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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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Dopplereffekt in ein tiefes Brummen verwandelt und dann wieder vibrierend zu einer hohen Frequenz aufsteigt.
    Jetzt schaltet Lenie Clarke endlich auch ihre Stirnlampe ein.
    Sie hängt dort oben wie ein gekreuzigter Aszendent, während von ihrer Hand ein Heulen ausgeht und das Licht an ihrem Kopf durch das Wasser wandert wie … wie …
    – eine Glocke, die zum Essen läutet, wird Scanlon klar, als sich etwas aus der Dunkelheit auf sie stürzt, das fast so groß ist wie sie, und Himmel, diese Zähne …
    Es verschluckt ihr Bein bis zum Schritt. Lenie Clarke lässt sich davon jedoch nicht beirren. Sie schlägt mit einem Knüppel zu, der wie durch Zauberei in ihrer linken Hand aufgetaucht ist. Das Geschöpf bläht sich auf und platzt an einigen Stellen auf. Luftblasen brechen wie silberne Pilze durch seine Haut und steigen zitternd nach oben. Das Geschöpf wirft sich herum, sein Maul eine monströse Schwertscheide, in der Clarkes Bein steckt. Die Vampirin greift nach unten und reißt das Geschöpf mit bloßen Händen auseinander.
    Caraco, die immer noch an dem Behälter herumhantiert, blickt auf. »He, Len. Die wollen den Fisch unversehrt.«
    »Ist sowieso nicht der Richtige gewesen«, erwidert Clarkes surrende Stimme. Das Wasser um sie herum ist voller zerfetztem Fleisch und aufblitzenden Aasfressern. Clarke achtet nicht weiter darauf, sondern dreht sich langsam um und richtet den Blick auf die Tiefe.
    Caraco: »Hinter Ihnen, bei vier Uhr.«
    »Hab ihn«, sagt Clarke und dreht sich in die entsprechende Richtung.
    Nichts passiert. Der zerfetzte Kadaver sinkt zuckend zum Meeresboden hinab, während um ihn herum die Aasfresser aufblitzen. Clarkes tragbares Stimmgerät gluckst und jault.
    Wie … Scanlon will gerade zu einer Frage ansetzen.
    »Nicht jetzt«, sagt Caraco mit surrender Stimme zu ihm, ehe er den Mund aufmachen kann.
    Da ist nichts. Was haben Sie entdeckt?
    Es kommt schnell und auf direktem Wege auf sie zu, genau aus der Richtung, in die Lenie Clarke blickt. »Der sollte ausreichen«, sagt sie.
    Eine gedämpfte Explosion zu Scanlons Linken. Ein dünner Kondensstreifen aus Luftblasen zieht sich von Caraco zu dem Ungeheuer. Das Ding zuckt zusammen, als etwas mit ihm kollidiert. Clarke gleitet zur Seite, als es an ihr vorbeirast; Caracos Pfeil steckt in seiner Flanke.
    Clarkes Stirnlampe erlischt, und das Stimmgerät verstummt. Caraco verstaut das Pfeilgewehr und schwimmt zu ihr hinüber. Die beiden Frauen manövrieren ihre Beute zu dem Behälter hinunter. Das Tier schnappt nach ihnen, schwach und reflexartig. Sie schieben es in den Sarg hinein und schließen den Deckel.
    »Ein guter Fang«, ertönt Caracos surrende Stimme.
    »Woher wussten Sie, dass er kommen würde?«, fragt Scanlon.
    »Sie kommen immer«, sagt Caraco. »Sie lassen sich von den Geräuschen und dem Licht täuschen.«
    »Ich meine, woher wussten Sie, aus welcher Richtung er kommen würde?«
    Einen Moment lang herrscht Schweigen.
    »Nach einer Weile entwickelt man einfach ein Gefühl dafür«, erklärt Clarke schließlich.
    »Außerdem haben wir das hier«, fügt Caraco hinzu. Sie hält eine Echolotpistole hoch und steckt sie dann wieder in ihren Gürtel zurück.
    Der Konvoi formiert sich neu. Sie sollen das Ungeheuer an einem Platz abladen, der etwa einhundert Meter vom Schlund entfernt ist. (Die Netzbehörde achtet stets darauf, Außenstehende nicht allzu weit in ihr Gebiet zu lassen.) Wieder schwimmen die Vampire in die Dunkelheit hinaus, mit Scanlon im Schlepptau. Sie reisen durch eine Welt, die keinerlei Formen aufweist, abgesehen von dem Schlamm im wandernden Lichtkreis von Scanlons Stirnlampe. Plötzlich wendet sich Clarke an Caraco.
    »Ich gehe«, sagt sie mit surrender Stimme, und sie verschwindet im Nichts.
    Scanlon bremst seinen Tintenfisch ab und schwimmt zu Caraco hinüber.
    »Wohin will sie?«
    »Wir sind angekommen«, sagt Caraco. Sie verharren an Ort und Stelle. Caraco schwimmt zu dem Lastentintenfisch hinüber und berührt einen Knopf an der Steuerung. Schnallen lösen sich, Gurte werden eingerollt. Der Behälter schwebt frei im Wasser. Caraco regelt den Auftrieb herunter, und der Behälter setzt auf einem Klumpen Bartwürmer auf.
    »Len… äh, Clarke«, hakt Scanlon noch einmal nach.
    »Die anderen brauchen Hilfe am Schlund. Sie ist zu ihnen unterwegs.«
    Scanlon überprüft seinen Modem-Kanal. Natürlich ist es der Richtige – wäre er es nicht, dann könnte er Caraco nicht hören. Was bedeutet, dass Clarke und die Vampire am

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