About Ruby
eingesehen, dass sie kurz vor einem echten Nervenzusammenbruch steht. Ich meine, ist dir aufgefallen, wie viel Kaffee sie in sich hineinschüttet?«
»Ich dachte, sie hätte sich auf Smoothies verlegt. Habt ihr beide deswegen nicht eine Wette laufen?«
»Die sie bereits verloren hat. Mehrfach«, antwortete Reggie. »Sie schuldet mir ungefähr tausend Dollar.«
»Was treibt ihr zwei da?«, erkundigte Harriet sich resolut. Sie kam mit einem großen Kaffeebecher in der Hand auf uns zu. »Kaum engagiere ich jemanden, lenkt ihr sie schon ab.«
»Ich habe ihr bloß ein paar Vitamin- B-Komplex -Pillen angeboten«, entgegnete Reggie. »Ich denke, die kann sie in nächster Zeit gut brauchen.«
»Witzig«, grummelte Harriet und nahm das Blatt entgegen, das Nate ihr hinhielt.
Während sie die Seite überflog, meinte er zu ihr: »Ich persönlich find’s klasse, dass du dir endlich eingestanden hast, wie nötig du Hilfe brauchst. Der erste Schritt auf dem Weg zur Heilung.«
»Ich bin selbstständig, mit einer Winzfirma«, antwortete sie. »Viel zu arbeiten gehört dazu. Frag deinen Vater.«
»Würde ich ja«, meinte Nate. »Wenn ich ihn je zu Gesicht bekäme. Aber er arbeitet eigentlich ununterbrochen.«
Sie warf ihm einen Blick zu: haha. Nahm einen Stift, der auf der Theke lag, unterschrieb unten auf der Seite, gab ihm das Blatt zurück. »Möchtest du einen Scheck oder kannst du mir eine Rechnung schicken?«
»Rechnung ist okay.« Nate faltete das Blatt zusammen, steckte es in seine Hosentasche. »Obwohl mein Vater Kunden dieser Tage dringend empfiehlt, auf unser automatisiertes Einzugsermächtigungsverfahren umzusteigen.«
»Was ist das denn?«
»Wir schicken dir zwar nach wie vor Rechnungen, ziehen den Betrag aber direkt von deinem Konto ab. Der Auftrag wird einmalig eingerichtet, anschließend kannst du die ganze Sache vergessen und brauchst dir wegen der pünktlichen Bezahlung überhaupt keine Gedanken mehr zu machen«, erklärte Nate. »Interessiert? Die Formulare liegen im Auto,du könntest dir das Leben auf die Weise sehr viel einfacher machen.«
Harriet durchfuhr ein leichter Schauer. »Nein danke. Es macht mich schon nervös genug, dass ich dich meine Sachen verschicken lasse.«
Nate warf mir einen Hab-ich’s-dir-nicht-gleich-gesagt?-Blick zu. »Okay, lass es dir einfach durch den Kopf gehen«, meinte er, an Harriet gewandt. »Brauchst du im Moment sonst noch etwas?«
»Nichts, wobei du mir helfen könntest.« Harriet seufzte. »Ich meine, ich muss Ruby noch so viel erklären und beibringen. Zum Beispiel, wie man die Auslagen arrangiert, wann man sie auf- und wieder abbaut, je nach Öffnungszeiten, wie man die Bestände korrekt nach Größe und Steinen sortiert, und zwar alphabetisch, ich habe da so mein eigenes System . . .«
»Keine unlösbare Aufgabe, da bin ich mir sicher«, bemerkte Nate.
Doch sie fuhr fort: »Ganz zu schweigen davon, wie man einmal pro Woche den Code für das automatische Schloss an der Kasse ändert, die Räucherstäbchen auswechselt, sodass uns nicht plötzlich eine Sorte fehlt und von einer anderen noch zu viel da ist. Und unseren Notfallplan muss ich ihr natürlich auch noch erklären – dringend.«
»Euren was?«, fragte Reggie.
»Unseren Notfallplan«, wiederholte Harriet.
Er sah sie fragend an.
»Hast du etwa keinen Plan, wie du reagierst, wenn hier im Einkaufszentrum ein terroristischer Anschlag verübt wird? Oder ein Hurrikan im Anmarsch ist? Was du vernünftigerweise tust, wenn du aus der Mall ganz schnell rausmusst?«
Reggie schüttelte perplex den Kopf. »Schläfst du nachts eigentlich je?«
»Nein«, sagte Harriet. »Wieso?«
Nate trat dicht an mich heran und raunte mir zu: »Viel Glück. Du wirst es brauchen.«
Ich nickte. Er winkte Harriet und Reggie im Davongehen grüßend zu. Dann war er weg. Ich wandte mich der Schmuckauslage zu und machte mich innerlich bereit für den Lehrgang zum Thema »Verhaltensweisen im Fall terroristischer Aktivitäten«, doch Harriet nahm ihren Kaffeebecher in die Hand und einen weiteren, nachdenklichen Schluck. »Ihr seid also befreundet, Nate und du?«
»Nachbarn«, entgegnete ich. Sie zog fragend die Augenbrauen hoch, deshalb fügte ich hinzu: »Ich meine, wir haben uns erst diese Woche kennengelernt. Wir fahren zusammen zur Schule.«
»Ach so.« Sie stellte den Becher wieder auf die Verkaufstheke. »Er ist ein netter Typ. Wir nehmen uns zwar ständig auf den Arm, aber ich mag ihn wirklich.«
Ich wusste, auf das
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