Abschied von Chautauqua
VW-Käfer, in einem hässlichen Grün, das wohl gerade in Mode war. Sie folgte den beiden, und als sich die Schnauze des Taurus erst hob und dann senkte, schepperte eine Stahlplatte.
«An einem Tag wie diesem», sagte Emily, «dürfte es beim Parken keine Probleme geben», und obwohl Arlene Emilys Optimismus - wie so viele ihrer Erklärungen - unbegründet fand, behielt Emily Recht.
Das Lenhart war in demselben Butterblumengelb gestrichen, das Arlene als kleinem Mädchen so gut gefallen hatte, und sie dachte, dass sie vielleicht nächstes Jahr dort wohnen könnten, wenn im Institut alles ausgebucht war. Das Hotel war in einer anderen Größenordnung gebaut, eine grandiose Raubritterburg, die jetzt kurios und gefährdet wirkte. Unter den tropfenden Eichen gingen sie die heckengesäumte Promenade entlang zu der höhlenartigen Veranda, wo die Schaukelstühle vom Geländer weggerückt waren, damit sie nicht nass wurden.
Bevor sie die Tür erreichten, blieb Emily stehen. «Wenn du nichts dagegen hast, würde ich gern den Blick genießen.»
«Das fände ich schön», sagte Arlene, obwohl ihr kalt war.
Der Fußboden war schmutzig und blätterte ab. Ein paar Dielen waren neu, das Holz ungestrichen und von Schuhabdrücken gezeichnet.
«Das ist nicht in Ordnung», sagte Emily mit ausgestrecktem Finger.
Die Brücke versperrte die Aussicht - hatte sich in die Aussicht verwandelt, verlief wie ein Zaun quer über den See und verdeckte das andere Ufer. Arlene erinnerte sich an einen lange vergessenen Tanzabend im Kasino, mit Jimmy Dorsey und seinem Orchester. Wieder einmal hatten Henrys Freunde sie nicht beachtet, und sie war im Tanzsaal an ein Fenster getreten, von wo sie die Lichter der Sommerhäuser sah, die wie Flammen auf dem ölschwarzen Wasser flackerten. Sie war ein dummes Ding gewesen und hatte Angst gehabt, dass sich niemand in sie verlieben würde. Vielleicht hatte das auch niemand getan - jedenfalls nicht Walter, obwohl sie es gehofft hatte. Sie hatte ihre Chancen gehabt. Jetzt hatte sie schon lange kein Bedürfnis mehr danach.
«Das ist doch wirklich eine Schande», sagte Emily.
«Sie hätten sich für eine bessere Konstruktion entscheiden können», pflichtete ihr Arlene bei. «Brücken können auch schön sein.»
«Dem Anschein nach wollten sie etwas streng Funktionelles haben.»
«Das ist ihnen auch gelungen.» Arlene drehte sich halb um und zeigte, dass sie bereit war zu gehen.
«Das ist so entmutigend.» Emily hielt sie zurück. «Wenn man sich so etwas ansieht, muss man sich fragen, in was für einer Gesellschaft wir leben.»
Arlenes erster Gedanke war, diesen Satz als eine weitere von Emilys händeringenden Klagen abzutun, doch mit ihrer ungeheuren Hässlichkeit schien die Brücke Emilys Behauptung zu untermauern, genau wie der traurige Zustand des Kasinos oder der Fußboden, auf dem sie gerade standen. Sie musste an ihre Schule denken, wo alles in die Brüche ging, und an die nähere Umgebung, wo inzwischen vieles kaputt war, das Geschäftsviertel verschwunden.
«Hast du Hunger? », fragte Emily. «Ich glaube, ich klappe zusammen, wenn ich nicht bald etwas zu essen bekomme.»
«Ich auch.»
«Ach, diese verdammte Alarmanlage», sagte Emily, während sie denselben Weg zurückgingen. «Ich habe versucht, die Lerners zu Hause zu erreichen, aber es meldete sich bloß ihr Anrufbeantworter. Ist das nicht zum Verrücktwerden? Ich habe ihnen gesagt, sie sollen uns den Code durchgeben, damit wir die Anlage ausschalten können. Ich hab keine Lust, dass uns das Ding jede Nacht um drei weckt.»
In der Eingangshalle des Lenhart schauten sie sich die Porträts an den Wänden an und blieben auf dem Plüschläufer, der sie wie ein Förderband zum Oberkellner führte. Die Wände waren vor kurzem gestrichen worden, doch die Tür- und Fensterrahmen waren nicht mehr cremefarben, wie Arlene es in Erinnerung hatte. Emily machte ein unschlüssiges Gesicht, als wäre sie enttäuscht. Sie gaben ihre Jacken dem Garderobenmädchen, behielten aber ihre Handtaschen, und genau in diesem Moment fegte hinter einem Gast, der das Hotel betrat, ein Luftzug herein, der sie vor Kälte erschauern ließ. Der Oberkellner war jung und trug einen Straßenanzug, wahrscheinlich frisch vom College. Die Reservierung lief unter Maxwell, ein Fenstertisch.
«Meine Damen», sagte er und führte sie an einer aufgestellten Tafel vorbei, wo der Brunch am Sonntag angekündigt
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