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Abitreff (German Edition)

Abitreff (German Edition)

Titel: Abitreff (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darius von Benin
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will, ist …“ Matthias grinste den Gast leicht
an. „Ich bin zwar kein Theologe, aber Juden, Christen und Moslems glauben
eigentlich alle an den gleichen Gott. Aus Sicht des Islams ist Jesus der
Vorgänger von Mohammed, die Christen glauben also nur an einen falschen
Propheten. Aber, das ist nun einmal Fakt, die drei großen monotheistischen
Religionen haben die gleichen Wurzeln, wenn man das so sagen kann. Hast du dich
mal gefragt, woher der unsägliche Hass auf Schwule kommt?“
     
    „Ehrlich gesagt: nein!“ Der Banker zuckte mit den Schultern.
     
    Der Kommunalbeamte nahm seine Brille ab. „Bei den alten Griechen war
die mannmännliche Liebe normal, es gehörte einfach zum guten Ton, dass ein
junger Mann einen älteren Freund hatte, der ihn anleitete, ihm alles
beibrachte, ihm ein väterlicher Freund war, ihn in die Dinge des Lebens, auch
die der Liebe einführte. Es war kein Problem, wenn diese besondere
Männerfreundschaft andauerte, für den allgemeinen Fortbestand war ja gesorgt.
Wieso also diese Homophobie bei den Juden?“
     
    „Ich weiß es nicht!“ Der Mann des Geldes zuckte nur mit den Schultern.
     
    Der Rechnungsprüfer spielte mit seinen Augengläsern. „Ich auch nicht,
aber betrachten wir doch mal die Gegebenheiten vor 3000 Jahren: Der
Monotheismus war damals ein Novum, die Juden also eine Art Sekte. Was macht
eine Gruppe, die an etwas Ausgefallenes, etwas Anderes glaubt und von allen
Seiten nur von Feinden umlagert ist? Sie probiert erst einmal, ihre eigene Art
zu erhalten: Der Sex wird reduziert, dient nur noch der Arterhaltung und nicht
mehr dem Vergnügen der Beteiligten. Wenn ein Mann bei einem Manne liegt, kann
er dabei zwar viel Spaß haben, aber er kann dabei keine Nachkommen zeugen,
dient also nicht mehr dem Fortbestand. Also, was macht man? Man verbietet
dieses unselige Treiben!“
     
    Der Student nickte. „Klingt logisch!“
     
    „Die Christen, quasi eine Abspaltung der Juden, sehen sich mit der
gleichen Problematik konfrontiert: der Glaube an den Einen gegen die Vielzahl
der römischen Götter. Die Christen siegen schlussendlich. Dann kommt Mohammed,
der Prophet, der ist aber auch von Feinden umgeben und stößt daher ins gleiche
Horn: Er ist gegen den Spaß und nur auf den Erhalt bedacht.“ Matthias leerte
sein Glas. „Die Geschichte geht weiter: Die Christen, mittlerweile erfolgreiche
Nachfolger der Römer – die Juden spielen im Weltgeschehen nur noch eine eher
untergeordnete Rolle – fangen plötzlich an, sich auf ihr griechisches Erbe, die
Wege ihrer Kultur, zu besinnen. Das Ergebnis ist ein Umdenken: Es ist ja doch
nicht ganz so schlimm, wenn ein Mann einen Mann liebt, mit ihm zusammen ist.“
     
    „Ist das nicht etwas weit hergeholt?“ Der junge Türke blickte
verwundert. „Schwulenhass gibt es auch hier und schwule Lebenspartner sind
Eheleuten noch längst nicht gleichgestellt.“
     
    Der Beamte schüttelte seinen Kopf. „Da hast du zwar wahr, wir haben
noch lange nicht das Paradies auf Erden, aber ohne die Aufklärung wäre ein
Umdenken überhaupt nicht möglich gewesen. Dieser Weg ist hart und steinig und
braucht auch seine Zeit, oftmals zeigt er sich nur in Kleinigkeiten, die man
kaum realisiert, aber irgendwann erkennt man das gesamte Mosaik. Nur ein
kleines Beispiel: David kämpft gegen Goliath, der Kleine besiegt den Großen.
Aber David war Jude und müsste daher – gemäß der Tradition – beschnitten
gewesen sein. Aber wie stellt Michelangelo den Kämpfer dar? Mit Vorhaut! Also
im griechischen Sinne!“
     
    „Mag ja sein! Aber wie soll mir das jetzt helfen?“ Die Frage des
Bankers war berechtigt.
     
    „Betrachte doch einfach mal die gesamten Mosaiksteine deiner Familie!
Dein Vater sitzt heute in der Bezirksvertretung, wird als Ratskandidat
gehandelt, deine Mutter ist karitativ tätig, deine Schwester studiert
auswärts.“ Matthias grinste. „Es ist egal, ob dein Vater die deutsche
Staatsangehörigkeit nur angenommen hat, um hier gewählt werden zu können oder
um dir und deinem Bruder das türkische Militär zu ersparen, es kommt nur darauf
an, dass er diesen Schritt getan hat! Deutscher wird man ja nicht über Nacht,
er wird sich diesen Schritt lange und reiflich überlegt haben, seiner Familie
von seinem Plan berichtet haben. Aber, viel wichtiger, er hat sich
entschlossen, diesen Schritt zu Ende zu gehen, auch wenn er mit einer
ablehnenden Haltung seiner Umgebung rechnen konnte.“
     
    Cem nicke nachdenklich. „Und was soll ich deiner

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