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Abschied von Chautauqua

Titel: Abschied von Chautauqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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Hände, «wie kriegen wir das hin?»
      Wieder warteten sie auf ihn. Seit dem Tod seines Vaters fiel ihm die Rolle des Kapitäns zu, eine weitere Verantwortung, auf die er gern verzichtet hätte. Auf dem Wasser hatte er das Kommando, und sie wussten, wenn irgendetwas schief ging, mussten sie seine Befehle ausführen, denn irgendwann würde etwas schief gehen. Normalerweise betraf es den Motor, egal, ob er sich in den Wasserpflanzen verhedderte, absoff und nicht wieder anspringen wollte oder durch Blasenbildung die Benzinzufuhr unterbrochen wurde - sagen wir, wenn er den anderen Kanister anschloss.
      Das Boot war fast so alt wie er und verstand es, ihn daran zu erinnern, wie ungeschickt er in technischen Dingen war, und diesen Mangel dann allen an Bord zu demonstrieren. Er würde sie zurückbringen, selbst wenn er paddeln musste (und das war schon vorgekommen), doch irgendwo dort draußen würde er darauf beschränkt sein, den Schlüssel umzudrehen oder auf den Choke zu drücken und mit zusammengebissenen Zähnen zu fluchen, damit die Kinder es nicht hörten. Das Witzige war, dass er sich noch erinnern konnte, wie sich sein Vater - ein Ingenieur mit geschickten Händen - mit dem Motor genauso abgemüht hatte, doch irgendwie hatte er nie den Humor verloren und immer ein Spiel oder Problem daraus gemacht, das gelöst werden musste. Wenn Ken das probierte, kam er sich heuchlerisch und noch unfähiger vor.
      Er teilte die Schwimmwesten aus und ließ das Boot runter, damit es auf dem Wasser lag, bevor er sie der Reihe nach an Bord gehen ließ. Arlene und Lise konnten sich vorn neben ihn zwängen. Meg würde hinten sitzen, die Mädchen konnten sich einen Sitz teilen, und die Jungs kamen auf den Schlauch oder innen rein, das war vielleicht sicherer. Niemand beschwerte sich oder äußerte Bedenken, sie halfen sich bloß gegenseitig an Bord und warteten auf weitere Anweisungen.
      «In Ordnung», verkündete er, «wir paddeln an den Wasserpflanzen da drüben vorbei. Wenn wir uns abstoßen, musst du rückwärts paddeln, Sarah. Meg, du paddelst vorwärts, sobald wir am letzten Pfahl vorbei sind. Der Rest von euch sitzt still.»
      «Aye-aye», sagte Lise neben ihm.
      «Danke», gab er mürrisch zurück.
      Er wusste, dass er streng war, aus Angst, einen Fehler zu machen, obwohl das gar keine Rolle spielte.
      Sie fuhren schnurgerade zurück und trieben auf den Steg der Lerners zu.
      «Stoß dich mit dem Paddel ab», rief er Sarah zu. «Okay, das ist prima. Wir wollen direkt in den Wind fahren, damit er uns nicht gegen den Steg treibt.»
      Sein erster Gedanke war, nach hinten zu klettern und zu paddeln, doch er hielt sich zurück. Als sie wieder zum Steg trieben, sagte er, das sei nicht schlimm, sie würden es schon schaffen.
      «Das macht mir keinen Spaß», sagte Meg, und Sarah und Ella tauschten die Plätze.
      Ein Angler tuckerte vorbei, und Ken winkte.
      «Alles in Ordnung?», fragte der Mann.
      «Alles klar.»
      «Okay.»
      Sie entfernten sich vom Steg der Lerners, Ken bahnte sich einen Weg nach hinten, um den Motor anzuwerfen, und drückte die Gummipumpe, um ihn mit Benzin zu versorgen.
      «Können wir jetzt aufhören zu paddeln?», fragte Meg.
      «Wartet, bis der Motor läuft. Ich will nicht dahinten festsitzen, falls er nicht anspringt.»
      «Na, dann beeil dich, ich werd langsam müde.»
      «Wenn du müde bist, kann ich paddeln», bot Arlene an.
      «Du paddelst nicht», sagte Lise.
      Er setzte sich auf seinen Sitz und blickte über die Schulter, als würde er mit einem Auto zurücksetzen. Die Wasserpflanzen waren nicht so schlimm wie im letzten Jahr, doch er hatte immer noch Angst, die Bootsschraube könnte sich so nah am Ufer verheddern. Er zog das Drosselventil bis über die Hälfte heraus, wie es ihm sein Vater beigebracht hatte, drückte den Choke und drehte den Schlüssel.
      Der Anlasser knarzte, doch der Motor sprang nicht an, und Ken schaltete ihn schnell aus, damit er nicht absoff. Beim zweiten Versuch lief es genauso, und beim dritten klang er trocken, als hätte Ken nicht genug vorgepumpt. Er wirbelte herum und zwängte sich zwischen den anderen hindurch. «Paddelt weiter», sagte er und drückte so fest auf die Pumpe, dass sich auf dem Wasser ein Ölschimmer bildete - zu stark. Er eilte zurück, probierte es nochmal, und es kam blauer Rauch. Beim nächsten Mal wäre der Motor fast angesprungen, das Heulen des rotierenden Schwungrads klang wie ein

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