Abschied von Chautauqua
Aschenbecher, sodass Arlene ihn zuklappen musste.
«Stell du dich nicht so an», sagte Arlene zu niemand Bestimmtem und folgte ihr dann nach draußen.
Ihre ersten Schritte waren wackelig, obwohl die Fähre felsenfest war, der Dieselmotor gleichmäßig tuckerte und sie am Kabel entlangzog. Im Wind kniff Arlene die Augen zusammen. Als sie sich der Reling zuwandte, spürte sie die Regentropfen wie Nadeln an den Wangen. Emily öffnete ihr die Tür des Glashäuschens, und Arlene zwängte sich geduckt ins Innere und wischte sich die Hände an der Hose ab.
«Na, das hat aber Spaß gemacht.»
«Ich bin froh, dass ich mich eingemummelt hab», sagte Emily. «Man käme nie auf den Gedanken, dass wir August haben.»
Nein, dachte Arlene, es ist ein typischer August für Chautauqua, aber was soll's. Der Regen schlängelte sich die Scheiben herab, verflochtene Bäche wanden sich wie Vorhänge, die im Wind wehten. Sie standen da und beobachteten, wie Bemus Point langsam näher kam, das alte Kasino und die neuen Docks am Ufer, große Kabinenkreuzer, die an den Anlegestellen schaukelten - Anwälte aus Buffalo.
«Das Kasino hat leider schon bessere Tage gesehen», sagte Emily.
«Es überrascht mich, dass es noch steht. Ich dachte, es wäre längst abgebrannt.»
«Es war schon immer eine Feuerfalle. Hast du mal gesehen, wie man die alten Dampfschiffe in der Nähe vom Celoron Park verbrannt hat?» Emily deutete den See entlang, als würde es den Park noch geben, als würden die Achterbahnen und Kettenkarussells unbenutzt im Regen stehen.
«Davon hab ich gehört.»
«Das fand immer am Labor Day statt. Sie kauften einen dieser alten Kolosse, verankerten ihn in Ufernähe und übergossen ihn mit Kerosin. Bestimmt völlig umweltschädlich. So etwas wäre heute nicht mehr möglich. Das Schiff lag den ganzen Tag an einer Stelle, wo man es gut sehen konnte, und wenn der Park abends zumachte, wurde es in Brand gesteckt, und alle sahen sich an, wie es brannte. Das war noch besser als Feuerwerk.»
«Ich frag mich, warum wir das nie gesehen haben», sagte Arlene.
«Sie haben direkt vor dem Krieg damit aufgehört.»
«Damals waren wir doch schon hier.»
Wenn es ein Rätsel war, dann würde es ungelöst bleiben. Eins von Emilys ärgerlichsten Talenten war es, ohne besonderen Grund ein interessantes Thema aufzubringen, es dann fallen zu lassen und sich etwas anderem zuzuwenden, bevor man sich richtig darauf einlassen konnte. Das erinnerte Arlene an den Hang ihrer Schüler zu unlogischen Schlussfolgerungen. Aber das waren Kinder, leicht abzulenken. Jetzt wartete Arlene, wieder ganz Lehrerin, und prüfte ihre Hypothese, während das Deck unter ihren Schuhen bebte.
«Erinnere mich daran, dass ich im Käseladen ein Stück von dem guten Lappi besorge», sagte Emily. « Sonst vergesse ich es.»
«Lappi», wiederholte Arlene.
Emily wollte sich bloß angenehm unterhalten, aber Arlene benotete sie gleich. Nach all den Jahren als Schwägerinnen waren sie sich immer noch fremd. Zu Henrys Lebzeiten war Arlene das fünfte Rad am Wagen gewesen. Jetzt waren sie und Emily ein Paar und riefen sich an, um einen Kinobesuch (die Jane Austen-Verfilmungen mochten sie am liebsten), einen Tag in Shadyside, einen Einkauf im Lebensmittelladen vorzuschlagen. Und es war viel besser, als allein zu gehen, auch wenn Emily ihr auf die Nerven ging. Arlene fühlte sich einbezogen, dazugehörig, ganz anders als vor Henrys Tod. «Arlie », hatte er gesagt und sie gebeten, sich um Emily zu kümmern, als wäre es eine Belastung, aber er hatte es bestimmt gewusst. Ihr Bruder war klug gewesen, klüger als sie, trotz all ihrer Liebe zum Wissen und logischen Argumenten. Er hatte sie verstanden.
«Und du musst mich daran erinnern», sagte Arlene, «dass ich an den Meerrettichaufstrich denke, den ich so gern esse.»
«Dieses schreckliche Zeug. Muss das sein?»
«Ja», erwiderte Arlene zufrieden, als hätte sie ein gutes Geschäft gemacht.
Der Fährhelfer ging zum Bug, und sie boten dem Regen die Stirn und liefen zum Wagen zurück. Der Dieselmotor wurde abgeschaltet, verstummte plötzlich, sie trieben übers Wasser, legten an und wurden durch den gebremsten Schwung in ihren Sitzen nach vorn geschleudert. Während sie darauf warteten, dass der Fährhelfer die Kette losmachte, hätte Arlene am liebsten die Heizung eingeschaltet, verzichtete aber darauf. Das junge Paar fuhr einen dieser neuen
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