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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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versucht, etwas zu erkennen. Irgendetwas. Doch alles, was er sieht, ist die Schulterklappe seines Gefangenen.
    Fischer.
    Aber er gilt seit – Scanlon rechnet nach – sieben Monaten als vermisst!
    »Lassen Sie ihn los, Sie Schwanzlutscher.« Eine andere Stimme diesmal. Branders. »Sofort, oder ich werde Sie verdammt noch mal umbringen.«
    Brander? Brander, der einen Pädophilen verteidigt? Wie, zum Teufel, ist das möglich?
    Das spielt jetzt keine Rolle mehr. Andere Dinge sind wichtiger.
    »Wo sind Sie?«, ruft Scanlon. »Wovor fürchten Sie sich?« Er erwartet nicht, dass sie auf eine so offensichtliche Provokation eingehen. Er versucht nur, Zeit zu schinden und das Unvermeidliche weiter hinauszuzögern. Er kann Fischer nicht einfach gehen lassen, denn dann hat er nichts mehr in der Hand.
    Zu seiner Linken bewegt sich etwas. Scanlon dreht sich um; eine hektische Bewegung, die Andeutung von ein paar Gliedmaßen, die vom Scheinwerferlicht erfasst werden. Zu viele für einen einzelnen Menschen. Dann nichts mehr.
    Er hat es versucht, wird Scanlon klar. Brander hat gerade versucht, mich umzubringen, und die anderen haben ihn zurückgehalten.
    Für den Augenblick.
    »Ihre letzte Chance, Scanlon.« Wieder Clarke, ganz in der Nähe und unsichtbar, als würde sie ihm ins Ohr flüstern. »Wir müssen nicht einmal Hand an Sie legen, wissen Sie? Wir können Sie auch einfach hier zurücklassen. Wenn Sie ihn nicht innerhalb der nächsten zehn Sekunden loslassen, schwöre ich Ihnen, dass Sie niemals wieder den Weg zurück finden werden. Eins.«
    »Und selbst wenn Sie den Weg finden«, fügt eine andere Stimme hinzu – Scanlon kann nicht sagen, um wen es sich handelt –, »würden wir dort auf Sie warten.«
    »Zwei.«
    Er wirft einen Blick auf die Armaturen im Innern seines Helms, die sich vor seinem Kinn befinden. Die Vampire haben Beebes Sendeleitstrahl ausgeschaltet.
    »Drei.«
    Er überprüft seinen Kompass. Die Anzeige verändert sich ständig. Wenig überraschend; sich mithilfe von Magneten in der Riftzone orientieren zu wollen, ist eine lächerliche Vorstellung.
    »Vier.«
    »Von mir aus«, versucht es Scanlon. »Lassen Sie mich hier zurück. Das ist mir egal. Dann werde ich eben …«
    »Fünf.«
    »… einfach zur Oberfläche hinaufschwimmen. In diesem Anzug kann ich es tagelang aushalten.« Sicher. Als ob sie dich einfach davonschwimmen lassen würden, mit ihrem … Was ist Fischer eigentlich für sie? Ein Haustier? Ein Maskottchen?
    »Sechs.«
    Ihr Vorbild?
    »Sieben.«
    Oh Gott! Oh Gott!
    »Acht.«
    »Bitte«, flüstert er.
    »Neun.«
    Er öffnet die Arme. Fischer taucht in die Dunkelheit davon.
    Und hält inne.
    Er dreht sich um und schwebt fünf Meter von Scanlon entfernt im Wasser.
    »Fischer?« Scanlon blickt sich um. So weit er sehen kann, sind sie die einzigen beiden Teilchen im gesamten Universum. »Können Sie mich verstehen?«
    Er streckt den Arm aus. Fischer zuckt zusammen wie ein nervöser Fisch, doch er ergreift nicht die Flucht.
    Scanlon lässt den Blick durch die Dunkelheit schweifen. »Wollen Sie etwa so enden?«, ruft er.
    Niemand antwortet ihm.
    »Haben Sie irgendeine Vorstellung, was sieben Monate der sensorischen Deprivation mit Ihrem Verstand anstellen? Glauben Sie, dass er überhaupt noch etwas Menschliches an sich hat? Wollen Sie den Rest Ihres Lebens damit verbringen, hier unten im Schlamm zu wühlen und Würmer zu fressen? Ist es das, was Sie wollen?«
    »Wir wollen in Ruhe gelassen werden«, sagt eine surrende Stimme in der Dunkelheit.
    »Das können Sie sich abschminken. Ganz egal, was Sie mit mir machen. Sie können nicht ewig hier unten bleiben.«
    Niemand macht sich die Mühe, ihm zu widersprechen. Fischer schwebt immer noch vor ihm, den Kopf schief gelegt.
    »Hören Sie, C… Lenie. Mike. Sie alle.« Der Strahl seiner Stirnlampe wandert hin und her, doch es ist nichts zu sehen. »Das ist nur ein Job und kein Lebensstil.« Doch Scanlon weiß, dass das nicht stimmt. Diese Leute waren schon Rifter, lange bevor es den Job überhaupt gab.
    »Sie werden Sie holen kommen«, sagt er leise, und er weiß nicht, ob es eine Drohung oder eine Warnung ist.
    »Vielleicht werden wir dann nicht mehr hier sein«, antwortet die Tiefe schließlich.
    Oh Gott! »Schauen Sie, ich weiß nicht, was hier unten vor sich geht, aber Sie können doch unmöglich hierbleiben wollen. Niemand, der ganz richtig im Kopf … ich meine … verdammt, wo sind Sie? «
    Keine Antwort. Nur Fischer vor ihm.
    »So darf es nicht

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