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Abraxmata

Abraxmata

Titel: Abraxmata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bannert
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Bewegungen wirkten wie in Zeitlupe und auch Hevea fiel das Schweben mit jedem Flügelschlag schwerer. Die Dunkelheit griff immer mehr um sich und sie hatten Probleme, ihre eigenen Schritte noch zu sehen. Um sich nicht zu verlieren, riefen sie sich gegenseitig ihre Namen zu. Es schien ihnen, als wären sie schon seit Tagen dabei, die Schlucht hinunterzuklettern.
    »Ich kann nicht mehr, lange halte ich das nicht mehr aus. Jemand scheint mich festzuhalten und nicht loszulassen, obwohl ich sicher bin, wenn ich mich fallen ließe, würde er loslassen. Wie lange dauert denn der Abstieg noch?«, fiepte Famora, und Tränen der Anstrengung kullerten ihr dabei über die Wangen.
    »Ich fliege ein bisschen weiter in den Nebel hinein, vielleicht kann ich schon etwas sehen«, rief Hevea ihnen aus dem undurchsichtigen Wasserdampf zu. Wenig später kam sie zurück. »Ich konnte nicht herausfinden, wie weit es noch nach unten ist, aber noch etwa zehn Meter weiter unten und ein bisschen weiter links ist die Erde ungleichmäßig abgebrochen und ein kleiner Vorsprung hat sich ergeben, an dem wir uns ein bisschen ausruhen können.« Der Weg bis zum verdienten Erholungsplatz schien ihnen unbeschreiblich weit zu sein. Als sie ihn endlich erreicht hatten, konnten Abraxmata und Famora ihre Augen kaum noch vor Erschöpfung aufhalten. Wie ein erlegtes Tier stürzten sie dort in sich zusammen und trotz der Kälte, des unangenehmen Nebels sowie des prasselnden Regens fielen ihnen sofort die Augen zu. Hevea schwebte über ihnen und ihre Augen bekamen wieder ihren starren, schlafenden Blick.
    Als Abraxmata die Augen öffnete, war sein Fell an den Spitzen mit Raureif geziert. Er lag auf dem Rücken und blickte nach oben, wo die milde Herbstsonne sich zwischen den Wolken etwas hervordrückte. Sie stand weit im Osten, und Abraxmata wurde klar, dass sie eine ganze Nacht hier verbracht haben mussten. Famora lag neben ihm in der dreckigen Erde, zum Glück hatte sie der Versuchung widerstanden, sich einzugraben. Er blickte zu Hevea hoch. Ihre Augen blickten in die Ferne, doch als er sie tief ansah, breitete sich ein Lächeln über ihrem Gesicht aus. Erst jetzt wagten es die beiden, hinunter in die Schlucht zu blicken. Der Nebel hatte sich durch den lang anhaltenden Regen der letzten Nacht aufgelöst und der Anblick eines mächtigen dunklen Tales, weit in der Tiefe, bot sich ihnen dar. Dicke schwarze Felsblöcke, wie aus dem Nichts gewachsen, krochen von unten der braunen Erde entgegen. Ein brauner Fluss, der von dunkelbraunen Bäumen gesäumt wurde, schlängelte sich durch das ganze Gebiet, soweit sie sehen konnten. Keiner dieser Bäume schien, zumindest auf die Entfernung, auch nur ein Blatt zu tragen und die Kronen der Bäume waren nicht nach oben, dem Licht entgegen, gewachsen, sondern bildeten ein plattes Fundament, an dessen Rändern die Äste umkehrten und sich wieder dem Boden entgegenschlängelten.
    Abraxmata rüttelte Famora vorsichtig wach. Schweigend sahen die drei nebeneinander in die Tiefe der Schlucht. Es würde noch mindestens einen Tag dauern, bis sie dort unten ankommen würden, und wie Abraxmata und Famora jemals wieder nach oben kommen sollten, daran wagte keiner zu denken.
    »Wir sollten aufbrechen, auf dass wir bis zum Abend unten angelangen«, hauchte Abraxmata mit abwärts gerichtetem Blick.
    Der Weg fiel ihnen in der Helligkeit des Tages und bei einigermaßen trockener Erde deutlich leichter als am Abend zuvor. Auch der dicke Nebel war verschwunden und erfror nicht mehr ihre Glieder. Dennoch waren sie ausgelaugt durch die Anstrengungen der letzten Tage und konnten nur mit Mühe die nötige Kraft und Konzentration aufbringen, um jeden Tritt so überlegt zu setzen, wie es notwendig war.
    Die Sonne hatte die Wolken verdrängt und brannte nun gnadenlos auf sie herunter. Die Erschöpfung durchzog Abraxmatas und Famoras Körper und der starke Durst, den sie alle drei verspürten, vernebelte ihnen die Sinne. Immer wieder hielten sie kurz inne, verschnauften und blinzelten in die brennende Sonne. Hevea flog ab und zu ein Stückchen voraus, nach unten oder links und rechts an der Wand entlang, um entgegen aller Hoffnungen irgendwo vielleicht doch eine kleine sprudelnde Quelle zu entdecken. Die nach oben kriechenden Felsen, die zuvor nur als große schwarze Blöcke für sie zu erkennen waren, wurden langsam scharf und gaben ihre Oberflächenstruktur preis. Dicke schwarze Spitzen ragten ihnen vom oberen Rand des Gebirges entgegen. Wer

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