Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
Vom Netzwerk:
einbildet.
    Beebe lastet auf ihm. Hoffnungsvoll wirft er erneut einen Blick auf die Positionsanzeige. Eins, zwei, drei, v…
    Oh verdammt! Verdammt!

    Er weiß nicht mehr, wie er nach draußen gelangt ist. Er erinnert sich noch, dass er sich in seinen Taucheranzug gekämpft und nach einer Echolotpistole gegriffen hat, und nun befindet er sich auf dem Meeresboden unter der Station. Er bestimmt seine Position und überprüft das Ergebnis wieder und wieder. Die Anzeige verändert sich nicht.
    Er kriecht vom Licht fort auf den Schlund zu. Endlose Momente lang ringt er mit sich und gewinnt – er lässt seine Stirnlampe ausgeschaltet. Kein Grund, auf seine Anwesenheit aufmerksam zu machen.
    Blind schwimmt Scanlon voran und hält sich dabei dicht am Meeresgrund. Hin und wieder bestimmt er seine Position und korrigiert seinen Kurs. Im Zickzack bewegt er sich über den Meeresboden. Schließlich wird die Tiefe in der Ferne heller.
    Direkt vor ihm ist ein Wimmern zu hören.
    Inzwischen klingt es nicht mehr einsam. Es klingt kalt und hungrig und hat nichts Menschliches mehr an sich. Scanlon erstarrt wie ein Nachttier, das von einem Scheinwerfer angestrahlt wird.
    Nach einer Weile verstummt das Geräusch.
    Etwa zwanzig Meter vor ihm glitzert undeutlich der Schlund. Es wirkt wie eine geisterhafte Ansammlung von Gebäuden und Bohrtürmen auf dem Mond. Trübes, kupferfarbenes Licht strömt aus Scheinwerfern herab, die auf halber Höhe an den Generatoren angebracht sind. Scanlon schwimmt in einem Bogen darum herum und hält sich dabei stets abseits der Lichter.
    Zu seiner Linken bewegt sich etwas.
    Ein fremdartiges Seufzen ist zu hören.
    Er drückt sich flach auf den Boden und schließt die Augen. Werd endlich erwachsen, Scanlon. Was immer es ist, es kann dir nichts tun. Nichts kann das Gewebe deines Taucheranzugs zerbeißen.
    Jedenfalls kein Wesen aus Fleisch und Blut .
    Scanlon weigert sich, den Gedanken zu Ende zu denken. Stattdessen öffnet er die Augen.
    Direkt vor ihm bewegt sich etwas.
    Eine schwarze Rauchwolke, die aus einem Felsschlot im Meeresboden strömt. Und diesmal hört er kein Seufzen, sondern ein Wimmern .
    Ein Raucher. Das ist alles. Acton ist in einen Schlot wie diesen hinabgestiegen.
    Vielleicht sogar in genau den hier …
    Die Eruption versiegt. Das Geräusch verstummt.
    Raucher sollen eigentlich keine Töne von sich geben. Jedenfalls nicht solche Töne.
    Scanlon schiebt sich auf den Rand des Schlots zu. Fünfzig Grad Celsius. Im Innern des Schlots, in etwa zwei Metern Tiefe, befindet sich eine Maschine. Sie wurde aus Dingen gebaut, die eigentlich nicht zusammengehören: Rotorblätter, die sich in der leichten Strömung drehen, durchlöcherte Schläuche, Rohre, die in willkürlichen Winkeln angebracht wurden. Der Raucher ist mit Schrott vollgestopft.
    Und irgendwie strömt das Wasser durch ihn hindurch und erzeugt dabei Töne. Es ist also doch kein Gespenst. Kein feindseliger Außerirdischer. Nur … eine Art Windharfe. Erleichterung durchströmt Scanlons Körper in einer Welle aus chemischen Verbindungen. Er entspannt sich und genießt das Gefühl, bis es ihm wieder einfällt:
    Sechs Kontakte. Sechs .
    Und hier ist er, im Scheinwerferlicht, weithin sichtbar.
    Scanlon zieht sich in die Dunkelheit zurück. Die Maschinerie hinter seinen Albträumen, die ihm nach ihrer Enthüllung nun beinahe primitiv vorkommt, hat seine Zuversicht gestärkt. Er setzt seinen Erkundungsgang fort. Zu seiner Rechten wandert langsam der Schlund vorbei, eine düstere Grafik in Schwarzweiß.
    Vor ihm kommt etwas in Sicht, das über einer Formation aus Federwürmern schwebt. Scanlon gleitet näher heran und versteckt sich hinter einem Felsbrocken.
    Vampire. Zwei von ihnen.
    Sie unterscheiden sich voneinander.
    Normalerweise sehen die Vampire hier draußen alle gleich aus. Es ist beinahe unmöglich, sie auseinanderzuhalten. Doch Scanlon ist sich sicher, dass er einen von diesen beiden noch nie zuvor gesehen hat. Zwar hat der Vampir das Gesicht abgewandt, doch irgendetwas ist mit ihm nicht in Ordnung – er ist zu groß und zu schlank. Er macht seltsam ruckartige, zuckende Bewegungen, beinahe wie ein Vogel. Reptilienartig. Außerdem trägt er etwas unter dem Arm.
    Scanlon kann nicht feststellen, welches Geschlecht er hat. Der andere Vampir scheint dagegen weiblich zu sein. Die beiden schweben einige Meter voneinander entfernt im Wasser und blicken einander an. Hin und wieder macht die Frau eine Geste mit der Hand. Manchmal bewegt sie sich

Weitere Kostenlose Bücher