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Abschied von Chautauqua

Titel: Abschied von Chautauqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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aß bloß. Sarahs Steak war kalt und zäh, das Fett an den Rändern hatte die Farbe von altem Klebeband. Sie wünschte, sie wäre fertig. Der nächste Tag war im Eimer, was blieb dann noch - Donnerstag und Freitag. Am Samstag würden sie nach Hause fahren. Mark würde ungefähr zur selben Zeit zurückkommen. Er würde anrufen und sagen, dass er sich mit ihr treffen wollte - vielleicht auch nicht. In zwei Wochen fing die Schule, fing ihr Leben wieder an. Sie fragte sich, ob sie vorher ihren Vater sehen würde. Er war bei ihren Großeltern auf der Upper Peninsula, bei dem Regen wahrscheinlich im Haus, genau wie hier. Sie fragte sich, ob er ihnen seine Freundin vorstellen würde, so wie er darauf bestanden hatte, dass Mark vor einer Verabredung ins Haus kam und ihm die Hand gab. Sie hatte den idiotischen Gedanken, ihn anzurufen, und überlegte, was sie wohl sagen würde.
      Du fehlst mir.
      Justin auch.
      Mom geht's gut.
      Am Telefon sagten sie kaum etwas, als könnten sie alles nur noch schlimmer machen.
      Gut, würde er sagen.
      Hm.
      Das ist toll, Picklechips, ganz super. Halt durch, Kleines - als würde er kommen, um sie zu retten. Das dachte Justin wenigstens, egal, wie oft sie ihm beizubringen versuchte, dass es dazu nicht kommen würde. Dann weinte er, und sie fühlte sich beschissen und wusste nicht, was sie ihm sagen sollte. Es war, wie ihr Vater immer gesagt hatte, als sie noch klein war: bloß ein weiterer Tag im Carlisle House of Fun.
      Eine zweite Fliege war heimlich reingeflogen und schwirrte so dicht um die erste herum, dass die beiden fast zusammengeprallt wären. Onkel Ken stand mit der Fliegenklatsche in der Hand auf und machte die Tür zu, dann setzte er sich wieder und wartete, bis alle aufgegessen hatten. Sarah brachte ihren Teller rein, hielt ihn dabei so hoch, dass ihre Mutter nicht sehen konnte, wie viel sie gegessen hatte. Sie legte ihre Gabel in den Besteckkorb, ging dann unten ins Bad und machte die Tür zu, schloss mit einem metallischen Klicken ab.
      Bei ausgeschaltetem Licht war es still, nur der eklige Gestank des Wassers störte. Sie saß mit geschlossenen Augen da und kaute am Daumennagel, ihr Atem warm an den Fingerknöcheln. Sie kaute an der einen Ecke, dann an der anderen, wechselte hin und her und drehte den Kopf. Ihre Zähne glitten ab und klickten aufeinander, was über der Badewanne ein seltsames Geräusch machte, aber sie ließ die Augen geschlossen. Sie hob die andere Hand und zog den Daumen zwischen den Lippen hervor, nahm ihn weg. Alles ist gut, dachte sie. Sie brauchte nicht auszuflippen. Solange sie nicht nachdachte, war alles okay.
     
     
* 20
     
    «Wer ist mit dem Geschirr dran?», fragte seine Mutter.
      Sie ließ den Blick von einem zum anderen wandern, und Justin fühlte sich wie in der Schule, wenn er wusste, dass Mrs. Foley ihn aufrufen würde.
      «Die Jungs können das machen», schlug Tante Lisa vor.
      «Immer ich», jammerte Sam - an so was würde Justin nicht mal denken. Widerworte nannte das seine Mutter. «Ella braucht sich nie drum zu kümmern.»
      «Seit wir hier sind, hast du das noch kein einziges Mal getan», sagte Tante Lisa. «Und jetzt schwing deinen tätowierten Hintern da rein.»
      «Aber...»
      «Keine Widerrede.» Onkel Ken deutete auf die Tür.
      «Geh nicht mit leeren Händen», sagte Grandma, hielt ihm ihren Kuchenteller und ihre Tasse und Untertasse hin.
      Ein Nicken seiner Mutter, und Justin nahm ihr Geschirr und folgte Sam ins Haus.
      Tante Lisa war direkt hinter ihnen und sagte, sie sollten die Essensreste in den Müllschlucker werfen. Er und Sam standen da, während sie in der Küche rumflitzte, Papiertücher wegwarf und Gabeln ins Spülbecken fallen ließ. Auf beiden Arbeitsplatten und auf dem Tisch mit den Tomatenscheiben, dem offenen Glas Mixed Pickles und der Schüssel Kartoffelsalat stapelten sich schmutzige Teller.
      Tante Lisa blieb stehen und schaute sie an. Seufzend schüttelte sie den Kopf und betrachtete sie, als wären sie Idioten.
      «Einer von euch spült das Geschirr ab, und einer stellt es in die Maschine. Entscheidet euch, wer was übernimmt. Mir ist das egal.»
      «Ich räum alles ein», rief Sam.
      «Gut, dann los.» Sie drehte das Wasser auf und hielt die Hand drunter, bis es die richtige Temperatur hatte.
      Es war ungerecht, aber Justin konnte nichts machen. Es war wie in der Videospielhalle, wo Sam sich vorgedrängt hatte, damit er als Erster an den

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