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About a Boy

About a Boy

Titel: About a Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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später erkannt hatte, was dieser nachvollziehbare Grund war - damals dachte er nur, sein Vater habe das Lied genauso satt wie jeder andere)-. Es war eine scheußliche Erinnerung daran, wie vollständig er im Leben versagt hatte. Sein Vater wurde ziemlich oft von Leuten zu »Santas Super Sleigh« interviewt, und sie fragten immer, was er sonst noch geschrieben habe, und dann sagte er es ihnen, spielte ihnen manchmal sogar etwas vor oder zeigte ihnen Platten, auf denen eines seiner anderen Lieder vertreten war. Dann machten sie ein betretenes Gesicht, gaben mitfühlende Laute von sich und sagten ihm, wie schwer ein Mensch es habe, der nur für eine einzige Sache berühmt sei, die schon lange zurückliege, und fragten ihn, ob dieses Lied sein Leben ruiniert habe oder ob er wünsche, es nie geschrieben zu haben. Dann wurde er wütend und sagte ihnen, sie sollten gefälligst nicht so dumm und herablassend und unsensibel sein, und wenn sie gegangen waren, beklagte er sich bitter, dieses Lied habe sein Leben ruiniert, und er wünschte, es nie geschrieben zu haben. Ein Radiojournalist war sogar hingegangen und hatte eine allein von seinem Interview mit Charles Freeman inspirierte Sendereihe mit dem Titel One-Hit Wonders gemacht, in der es ausschließlich um Leute ging, die ein großartiges Buch oder ein berühmtes Lied geschrieben hatten oder in einem einzigen Film aufgetreten waren; der Journalist hatte sogar die Stirn gehabt, Wills Vater um ein weiteres Interview zu bitten, und dieser hatte aus verständlichen Gründen abgelehnt.
    Daher war Weihnachten eine Zeit des Zorns, der Bitterkeit, des Bedauerns und der Selbstanklagen, der Saufgelage, der besessenen und lächerlich unzulänglichen Fleißarbeiten (einmal hatte sein Vater am ersten Weihnachtstag in einem zum Scheitern verurteilten Versuch, zu beweisen, dass sein Talent noch nicht erschöpft war, ein komplettes und komplett unbrauchbares Musical geschrieben). Es war auch die Zeit der Geschenke am Kamin, aber schon mit neun Jahren hätte Will gerne seine Spirographen und Batmobile gegen etwas Frieden und Wohlgefallen eingetauscht.
    Aber die Zeiten änderten sich. Sein Vater starb, und dann seine Mutter, er verlor seinen Stiefbruder und seine Stiefschwester, die sowieso alt und langweilig waren, aus den Augen, Weihnachten verbrachte er normalerweise mit Freunden oder den Familien von Freundinnen, und geblieben war nur »Santa’s Super Sleigh«, der ihm durch den tiefen Schnee die Schecks brachte. Aber das war mehr als genug. Will hatte sich oft gefragt, ob es irgendein anderes dummes Lied gab, in dessen tiefsten Tiefen ebenso viel Schmerz und Verzweiflung und Reue steckten. Er bezweifelte es. Bob Dylans Exfrau hörte sich Blood on the Tracks wahrscheinlich nicht allzu oft an, aber Blood on the Tracks war anders, darin ging es um Kummer und Enttäuschungen. »Santa’s Super Sleigh« war ganz anders gedacht, und trotzdem hatte er jedes Mal das Gefühl, einen steifen Drink, einen Psychiater oder eine Schulter zum Ausheulen zu brauchen, wenn er das Lied in den Wochen vor dem 25. Dezember in einem Kaufhauslift oder aus dem Lautsprecher eines Supermarktes hörte. Vielleicht gab es irgendwo noch andere wie ihn; vielleicht sollte er eine Selbsthilfegruppe für Komponisten erfolgreicher Novelty-Songs ins Leben rufen, reiche, verbitterte Männer und Frauen, die in teuren Restaurants hockten und sich über Hündchen und Vögelchen und Bikinis und Milchmänner und grässliche Tänze unterhielten. In diesem Jahr hatte er keinerlei Pläne für Weihnachten. Es gab keine Freundin, also auch keine Eltern einer Freundin, und obwohl er Freunde hatte, denen er sich aufdrängen konnte, war ihm nicht danach. Er würde zu Hause sitzen, sich Tausende von Filmen ansehen und sich betrinken und zukiffen. Warum nicht? Er hatte sich ebenso wie jeder andere eine Pause verdient, auch wenn es nichts gab, wovon er Pause machen könnte.
    Der erste, an den er dachte, als er die Straßenmusikerin an der U-Bahn-Station hörte, war sein Vater, der nicht zu bannende Geist der vergangenen Weihnacht, und der zweite war Marcus. Er wusste nicht, warum. Seit dem Zwischenfall mit den Turnschuhen hatte er nur noch selten an ihn gedacht, und er hatte keinen Kontakt mehr mit Marcus gehabt, seit ihn Fiona die Woche zuvor aus der Wohnung gezerrt hatte. Vielleicht kam es daher, dass Marcus das einzige Kind war, das er gut kannte, wenn Will auch bezweifelte, dass er sentimental genug war, die widerliche Vorstellung zu

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