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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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zurück. Und wenn mir nun etwas passiert wäre?«
    »Wir gehen ständig alleine raus. Das ist Teil unserer Arbeit. Vorsicht, es ist glitschig.«
    »Die Sicherheitsvorschriften sind ebenfalls Teil Ihrer Arbeit. Das gilt selbst für Sie. Und besonders für mich, Judy. Ich bin hier unten wie ein Fisch auf dem Trockenen, nicht wahr, ha-ha. Sie können nicht erwarten, dass ich mich zurechtfinde.«
    »…«
    »Wie bitte?«
    »Wir sind unterbesetzt, erinnern Sie sich? Wir können es uns nicht leisten, ständig zu zweit rauszugehen. Und Sie sind ein großer, starker Mann … na ja, jedenfalls ein Mann. Ich dachte nicht, dass ich für Sie den Babysitter spielen muss …«
    »Mist! Meine Hand!«
    »Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen vorsichtig sein.«
    »Aua. Wie viel wiegt das verdammte Ding?«
    »Etwa zehn Kilo, ohne den ganzen Schlamm. Ich hätte ihn wohl besser abwaschen sollen.«
    »Ja. Ich glaube, ich habe mich an einer der Kanten gestoßen. Mist, ich blute.«
    »Tut mir leid.«
    »Ja. Also, hören Sie, Caraco. Ich bedaure, dass Sie keine Lust haben, den Babysitter zu spielen, aber Acton und Fischer könnten vielleicht noch am Leben sein, wenn Sie sich etwas mehr um sie gekümmert hätten, verstehen Sie? Ein wenig mehr Hilfsbereitschaft und … Haben Sie das gehört?«
    »Was?«
    »Von draußen. Eine Art … Heulen …«
    »…«
    »Kommen Sie schon, C… Judy. Sie müssen es doch gehört haben!«
    »Vielleicht hat sich die Hülle verschoben.«
    »Nein. Ich habe etwas gehört. Und es ist nicht das erste Mal.«
    »Ich habe nichts gehört.«
    »Sie haben nichts … Wohin gehen Sie? Sie sind doch gerade erst hereingekommen? Judy …«
    Klirren. Zischen .
    »… gehen Sie nicht …«

OFFI/ÜBERTR/250850:2120
    Ich habe die Teilnehmer gebeten, sich einer Routineuntersuchung mit dem medizinischen Scanner zu unterziehen. Oder vielmehr habe ich die meisten von ihnen direkt gefragt und sie gebeten, Ken Lubin Bescheid zu sagen, den ich inzwischen zwar schon einige Male zu Gesicht bekommen habe, mit dem ich jedoch bisher noch nicht sprechen konnte. (Ich habe bereits zweimal erfolglos versucht, Mr. Lubin in ein Gespräch zu verwickeln.) Die Teilnehmer wissen natürlich, dass für die medizinischen Scans kein Körperkontakt meinerseits erforderlich ist, und sie sind durchaus selbst in der Lage, die Untersuchung durchzuführen, wann immer es ihnen passt, auch ohne meine Anwesenheit. Doch obwohl sich niemand meiner Aufforderung offen widersetzt hat, haben die Teilnehmer es auch nicht gerade eilig, ihr Folge zu leisten. Es ist ziemlich eindeutig (und entspricht in jeder Hinsicht meinem Profil), dass sie die Untersuchung als eine Art Eingriff in ihre Privatsphäre empfinden und ihr, wenn möglich, aus dem Weg gehen werden. Bisher habe ich lediglich von Alice Nakata und Judy Caraco Untersuchungsergebnisse erhalten. Ich habe ihre Daten diesem Bericht beigefügt. Beide weisen einen erhöhten Ausstoß von Dopamin und Noradrenalin auf, aber ich kann nicht feststellen, ob dies vor ihrem Arbeitseinsatz auch schon der Fall war. GABA und andere Inhibitorenwerte waren infolge ihres letzten Tauchgangs ebenfalls leicht erhöht (dieser lag zur Zeit des Scans erst eine Stunde zurück).
    Die anderen haben bisher noch nicht »die Zeit gefunden«, sich einer Untersuchung zu unterziehen. In der Zwischenzeit bin ich dazu übergegangen, die Scanneraufzeichnungen alter Verletzungen durchzusehen. Es ist nicht weiter überraschend, dass körperliche Verletzungen hier unten an der Tagesordnung sind, auch wenn sie in letzter Zeit stark zurückgegangen sind. In den Aufzeichnungen gibt es jedoch keine Hinweise auf Kopfverletzungen – jedenfalls nichts, das ein NMR nötig machen würde. Damit beschränken sich meine neurochemischen Daten auf das, was mir die Teilnehmer auf meine Bitte hin freiwillig liefern – bis jetzt nicht sonderlich viel. Wenn sich daran nichts ändert, werde ich den Großteil meiner Analyse auf Verhaltensbeobachtungen stützen müssen. So überholt das auch klingen mag.

    Wer könnte es sein? Wer nur?
    Als Yves Scanlon sich ursprünglich in die Tiefe hinabbegeben hat, hatte er zwei Fragen, die er beantworten wollte. Im Augenblick geht er der zweiten nach, während er in seiner Kabine liegt, durch eine Datenbrille und die Personaldatenbank in seiner Hemdtasche von der Station abgeschnitten. Es tut gut, die Rohre und das Kondenswasser eine Zeitlang nicht sehen zu müssen.
    Taub ist er allerdings leider nicht. Hin und wieder hört er Schritte

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