Abgrund der Lust
seiner Kälte, seiner Gefühle zu stellen.
Aber ein Mann hatte ihn berührt.
Es bedarf einer mutigen Frau, einen Mann wie Monsieur Gabriel zu lieben , hatte Madame René gesagt.
Aber Victoria war nicht mutig.
Sie war Gouvernante geworden, statt ihren Vater als Frauenfeind zu entlarven, der seinen Weiberhass hinter moralischer Rechtschaffenheit versteckte. Sie hatte sich um die Kinder anderer Frauen gekümmert, statt zu heiraten und festzustellen, dass sie eine Hure war, die mehr nach der Liebe eines Mannes als nach der Frucht seines Samens lechzte.
Victoria war in das Haus Gabriel gekommen, um zu überleben, nicht, um zu sterben.
Sie war nicht in das Haus Gabriel gekommen, um sich selbst akzeptieren zu lernen, indem sie einen gefallenen Engel akzeptieren lernte. Aber das hatte sie getan.
Sie war nicht mutig .
»Ich brauche dich nicht, um für mich zu sorgen«, brachte sie mühsam heraus.
Victoria wollte nicht von einem Mann abhängig sein.
Gabriels Hand spannte sich an; hartes Fleisch packte zu, kaltes Tuch rieb. »Du würdest die Straße nicht überleben, Victoria.«
»Du hast sie überlebt«, antwortete sie prompt.
Sein Blick ließ sie der Wahrheit nicht ausweichen. »Ich bin auf der Straße geboren; du bist als Lady geboren.«
Victorias Vergangenheit stellte sich zwischen sie, die Kuppe seiner Männlichkeit pulsierte an ihrem Bauch als eindringlicheMahnung an die Schwäche einer Frau. »Meine Mutter ist mit einem anderen Mann davongelaufen.«
»Deine Mutter hat deinen Vater verlassen genau wie du«, sagte Gabriel rundheraus. »Genau wie er deinen Bruder gezwungen hat, fortzugehen.«
»Ich verstehe nicht, was du von mir willst.«
»Ich habe dir gesagt, was ich von dir will.«
Er wollte, dass sie ihn akzeptierte, voll und ganz. Bettler. Dieb. Hure. Mörder. Dafür verlangte er lediglich, dass sie ihre Lust mit ihm teilte.
Victoria leckte sich die Lippen, ein glatter Zungenschlag über rissige Lippen. »Du verlangst von mir, dass ich … in deinem Haus lebe.«
»Ja«, sagte er unverhohlen. Die silbernen Augen wachsam.
»Vorausgesetzt, wir überleben.«
»Ja.«
Aber wie lange würde Gabriel noch leben? Wie lange würde sie noch leben?
Die Wirklichkeit war ein unwillkommener Eindringling.
»Das ist nicht nötig«, sagte sie steif und war sich plötzlich schmerzlich ihrer allzu scharf vortretenden Knochen, ihrer straff gespannten Haut und ihrer vorspringenden Brüste bewusst. »Ich habe meine Jungfräulichkeit freiwillig hergegeben.«
»Ich habe dich nicht genommen, weil du Jungfrau warst.«
Wie schwer es doch war, die Wahrheit einzugestehen.
»Du warst erregt, weil ich mich vor dir zur Schau gestellt habe. Wenn ich nicht … nackt vor dir herumstolziert wäre, wärst du nicht in Versuchung geraten. Oder wenn ich dir vor dem transparenten Spiegel nicht einen unsittlichen Antrag gemacht hätte …«
»Ich bin jede Nacht von Frauen umgeben, die mehr tun, als ihre Nacktheit zur Schau zu stellen, Victoria.«
Unsicherheit zerriss Victoria. »Aber das ist etwas anderes …«
»Ja.« Gabriel ließ ihr Gesicht, ihren Blick nicht los.
Victoria wandte den Blick nicht von Gabriels starrem Blick. »Tut es dir Leid, dass du mich ersteigert hast?«
»Nein.«
Victoria las die Wahrheit aus Gabriels schönen Augen.
»Ich habe kein Licht gesehen, als ich in der Dusche zum Höhepunkt kam, Gabriel.«
Schmerz.
Victoria hatte einen Engel verletzt.
Dampf schwebte als Aureole um seinen wasserschwarzen Kopf. »Was hast du gesehen?«
Victoria schaute in Gabriels Augen und sah sein Gesicht kupfern statt alabaster in der Dusche gespiegelt. »Ich habe dich gesehen.«
Sie hatte seinen Schmerz gesehen. Sie hatte seine Lust gesehen.
Erinnerung blitzte in Gabriels Augen auf: das Kreisen seines Fleisches, das Aufblühen ihres Fleisches. Der Schrei ihrer Lust.
Die endlosen Höhepunkte, die er ihr in der vergangenen Nacht bereitet hatte.
Die endlosen Höhepunkte, die er ihr in dieser Nacht bereiten würde.
Aber in der vergangenen Nacht hatte sie noch nicht gewusst, was sie heute Nacht wusste.
Kein Mann hatte je für sie sorgen wollen.
Worte drängten sich auf Victorias Zunge. »Mein Haar ist nass.«
Die Hände an ihrem Gesicht strafften sich. »Ich werde es trocknen.«
Heiße Tränen brannten in ihren Augen. »Es ist durcheinander.«
»Ich werde es kämmen.«
Verlangen tröpfelte an Victorias Schenkeln herunter; die geschmeidige Nässe zwischen ihren Pobacken erinnerte sie daran, wie gut dieser Mann
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