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Abschied von Chautauqua

Titel: Abschied von Chautauqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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Skiautomaten konnte.
      Das Wasser war heiß, und rings um den Wasserhahn stiegen Dampfwölkchen auf. Die Tafelteller waren so schwer, dass sich sein Handgelenk bog. Mit einer Gabel schabte er das Fett und den Kartoffelsalat in den Müllschlucker und hielt die Teller dann unters laufende Wasser. Sam brauchte sie bloß in die Geschirrspülmaschine zu stellen. Justins Finger sahen krass aus. Zwischendurch wischte er sie immer wieder an seiner Hose ab.
      «Mach das Licht an, dann siehst du besser, was du tust», sagte Tante Lisa. Sie griff über ihn weg, drückte auf den Schalter, schnappte sich einen Scheuerschwamm und wirbelte damit über den Teller, den er in der Hand hielt. «Das musst du abschrubben, die Maschine nimmt dir nicht alles ab. Vor dem Nasswerden brauchst du keine Angst zu haben.»
      Hatte er gar nicht. Er hatte Angst vor den Messern, die schmal und glitschig im Wasser lagen. Er hatte Angst, er würde ein Glas fallen lassen und sich mit einer Scherbe in den Daumen schneiden. Zu Hause hatte er Angst vor dem Müllschlucker, dessen Klingen sich unter dem Gummistöpsel drehten. Einmal hatte er eine Gabel reinfallen lassen, und der Müllschlucker hatte den glatten Griff ruiniert - seit damals blieb Justin immer mit den Fingern an den Kratzern hängen, deshalb mied er die Gabel. Er hatte Angst, er würde etwas falsch machen, und man würde ihn anbrüllen. Er war jetzt vorsichtig, wusch die Teller ab wie Tante Lisa, bevor er sie auf die Arbeitsplatte gleiten ließ.
      «Geht's noch langsamer?», fragte Sam.
      «Mein Gott», knurrte Justin. «Du kannst es ja selber machen.»
      «Nix da.»
      «Redet nicht so viel, arbeitet lieber», sagte seine Mutter und brachte eine Tasse und eine Untertasse, die sie vergessen hatten. «Über die Reste brauchst du dir keine Gedanken zu machen, darum kümmere ich mich.»
      Onkel Ken blickte um die Ecke des Kühlschranks. «Wenn ihr fertig seid, sehen wir uns einen Film an.»
      «Sie haben es bald geschafft», sagte Tante Lisa, stellte ihre Tasse und ihre Untertasse selbst in die Spülmaschine und räumte ein paar Sachen um.
      «Ich muss auf die Toilette», sagte Sam und ging. Die Kaffeetassen stapelten sich auf der Arbeitsplatte, die von Tante Arlene am Rand voller Lippenstift.
      «Wo ist dein Helfer?», fragte seine Mutter. Als er es ihr erzählte, lachte sie. «Das ist der älteste Trick der Welt. Das hat dein Onkel bei mir auch immer gemacht. Glaub bloß nicht, dass er wiederkommt.» Sie beugte sich über ihn, um zu sehen, wie er vorankam, und stellte dann die Kaffeetassen ins oberste Fach. «Ist ja nicht mehr viel. Du weißt, wie man die Maschine anstellt, oder? Die ist genau wie unsere, du drehst einfach den Knopf, bis du hörst, dass sie anspringt.»
      Das Letzte waren die großen Servierlöffel. Seine Hände fühlten sich an wie nach dem Schwimmen. Seine Mutter hatte Recht, Sam kam nicht wieder. Justin schob die Spritzdüse hoch und drückte auf die Plastikflasche, bis das nach Zitrone duftende Spülmittel das kleine Schubfach füllte. Er schloss die Tür und verriegelte sie, wie Sarah es zu Hause tat. Auf dem Knopf war auf einer Seite ein Pfeil abgebildet. Er drehte ihn so weit, bis er auf VORWASCHGANG zeigte, und dann noch ein Stück weiter. Die Geschirrspülmaschine gurgelte kurz wie ein Wasserhahn, dann rauschte innen drin Wasser.
      Er wusste nicht genau, ob er alles richtig gemacht hatte, und betrachtete die Geschirrspülmaschine, als könnte sie stehen bleiben. Als das nicht passierte, ging er ins Wohnzimmer, wo die anderen schon warteten. Sam saß mit Ella und Sarah auf dem Sofa, alle drei unter einer Decke. Justin musste über Rufus hinwegsteigen, um zu einem freien Platz zu gelangen. Er zog die Decke über den Schoß und lehnte sich zurück, seine Schulter an der von Sarah. Zu Hause legte sie beim Fernsehen manchmal den Arm um ihn, aber jetzt nicht. Er roch ihren Duft, und das genügte.
      «Danke, dass du dich ums Geschirr gekümmert hast,Justin», sagte seine Mutter so laut, dass alle es hörten.
      «Nichts zu danken», erwiderte er.
      «Okay.» Onkel Ken stellte sich neben den Videorecorder. «Seid ihr bereit?»
      Grandma hörte auf zu puzzeln und kam zum Sofa herüber.
      «Ist da drunter noch Platz für eure alte Grandma?», fragte sie, und er hob die Decke und ließ sie drunter. «Ist das nicht schön mollig», sagte sie. «Urgemütlich.»
      Es war Toy Story 2, wo Woody von diesem Sammler gestohlen wird.

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