Abgrund der Lust
sich tiefer in Gabriels Schenkel – er zuckte nicht. »Ich habe noch nie Ananas gegessen. Sind sie süß?«
»Süß.« Der Knoten in ihrem Haar gab den Elfenbeinzähnen nach. »Herb. Außen stachelig. Innen saftig.«
Die Gouvernante in Victoria brach sich Bahn. »Die Brüste einer Frau sind nicht stachelig.«
»Deine Brustwarzen sind sehr hart, Victoria. Sie stechen in meine Haut.«
Das taten auch ihre Fingernägel, konnte sie sich vorstellen. Sie zog sie heraus.
Mühelos glitt der Kamm durch ihr Haar. Victorias Kopf fiel nach hinten.
»Früher brannte und pochte es immer zwischen meinen Beinen.« Sie starrte an die weiße Zimmerdecke. »Ich wusste nicht, dass der Knopf zwischen meinen Schenkeln Kitzler heißt, ich wusste nur, dass es falsch war, mich dort zu berühren. Aber als ich nicht mehr wusste, wohin, berührte ich mich. Ich sah kein Licht, wenn ich mich selbst berührte, Gabriel.« Victoria wartete auf das Urteil über ihr Geständnis, das keine Dame ablegen sollte.
»Was hast du denn gesehen, Victoria?« Gabriels Stimme war heiß und feucht an ihrem Haar, ihrem Ohr …
»Ich sah Dunkelheit, Gabriel.«
Das Gleiten des Elfenbeins brach ab; feste Finger fanden Victorias Schenkelansatz. Ein einzelner Finger schob sich zwischen ihre Beine, ihre Lippen …
»Ich sah Kälte, Hunger und Einsamkeit …« Blitze schossen durch Victorias Kitzler, das Hin und Her von Gabriels Finger; sie unterdrückte ein Stöhnen. »Aber ich sah keine Sünde.«
Stachelige Haut schob ihr Haar beiseite – Gabriels Wange. Gluthitze leckte an ihrem Ohr – Gabriels Zunge. »Erinnere dich, Victoria.«
Das Schlafzimmer kippte.
Victoria lag auf dem Rücken, einen Berg Samt unter dem Po, glatte Leinenlaken im Rücken. Messing schimmerte in ihren Augenwinkeln, das Bettgestell.
Die Matratze schwankte. Gabriel griff nach der Dose auf dem Nachttisch, seine Hüfte streifte ihre Hüfte. Metall schabte auf Metall, traf auf Holz.
Gespannt wartete Victoria, kaum fähig, am Duft seiner Hitze und der Nähe seines Körpers vorbei zu atmen.
Die Matratze senkte sich, als Gabriel sich aufrichtete, eine aufgerollte Gummihaut zwischen Daumen und Zeigefinger.
Erwartung engte Victorias Lungen ein.
Dunkle Wimpern verhüllten Gabriels Augen.
Victoria starrte auf die zerklüfteten Schatten auf seinen Wangen, auf den dicken Stab blau geäderten Fleisches in seiner rechten Hand, wieder auf die Schatten in seinem Gesicht, auf die pralle dunkelrote Kuppe, die von einer Gummikappe geschluckt wurde. Er hielt das obere Ende des Kondoms fest zwischen zwei Fingern. Und dann waren keine blauen Venen, keine Farbabstufungen mehr zu sehen, nur noch eine lange, dicke Gummihaut, die in einem lockigen Büschel bräunlich blonden Haares endete. Ein winziger Nippel – das Ende des Kondoms – ragte über die pralle Kuppe seines verhüllten Gliedes hinaus.
Victoria hob die Lider.
Gabriel war bereit für sie. »Ich bin knapp über neuneinhalb Zoll lang, wenn ich völlig steif bin.«
Gabriel las Victorias Gedanken aus ihren Augen. Er wartete, dass sie die Frage stellte.
Einen Engel mit dem anderen verglich.
Victoria fragte nicht. Sie brauchte nicht zu wissen, wie Gabriel im Vergleich mit anderen Männern abschnitt. Stattdessen fragte sie: »Warum lässt du am Ende des Kondoms Platz?«
»Für meinen Samen.«
Victoria hatte gespürt, wie sein Samen in ihre andere Öffnung gespritzt war; ein heißer Strahl Flüssigkeit. Sie fragte sich, wie es sein mochte, zu spüren, wenn er in ihre Scheide spritzte und ihren Schoß umspülte.
Gabriel beugte sich über sie und nahm ihre Hände. »Erinnere dich …«
Victorias Arme streckten sich über ihren Kopf, ihre Finger ertasteten kaltes Metall. Gabriel legte ihrer beide Hände um das Bettgestell.
»Erinnere dich, Victoria …«, raunte Gabriel; ein Wispern seines Atems liebkoste ihre Wange, Männlichkeit stupste ihre Weiblichkeit.
»Ich erinnere mich, Gabriel.«
Langsam sank er auf sie, eine stachelige Decke aus menschlichem Fleisch, Brust an Brust, Bauch an Bauch, Hüften zwischen Schenkeln.
Victoria erinnerte sich … wie kalt und trostlos ihr Leben gewesen war. Weil ein Mann Frauen hasste.
Victoria erinnerte sich … an den Schmerz, den Gabriel erfahren hatte. Weil ein Mann … was?
Sie wusste nicht, warum der zweite Mann Gabriel wehgetan hatte.
Sie wusste nicht, warum er Gabriel nicht getötet hatte, als er hilflos angekettet war. Und um den Tod bettelte.
Sie wusste nicht, wie Liebe in Hass
Weitere Kostenlose Bücher