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Abgrund der Lust

Abgrund der Lust

Titel: Abgrund der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Schone
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nicht.
    Einblicke von außen waren nicht vorgesehen. Dieses Schlafzimmer hatte sie in der vergangenen Nacht durch den transparenten Spiegel gesehen.
    Unmittelbar vor ihr war der Spiegel. Er hatte einen vergoldeten Rahmen, der ebenso elegant war wie das übrige Zimmer. Scheinbar harmlos, wie das übrige Zimmer es nicht war.
    Victoria erkannte die Frau im Spiegel nicht.
    Ihre Nackenhaare sträubten sich.
    Wurde sie beobachtet? …
    Nur zwei Augenpaare musterten sie: ein Paar gehörte dem Wächter, der neben ihr stand, nicht hinter dem halb versilberten Glas; das andere gehörte Victoria selbst, die in den transparenten Spiegel schaute statt hindurch.
    Es war keine Fremde, die Victoria musterte; sie sah sich selbst.
    Der cremeweiße Lampasunterrock mit seinen grünen, gelben und matt roten Figuren verlieh Victorias Hüften eine gewisse Fülle, während der kurze, goldbraune Mandarinkragen aus Seidenkord, der in einem tiefen, schmalen V-Ausschnitt mündete, Hals und Busen subtil betonte.
    Madame René war ein Genie.
    Victoria war sich des transparenten Spiegels und des zuschauenden Wächters deutlich bewusst – wusste Julien, was hinter dem Spiegelglas lag? –, als sie in das Schlafzimmer trat.
    Ein weißer Glastiegel stand auf dem Nachttisch neben einer Silberdose mit Kondomen. Auf den Deckel war Haus Gabriel aufgedruckt wie auf der Dose auf dem Nachttisch in Gabriels Schlafzimmer.
    Schweigend beobachtete Julien jede Bewegung Victorias von der Tür aus. Während sie jede seiner Bewegungen im Spiegel sah.
    Victoria wandte dem halb versilberten Glas den Rücken zuund öffnete die oberste Schublade. Dort fand sie die phallusförmigen Gebilde, von denen Gabriel ihr erzählt hatte. Godemichés , hatte er sie genannt.
    Sie waren … sehr lebensecht.
    Einer war klein, einer mittelgroß und einer – ein Kichern perlte in ihrer Kehle hoch, als ihr das Märchen Goldilocks und die drei Bären einfiel – hatte gerade die richtige Größe.
    Erinnerung durchzuckte Victoria, ein Bild ihrer Mutter, die Daniel auf dem Schoß hielt. Er war vier. Die achtjährige Victoria hatte zu ihren Füßen gesessen, als ihre Mutter ihnen ein Märchen vorlas.
    Sie hatte eine melodische Stimme, fiel Victoria schlagartig ein. Aber sie konnte sich nicht mehr an das Märchen erinnern, das ihre Mutter vorgelesen hatte, nur an die Worte: Ich weiß es, sagte der Engel, denn … ich kenne meine eigene Blume gut.
    Hatte ihre Mutter mit dem anderen Mann ihr Glück gefunden, fragte Victoria sich. Lebte sie noch? Oder hatte es auch sie umgebracht, einen Mann zu lieben?
    Victoria strich über den harten Lederphallus und erinnerte sich an Länge und Umfang Gabriels.
    Ich bin knapp über neuneinhalb Zoll lang .
    Ihr Körper zuckte bei der Erinnerung vor Lust. Schnell zog sie die Hand zurück.
    Der Wächter mit den kastanienbraunen Haaren blieb unerschütterlich. Ihn konnte sicher gar nichts aus der Ruhe bringen.
    Schnell schloss Victoria die oberste Schublade und öffnete die zweite. Sie enthielt verschiedene Seidentücher.
    Victoria hatte selbst gesehen, wie man diese Tücher verwenden konnte.
    Sie stellte sich vor, wie Gabriel ihre Hände über ihrem Kopf fesselte und ihre Füße weit gespreizt an die Bettpfosten band.
    Sie stellte sich vor, Gabriel zu fesseln.
    Die Frau in dem roten Schlafzimmer hatte den Mann gefesselt, mit dem sie zusammen war. Dann hatte sie sich breitbeinig auf seine Hüften gesetzt und ihn geritten, wie ein Mann ein Pferd ritt.
    In der Hingabe der Frau hatte eine große Freiheit gelegen und in der Fesselung des Mannes ein kindliches Vertrauen.
    Victoria hatte in ihrem Leben weder Freiheit noch Vertrauen erfahren.
    Und wie war es mit Gabriel?
    Er hatte gesagt, es gebe nichts Geschlechtliches, was er nicht schon gemacht hätte. Hatte er je eine Frau zu ihrer Lust gefesselt?
    Hatte er sich je fesseln lassen?
    Sofort schoss ihr das Bild von Ketten durch den Kopf.
    Leise schloss sie die zweite Schublade und öffnete die dritte und letzte.
    Geknotete Seide formte eine Peitsche. Daneben lag eine geflochtene Reitgerte.
    An Wänden und Decke waren Messinghaken.
    Alles, ganz gleich was …
    Victoria schloss die letzte Schublade.
    Der Wächter mit dem kastanienbraunen Haar hatte Recht gehabt. Hier gab es nichts, was ihr helfen könnte, Gabriel eine Freude zu machen.
    Victoria richtete sich auf und entdeckte eine kleine Dose, versteckt zwischen dem weißen Cremetiegel und der Silberdose mit den Kondomen.
    Ein Lächeln breitete sich auf ihrem

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