Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)
nicht schwer, Koula bringt dir alles bei«, meint Katerina.
Der Computer lässt mich daran denken, dass ich als Kriminalrat einen Dienst- PC bekommen hätte. Doch weder ich noch Gikas sind befördert worden, denn ein Regierungswechsel kam dazwischen, und da wurden die Posten gleich an die eigenen Leute verteilt.
»Jetzt stehen wir dumm da, Kostas. Mit allem hatte ich gerechnet, nur nicht mit Neuwahlen. Ich verheimliche nicht, dass ich so meine Beziehungen habe. Aber hier bei uns muss man bei allen Parteien den Fuß in der Tür haben. Und das ist praktisch unmöglich«, sagte Gikas deprimiert, während ich mich fragte, wen er mehr bedauerte: mich oder sich selbst. Jedenfalls hat sich wieder einmal der alte Spruch meines Vaters bewahrheitet: »Je hochfliegender die Hoffnung, desto übler die Bruchlandung.« Nicht, dass ich mir wegen der fehlgeschlagenen Beförderung graue Haare wachsen lasse, aber ein Bündel Drachmenscheine mehr im Monat hätte mich auch nicht gestört.
Dann schiebe ich die unangenehmen Gedanken beiseite und trete an den Tisch, wo schon alle versammelt sind, um den Neujahrskuchen anzuschneiden. Während die traditionellen Neujahrslieder aus dem Fernseher ertönen, schlage ich das Kreuzzeichen und verteile die Süßigkeit. Vorsichtig befingert ein jeder sein Stück, um die im Kuchen versteckte Münze zu finden.
»Hier, ich hab sie.«
»Glückwunsch, Onkel Lambros! Das wird ein gutes Jahr für dich!«, sagt Katerina unter den Hochrufen der anderen.
»Das Glück kommt spät, aber es kommt«, erwidert Sissis heiter und nimmt die guten Wünsche aller mit einem schüchternen Lächeln entgegen.
»Mein Gott, was ist denn da los?«, ruft Adriani plötzlich aus.
Auf dem Fernsehbildschirm ist vor lauter umherschwirrendem Konfetti fast nichts mehr von der Silvesterparty auf dem Syntagma-Platz zu sehen.
»Das sind ja Drachmen!«, ruft Sevasti aus.
Tatsächlich, die Papierfetzen sind Spielgeldscheine: Hunderter, Tausender und Fünftausender.
»Es regnet Drachmen vom Himmel«, verkündet der Moderator überschwenglich, während das Publikum auf dem Syntagma-Platz jubelt und klatscht.
»Die sind verrückt! Die feiern unseren Untergang«, bemerkt Prodromos.
»Wollen wir uns das nicht aus der Nähe anschauen?«, schlägt Sevasti vor.
»Ja, unbedingt«, stimmt Adriani begeistert zu.
»Wir haben ja genug Platz in unseren beiden Autos«, sagt Fanis zu mir, und an seiner Miene kann ich ablesen, dass auch er Lust hat, das Spektakel aus der Nähe zu verfolgen. Die Frage ist weniger, ob wir genug Sitzplätze haben, sondern ob wir überhaupt zum Syntagma-Platz durchkommen.
Doch entgegen meinen Befürchtungen rollt der Verkehr flüssig. Als wir nach links in den Vassileos-Konstantinou-Boulevard einbiegen, um über die Rigillis-Straße möglichst nahe ans Geschehen zu kommen, hält uns ein Verkehrspolizist beim Offiziersklub an.
»Fahren Sie lieber nicht weiter, Herr Kommissar. Der Vassilissis-Sofias-Boulevard ist ab der Koumbari-Straße gesperrt.«
»Können wir die beiden Wagen hierlassen, meinen und den von meinem Schwiegersohn?«
»Natürlich, ich habe ein Auge darauf. Eine kleine Gefälligkeit unter Kollegen«, fügt er augenzwinkernd hinzu, um mich daran zu erinnern, dass Bestechungsgeld unsere nationale Währung bleiben wird, unabhängig davon, ob es in Drachmen bezahlt wird oder nicht.
Wir marschieren los. Als wir uns der Kurve zur Solonos-Straße und dem Hotel Grande Bretagne nähern, ist jedoch kein Durchkommen mehr. Wir schaffen es bis zum Hoteleingang und sehen, wie erneut ein Bündel Spielgeld wie ein Taubenschwarm am Himmel flattert.
»Das sind Peseten«, erläutert der Moderator von der Bühne. »Als kleine Hommage an unsere spanischen Freunde, die heute zusammen mit uns feiern.«
Die Kapelle spielt ein spanisches Stück, zu dessen Rhythmus ein paar junge Frauen auf dem Bürgersteig ausgelassen tanzen, während sie zu den oberen Etagen des Hotels hinaufblicken.
»Na, ihr amüsiert euch ja prächtig, Mädels«, meint Adriani zu ihnen.
»Da oben, auf der Hotelterrasse, steht ein deutsches Kamerateam und filmt uns«, erklärt ihr eine Blonde Anfang zwanzig. »Die mit ihrem Euro können uns den Buckel runterrutschen. Die haben ja keine Ahnung, wie man sich auch ohne Geld vergnügt.«
»Nicht zu fassen! Sogar in dieser Misere finden wir noch einen Grund zum Feiern«, murmelt Katerina.
Sissis fasst sie am Arm.
»Als unsere Leute damals nach dem Bürgerkrieg zusammen mit den traurigen
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