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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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Kondenswasserperlchen bedeckt war; ein Räucherstäbchen brannte friedlich vor sich hin. Der Rauch stieg spiralförmig nach oben und entschwand in den lichtdurchfluteten Weiten der hohen Glaskuppel, die sich über der Mall wölbte. Der Schmuck war nicht besonders ausgefallen, aber hübsch. Reihenweise Ohrringe aus Silber mit Türkisen lagen dort, ein umfangreiches Sortiment bunter Perlenketten und mehrere rechteckige Kästen mit Ringen in allen möglichen Größen. Ich beugte mich vor, angelte mir einen ziemlich dicken mit rotem Stein, hielt ihn gegen das Licht, drehte ihn ein paar Mal prüfend hin und her.
    »Oh! Moment! Hallo!«
    Ich zuckte erschrocken zusammen, legte sofort den Ring wieder an seinen Platz. Die rothaarige Frau, bei der Nate neulich die Pakete abgeholt hatte   – Harriet   –, eilte geschäftigauf mich zu, einen Kaffeebecher in der Hand. Sie war außer Atem, quasselte aber trotzdem nonstop.
    »Tut mir leid«, keuchte sie und stellte den Kaffee neben den Smoothie auf die Theke. »Ich versuche zwar gerade, mir das ewige Kaffeetrinken abzugewöhnen«   – sie hielt inne, um tief Luft zu holen, was dem Geräusch nach zu urteilen auch anscheinend dringend nötig gewesen war   – »indem ich auf Smoothies umsteige. Viel gesünder, nicht wahr? Aber dann kamen die Kopfschmerzen und ich bin fast zusammengebrochen, deshalb musste ich schnell rüber und mir eine kleine Dröhnung holen.« Sie atmete noch einmal tief durch, fächelte sich mit der Hand Luft zu. »Aber jetzt bin ich ja hier. Gerade noch rechtzeitig, oder?«
    Ich blickte sie stumm an. Wusste nicht richtig, was ich sagen sollte. Vor allem, weil sie immer noch so keuchte. Nun, da ich sie das erste Mal richtig von Nahem sah, schätzte ich sie auf Mitte dreißig, vielleicht auch etwas älter. Aber wegen ihrer Sommersprossen, Haare und Klamotten   – Hüftjeans, Wildleder-Clogs, T-Shirt mit
Namaste
-Aufdruck   – ließ sich das schwer genau sagen.
    »Moment mal.« Sie hob die Hand und deutete auf mich; ein ganzes Bündel Armreifen glitt klirrend an ihrem Unterarm entlang. »Kennen wir uns irgendwoher? Haben Sie schon einmal etwas bei mir gekauft?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich saß neulich bei Nate im Auto«, antwortete ich. »Als er Ihre Pakete abgeholt hat.«
    Sie schnippte mit den Fingern. Wieder dieses klirrende Armbandgeräusch. »Stimmt. Als er so gehupt hat. Meine Güte, ich habe mich bis heute kaum davon erholt.«
    Ich lächelte flüchtig. Blickte erneut auf die Schmuckauslage. »Machen Sie das alles selbst?«
    »Ja, ich bin eine One-Woman-Show. Was manchmalnicht von Vorteil ist.« Schwungvoll setzte sie sich auf einen Barhocker neben der Ladentheke und nahm ihren Kaffeebecher in die Hand. »Die mit den roten Steinen, da, in der zweiten Reihe, habe ich gerade erst angefertigt. Die meisten Leute denken, Rothaarige dürften kein Rot tragen, aber das ist Unsinn. Einer der ersten großen Irrtümer meines Lebens übrigens. Dabei habe ich den Quatsch jahrelang geglaubt. Ist das nicht schade?«
    Ich warf ihr einen Blick zu. Ob sie aus der Ferne wohl mitgekriegt hatte, wie ich mir zufällig genau diesen Ring anschaute? Ich nickte, betrachtete ihn noch einmal.
    »Ihre Kette mitsamt dem Anhänger gefällt mir
ausnehmend
gut«, meinte sie unvermittelt. Als ich aufsah und bemerkte, dass sie sich leicht vorgebeugt hatte, um sie genauer anzuschauen, hob ich intuitiv die Hand, um
ihn
zu berühren.
    »Bloß ein Schlüssel«, erwiderte ich.
    »Mag sein.« Sie trank noch einen Schluck Kaffee. »Aber das Stück wird gerade durch den Kontrast interessant. Massiver Schlüssel aus Kupfer an fein ziselierter Kette. Man würde meinen, das sähe seltsam aus oder klobig oder etwas in der Art. Tut es aber nicht. Es funktioniert.«
    Ich blickte an mir hinunter. Dachte an den Tag, an dem ich losgezogen war, um eine Kette für den Schlüssel zu finden, die dünn genug wäre, damit ich sie durch das Loch fädeln konnte, und gleichzeitig so stark, dass sie nicht riss, wenn er dranhing. Ich war es nämlich leid gewesen, ständig meine Taschen oder meinen Rucksack nach unserem Haustürschlüssel zu durchwühlen. Damals hatte ich nicht groß darüber nachgedacht, wollte bloß etwas Geeignetes finden, um den Schlüssel bequem bei mir tragen zu können; doch als ich mich nun in einem der Spiegel betrachtete, die mirgegenüber hingen, konnte ich nachvollziehen, was sie meinte. Es sah wirklich auf eine ganz eigene Weise hübsch aus. Und ungewöhnlich

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