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About a Boy

About a Boy

Titel: About a Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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seien dagegen, aber sie sahen sie sich trotzdem an. Sie dachten das eine und taten das andere. Bei Marcus zu Hause war es anders. Sie legten fest, was schlecht war, und dann ließen sie für immer die Finger davon. Er sah ein, dass darin eine gewisse Logik lag: Er fand Stehlen falsch und Töten falsch, also stahl er nichts und brachte keine Leute um. War es wirklich so einfach? Er war da nicht so sicher.
    Aber er erkannte: das war der springende Punkt. Deswegen trug er Klamotten, über die andere Kinder lachten - weil sie dieses Gespräch über Mode geführt hatten und sich einig gewesen waren, dass Mode dumm war -, und deswegen hörte er Musik, die altmodisch war oder von der noch nie jemand was gehört hatte - weil sie dieses Gespräch über moderne Popmusik geführt hatten und sich einig waren, dass sie nur eine Masche war, mit der Plattenfirmen das große Geld machten. Deswegen durfte er keine gewalttätigen Computerspiele spielen oder Hamburger essen oder dies und das und sonst was tun. Und er hatte ihr in allem zugestimmt, aber er hatte nicht wirklich zugestimmt; ihm waren nur die Argumente ausgegangen. »Warum sagst du mir nicht einfach, was ich tun soll? Warum müssen wir immer darüber reden?« »Weil ich möchte, dass du selbständig denkst.« »War das dein Plan?« »Welcher Plan?«
    »Als du neulich gesagt hast, du wüsstest, was du tust.«
»Wobei?«
»Beim Muttersein.«
»Habe ich das gesagt?«
»Ja.«
    »Oh. Okay. Nun, natürlich will ich, dass du selbständig denkst. Das wollen alle Eltern.«
    »Aber es läuft immer darauf raus, dass wir diskutieren und ich verliere und dann tue, was du von mir willst. Die Zeit könnten wir uns sparen. Sag mir nur, was du mir nicht erlaubst, und den Rest sparst du dir.« »Wie sind wir überhaupt darauf gekommen?« »Ich habe selbständig nachgedacht.« »Um so besser.«
    »Ich habe selbständig nachgedacht, und ich möchte Will nach der Schule besuchen gehen.« »Diese Diskussion hast du schon verloren.«
    »Ich muss auch mal mit anderen Menschen zusammen sein als
nur mit dir.«
»Was ist mit Suzie?«
»Sie ist wie du. Will ist nicht wie du.«
    »Nein, er ist ein Lügner, und er arbeitet nicht, und … « »Er hat mir diese Turnschuhe gekauft.«
    »Ja. Er ist ein reicher Lügner, der nicht arbeitet.« »Er kennt sich aus mit der Schule und so. Er weiß alles Mögliche.«
    »Er weiß alles Mögliche! Marcus, der weiß nicht mal, dass er geboren ist!«
    »Siehst du, was ich meine?« Er wurde immer frustrierter. »Ich denke selbständig nach, und du … es funktioniert einfach nicht. Du gewinnst sowieso.«
    »Weil du keine überzeugenden Argumente hast. Es genügt
nicht, selbständig nachzudenken. Du musst es mir auch be
weisen.«
»Wie beweise ich es dir?«
»Nenn mir einen guten Grund.«
    Er konnte ihr einen guten Grund nennen. Es wäre nicht der wahre Grund, und er sagte es nicht gerne und er war ziemlich sicher, dass sie anfangen würde zu weinen. Aber es war ein guter Grund, ein Grund, der sie zum Schweigen bringen würde, und wenn das nötig war, um in einer Diskussion zu überzeugen, würde er ihn vorbringen. »Weil ich einen Vater brauche.«
    Es brachte sie zum Schweigen, und sie fing an zu weinen. Es erfüllte seinen Zweck.

    18

    Der neunzehnte November. Der gottverdammte neunzehnte November. Das war definitiv ein neuer Rekord, konstatierte Will düster. Im letzten Jahr war es der gottverdammte sechsundzwanzigste November gewesen. Bis Dezember hatte er es seit Jahren nicht mehr geschafft; er sah es kommen, dass er, wenn er erst fünfzig oder sechzig war, den ersten Vortrag von »Santa’s Super Sleigh« im Juli oder August zu hören bekam. In diesem Jahr war es eine Straßenmusikerin am Fuß der Rolltreppe in der U-Bahn-Station Angel, eine fröhliche, hübsche junge Frau mit einer Geige, die sich offensichtlich so ihr Musikstudium finanzierte. Will legte all seinen Hass in den finsteren Blick, den er ihr zuwarf, ein Blick, der klarmachen sollte, dass er ihr nicht nur kein Geld geben würde, sondern auch liebend gern ihr Instrument zerschmettert und dann ihren Kopf an die Rolltreppenstufen getackert hätte.
    Will hasste Weihnachten aus nachvollziehbarem Grund: Leute klopften an seine Tür, sangen das Lied, das er mehr als alle anderen auf der Welt hasste, und erwarteten von ihm, ihnen Geld zu geben. Noch schlimmer war es gewesen, als er noch ein Kind war, weil sein Vater Weihnachten ebenfalls aus nachvollziehbarem Grund gehasst hatte (obwohl Will erst sehr viel

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