About a Boy
diesem Abend, als er allein zu Hause saß und sich die Art von Musik anhörte, die er hören musste, wenn er in derartiger Verfassung war, Musik, die seinen wunden Punkt traf und kräftig darauf drückte, musste er wieder an den Deal denken, zu dem Marcus bereit gewesen war. Doch, er wollte Rachel anfassen (die Phantasien, in denen die riesigen Hotelbetten vorkamen, schlossen Anfassen definitiv mit ein), aber hier und jetzt, dachte er, würde er sich, wenn er wählen müsste, auch mehr oder weniger mit dem zufrieden geben, was Marcus wollte.
Die Unterhaltung in der Spielhalle hatte zumindest den Vorteil, eine Gemeinsamkeit zwischen ihnen zu schaffen. Sie hatten sich beide zu etwas bekannt, das Geständnis gemacht, dass sie jemanden begehrten, und alles in allem waren diese Geständnisse einander gar nicht so unähnlich, obwohl die dazugehörigen Jemande offensichtlich nicht verschiedener sein konnten. Will konnte sich nach Marcus’ Beschreibungen kein sehr deutliches Bild von Ellie machen - er kam nur bis zu dem Bild eines rasenden Zornknäuels mit schwarz angemalten Lippen, einer schwer vorstellbaren Kreuzung zwischen Siouxsie von den Banshees und dem Roadrunner - aber er konnte sie sich gut genug vorstellen, um zu erkennen, dass Ellie und Rachel niemals als Zwillinge durchgehen würden. Trotzdem schien diese Gemeinsamkeit mehr als auszureichen, um Marcus davon zu überzeugen, dass es unloyal von ihm und ein böses Omen für seine eigenen Sehnsüchte wäre, nicht einen Nachmittag lang Wills Sohn zu spielen. Also rief Will mit klopfendem Herzen an und schlug für sie beide eine Einladung zum samstäglichen Lunch heraus. Marcus kam kurz nach zwölf vorbei und trug den flauschigen Pullover, den ihm Fiona zu Weihnachten geschenkt hatte, dazu eine katastrophale kanariengelbe Cordhose, die an einem Vierjährigen möglicherweise reizend ausgesehen hätte. Will trug sein Lieblingshemd von Paul Smith und eine schwarze Lederjacke, in der er, wie er sich gerne einbildete, ein bisschen wie Matt Dillon in Dr ugstore Cow boy aussah. Will vermutete, dass Marcus eine erfrischende, rebellische Missachtung für das Dandytum seines Vaters zum Ausdruck bringen wollte, also nahm er es als so etwas wie ein Kompli ment und widerstand der Versuchung, mit ihm einkaufen zu gehen.
»Was hast du deiner Mutter erzählt?«, fragte Will ihn, als sie im Auto zu Rachel fuhren.
»Ich habe ihr gesagt, du wolltest mir deine neue Freundin vor
stellen.«
»Und sie fand das in Ordnung?«
»Nein. Sie hält dich für verrückt.«
»Das überrascht mich nicht. Warum sollte ich dich mitnehmen, um dir meine neue Freundin vorzustellen?«
»Warum solltest du deiner neuen Freundin erzählen, dass ich dein Sohn bin? Beim nächsten Mal kannst du dir ja eigene Ausreden einfallen lassen, wenn dir meine nicht passen. Hör mal, ich habe ein paar Fragen. Wie viel wog ich bei meiner Geburt?« »Weiß ich nicht. Es war deine Geburt.«
»Schon, aber du solltest es wissen, oder nicht? Wenn du mein Vater bist, meine ich.«
»In dieser Phase unserer Beziehung sind wir bestimmt über das Geburtsgewicht hinaus, oder? Wärst du zwölf Wochen alt, könnte das ein Thema werden, aber mit zwölf Jahren … « »Okay. Wann habe ich dann Geburtstag?«
»Marcus, Rachel hegt keinerlei Verdacht, dass wir nicht Vater und Sohn sind. Sie wird nicht versuchen, uns auszuhorchen.« »Aber angenommen, es käme zur Sprache. Angenommen, ich würde sagen, mein Vater hätte mir zum Geburtstag eine neue Playstation versprochen, und sie würde dich fragen: Wann ist denn sein Geburtstag?«
»Warum sollte sie mich fragen? Warum nicht dich?«
»Nur angenommen.«
»Okay, wann hast du Geburtstag?«
»Am neunzehnten August.«
»Das merke ich mir, versprochen. Neunzehnter August.«
»Und was ist mein Lieblingsessen?« »Sag schon«, sagte Will ergeben.
»Nudeln mit der Tomaten-Pilz-Sauce, wie Mum sie macht.« »Schön.«
»Und wo war ich zum ersten Mal im Ausland?« »Ich weiß nicht. Grenoble.«
»Puh«, machte Marcus verächtlich. »Was hätte ich denn da
verloren? Barcelona.«
»Okay. Verstanden. Barcelona.«
»Und wer ist meine Mutter?«
»Wie?«
»Wer ist meine Mutter?«
Die Frage war so banal und doch so relevant, dass sie Will für einen Moment völlig aus dem Konzept brachte. »Deine Mutter ist deine Mutter.«
»Also warst du mit meiner Mutter verheiratet, und ihr habt
euch getrennt.«
»Ja. Irgendwie so.«
»Und belastet dich das? Oder mich?«
Plötzlich ging ihnen beiden die
Weitere Kostenlose Bücher