About a Boy
starb bei einem Autounfall.« »Oh. Oh, ah, verstehe.«
Will war so deprimiert über sein eigenes Geschlecht, dass er beschloss, etwas zur Wiederherstellung des Gleichgewichts beizutragen.
»Dann stehe ich wohl alleine da«, sagte er, mit, wie er hoffte, geheimnisvoll-wehmütigem Tonfall.
»Es tut mir Leid«, sagte Suzie. »Ich habe gar nicht nach Ihnen
gefragt.«
»Oh … macht nichts.«
»Sie sind also auch sitzen gelassen worden?«
»Tja. Ja, das bin ich wohl.« Er lächelte traurig und schicksals
ergeben.
»Und kommt Ihre Ex Ned besuchen?«
»Manchmal. Besonders viel liegt ihr nicht an ihm.« Er fühlte sich schon besser; es tat gut, von bösen Erfahrungen mit Frauen berichten zu können. Wohl wahr, diese böse Erfahrung war reine Erfindung, aber irgendwo, fand er, lag darin eine emotionale Wahrheit, und er sah jetzt plötzlich, dass sein Rollenspiel einen bisher unvermuteten künstlerischen Aspekt hatte. Er schauspielerte, ja, aber im edelsten, profundesten Sinn des Wortes. Er war kein Schwindler. Er war Robert de Niro. »Wie kommt er damit klar?«
»Oh … er ist ein lieber kleiner Kerl. Sehr tapfer.« »Unglaublich, was für Kraftreserven Kinder haben, nicht wahr?«
Zu seinem Erstaunen merkte er, dass ihm die Tränen in die Augen traten, und Suzie legte ihm tröstend die Hand auf den Arm. Er war aufgenommen, kein Zweifel.
7
Einiges lief wie gewohnt. Am Wochenende besuchte er seinen Vater in Cambridge und sah unheimlich viel fern. Am Sonntag besuchten er, sein Vater und Lindsey, die Freundin seines Vaters, Lindseys Mutter in ihrem Haus in Norfolk, sie machten einen Strandspaziergang, und Lindseys Mutter gab ihm ohne Grund einen Fünfer. Er mochte Lindseys Mutter, Lindsey mochte er auch. Sogar seine Mutter mochte Lindsey, obwohl sie ab und zu gemeine Sachen über sie sagte. (Er verteidigte sie nie. Er merkte sich sogar dumme Sachen, die Lindsey sagte oder tat, und erzählte sie seiner Mutter, wenn er nach Hause kam; das war einfacher.) Eigentlich waren sie alle ganz okay. Nur gab es mittlerweile so viele von ihnen. Jedenfalls kam er mit ihnen allen gut aus, und sie fanden ihn nicht sonderbar, zumindest merkte er nichts davon. Als er montags wieder zur Schule ging, dachte er schon, er hätte sich über nichts und wieder nichts aufgeregt.
Aber auf dem Heimweg nach der Schule ging alles wieder los, im Zeitungsladen um die Ecke. Dort waren sie nett und hatten nichts dagegen, dass er sich die Computerzeitschriften ansah; er konnte gut zehn Minuten dastehen und blättern, bis sie irgendwas sagten, und selbst dann waren sie freundlich und humorvoll und nicht gemein und kinderfeindlich, wie in so vielen anderen Läden. »Zutritt für höchstens drei Kinder gleichzeitig.« Er hasste das alles. Nur wegen seines Alters war man gleich ein Dieb … er weigerte sich, in Läden zu gehen, die dieses Schild im Fenster hatten. Er weigerte sich, ihnen sein Geld zu geben. »Wie geht’s deiner entzückenden Mutter, Marcus?«, fragte der Mann an der Theke, als Marcus eintrat. Seine Mutter war hier beliebt, weil sie mit ihnen über das Land redete, aus dem sie kamen; sie war früher mal da gewesen, vor langer Zeit, als sie noch ein richtiger Hippie war. »Ihr geht’s gut.« Er würde ihnen nichts erzählen.
Er fand die Zeitschrift, die er letzte Woche halb durchgelesen hatte, und vergaß alles andere. Und dann waren sie, ehe er sich versah, alle im Laden, dicht gedrängt, und sie lachten ihn wieder aus. Das Geräusch machte ihn krank. Wenn für den Rest seines Lebens kein Mensch auf der Welt mehr lachte, sollte es ihm recht sein. »Was singst du Schönes, Lockenköpfchen?«
Er hatte es wieder gemacht. Er hatte an eins der Lieder seiner Mutter gedacht, eins von Joni Mitchell über ein Taxi, aber offensichtlich war es ihm wieder herausgerutscht. Sie begannen alle unmelodisch zu summen und ab und zu sinnlose Wortfetzen einzuwerfen, wollten ihn provozieren, sich umzudrehen. Er ignorierte sie und versuchte sich auf das zu konzentrieren, was er las. Er brauchte nicht an Zeug wie Schokoladenriegel zu denken, wenn er einen Computerartikel hatte, in den er sich vertiefen konnte. Am Anfang tat er nur so, aber nach ein paar Sekunden war er wirklich richtig eingetaucht und vergaß sie völlig, und ehe er sich versah, waren sie auf dem Weg aus dem Laden. »Ey, Mohammed«, rief einer von ihnen. Das war nicht Mr. Patels Name. »Du solltest seine Taschen filzen. Der hat geklaut.« Und sie waren weg. Er durchsuchte seine Taschen
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