr. Dann ist unser Timmi sogar … ein Mörder.«
    »Seht ihr, ich hab ja gewusst, dass mit ihm was nicht stimmt«, klinkte Julia sich gleich ein. »Ihr hättet ihn heute Nacht mal sehen sollen, als er da an der offenen Tür gestanden hat und rausstarrte. Ich sage euch, mir ist ein Schauer durch den ganzen Körper gelaufen.«
    »Hey«, fuhr Lena sie an. »Seid ihr verrückt geworden? Könnt ihr mal aufhören, über Tim zu reden, als wäre er nicht da? Er sitzt hier, falls ihr das nicht bemerkt habt, und er hat euch das alles aus freien Stücken erzählt. Er hätte genauso gut einfach den Mund halten können, dann würdet ihr jetzt noch darüber diskutieren, ob es vielleicht doch Sebastian war, der das Messer versteckt hat.«
    »Das war ja wohl völliger Quatsch«, wehrte Sebastian sich. »Ich habe von Anfang …«
    »Ach, halt doch den Mund!«, würgte Lena ihn ab, und trotz der Leere, die Tim empfand, und der Sorgen, die er sich machte, fiel ihm auf, dass er Lena gerade zum ersten Mal wütend erlebte.
    »Jedenfalls werden wir ihn …« Sebastian grinste Lena an und wandte sich dann an Tim. »Jedenfalls werden wir dich nicht mehr aus den Augen lassen, das ist klar.«
    Tim war müde und hatte eigentlich keine Lust, noch irgendetwas zu sagen. Trotzdem winkte er ab. »Wenn überhaupt, kann nur etwas passieren, wenn ich schlafe. Solange ich wach bin, würde ich niemals jemandem was tun.«
    »Nichts da, du kannst uns viel erzählen. Du machst ab jetzt keinen Schritt mehr, ohne dass jemand von uns das überwacht, klar?«
    »Alter, du hast nicht mehr alle Latten am Zaun«, stieß Denis aus.
    »Halt den Mund, Knacki.« Sebastian warf Denis einen drohenden Blick zu, woraufhin der das Gesicht zu einer irren Grimasse verzog.
    Die Unterhaltung verstummte, es schien,

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