Abraxmata
sicher noch, in welche Richtung du gestern losgegangen bist, das weiß ja sogar ich noch.« Zielstrebig flog Hevea nach Westen, der untergehenden Sonne entgegen, als sich eine schrille Stimme aus dem Untergrund meldete.
»Ich komme auch mit!« Die Erde spritzte neben Abraxmata nach oben und der braune Lockenkopf von Famora kam zum Vorschein. Zum Glück entging es ihr, dass Hevea ihre Augen seufzend verdrehte.
Abraxmata beschrieb den beiden die seltsamen, fremden Nadelbäume.
»Von solchen Bäumen habe ich noch nie gehört, auch von Penton nicht. Bist du dir sicher, dass du durch die geheimnisvolle Macht nicht nur eine Halluzination hattest?«, fragte Hevea.
»Mich überrascht nichts mehr, aber in letzter Zeit habe ich erleben müssen und dürfen, dass es vieles in diesem Wald, der mir immer so vertraut schien, gibt, das ich vorher nicht auch nur erahnt habe.«
Bis die tiefe Dunkelheit dieser trüben Nacht sie umhüllt hatte, gingen sie noch nebeneinanderher, immer in Richtung Westen. Auf dem ganzen Weg war ihnen nichts Seltsames aufgefallen, auch keine hohen Nadelbäume. An einer kleinen Lichtung legte sich Famora erschöpft ins Gras. Ihre Kraft reichte nicht einmal mehr aus, sich mit Erde zuzuscharren, und das wollte etwas heißen. Hevea und Abraxmata sahen sich mit einem kurzen Blick an, dann hatten sie schon verstanden. Abraxmata legte sich neben Famora ins feuchte Gras und rollte sich eng zusammen, denn die Nacht war sehr kalt. Hevea stand in der Luft, sie ließ ihre blauen Flügel langsam und gleichmäßig flattern.
Ruhe senkte sich über die Freunde. Hevea hatte immer die Augen offen, jedoch schien eine unbeschreibliche Ruhe in sie eingekehrt zu sein. Sie atmete tief und ruhig wie eine Schlafende und ihre Augen blickten starr und leer in die Nacht hinaus.
Die ersten Funken des Tageslichtes taten wohl auf Abraxmatas Haut, denn sie erwärmten seinen Körper etwas. Die ganze Nacht hatte er sich hin und her gewälzt, verfolgt von bösen Träumen und eingeschlossen von der Kälte der Nacht. Er blinzelte durch seine verschlafenen Augen. Der Himmel war von dichten grauen Wolken überzogen, die schwer vor der Sonne hingen und diese nicht passieren ließen. Von Famora war nichts zu sehen. Sie musste auch gefroren haben und hatte sich wohl in die Erde vergraben, denn ein größerer Erdhügel, der mit dem umgeschaufelten Gras gespickt war, verriet, wo sie sich befand. Heveas Blick hatte sich während der ganzen Nacht nicht verändert, sie hatte mit keiner Wimper gezuckt. Als Abraxmata festgestellt hatte, dass alle anderen noch schliefen, wollte auch er versuchen, noch ein bisschen Ruhe zu finden, was ihm vielleicht in der Wärme des Tages leichter fiel. Für die bevorstehende Suche würde er viel Kraft brauchen und so kuschelte er sich noch einmal eng in sich zusammen.
Er wurde wenig später von einer völlig aufgebrachten Hevea unsanft aus den Träumen gerissen. Nachdem sie zum fünften Mal versucht hatte, ihn mit ihrer Stimme zu wecken und alles Rütteln und Schütteln mit ihren sanften Gliedmaßen sich für Abraxmata nur wie ein zarter Windhauch anfühlte, hatte sie ein grünes Mooskissen ausgerissen, es mit Morgentau getränkt und über Abraxmatas Kopf ausgewunden.
Schimpfend und prustend schüttelte er sich das kalte Wasser aus seinem türkisfarbenen Fell. »Warum um Himmelswillen hast du es nur immer so eilig?«, fragte er, während er durch seine verschlafenen Augen blinzelte.
»Famora ist weg!«, antwortete Hevea, die über Abraxmatas Ruhe sichtlich aufgebracht zu sein schien.
»Was soll das heißen, sie ist weg?«, sagte Abraxmata und drehte sich zu der Stelle, an der Famora an diesem Morgen, als er das erste Mal die Augen geöffnet hatte, noch unter einem Erdhügel vergraben gelegen hatte. Jetzt war an dieser Stelle nur noch die Mulde zu sehen, in der sie geschlafen hatte, und mit Gras vermischte Erde lag aufgetürmt darum herum.
Hevea schien sich sichtlich Sorgen zu machen. Ihre Stirn war in Falten geworfen, als sie weitersprach: »Wir müssen sie unbedingt finden, es kann ihr sonst was zugestoßen sein. Ein Dunkel umhüllt diese Wälder, keiner von uns sollte sich in Zukunft mehr alleine von den anderen fortbewegen. Aber vielleicht ist sie gar nicht freiwillig aufgestanden und weggegangen.«
»Vielleicht wollte sie sich aber auch nur ein bisschen die Beine vertreten, oder ihre Morgentoilette machen«, entgegnete Abraxmata, der Heveas Aufregung nicht so ganz nachvollziehen konnte.
Dennoch machten
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