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Abschied von Chautauqua

Titel: Abschied von Chautauqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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herum ins Wohnzimmer.
      «Wie du willst», sagte sie, eines Besseren belehrt, und zog die Tür zu, damit keine andere mehr hereinkommen konnte.
      Mit den Schränken war sie fast fertig, der Inhalt auf der Arbeitsplatte ausgebreitet. Sie hatte gehofft, die ungeöffneten Sachen in Kartons packen und einer örtlichen Lebensmittelbank spenden zu können, doch einige der Dosen waren verstaubt oder verbeult. Eine Dose Fruchtcocktail war die Eigenmarke eines Ladens, der schon vor zehn Jahren zugemacht hatte, die Beschriftung des Etiketts altbacken und zeitfremd. Sie packte zwei Kartons voll und stellte fest, dass sie sie nicht hochheben konnte - eine weitere Aufgabe für Kenneth.
      Sie würde nicht mit allem fertig werden. Die Schubladen und das Geschirr mussten noch durchgesehen und die Badezimmer sauber gemacht werden. Mrs. Klinginsmith hatte gesagt, sie komme gegen halb vier, damit sich Emily nicht um den Kläranlagenkontrolleur kümmern müsse (das hieß, dass sie sich um alle beide kümmern musste). Über den Kühlschrank würde sie sich später Gedanken machen. Wenn sie von Webb's zurückkämen, würde sie alles Aufhebenswerte auf ihre Kühlboxen verteilen und den Kühlschrank über Nacht abtauen lassen.
      Sie ließ einen Eimer voll heißes Wasser laufen und rührte die Seifenlösung mit der Hand um. Der Lappen, den sie benutzte, stammte von einem marineblauen T-Shirt. Sie musste auf einen Stuhl steigen, um das oberste Regalbrett abzuwischen, angeekelt von den toten Nachtfaltern und ihrem Kot. Hinterher war das Wasser eine graue Suppe; sie goss es ins Spülbecken, und als sie den Lappen auswrang, kehrte die Fliege zurück und schwirrte direkt vor ihr gegen das Fliegengitter - ein großer borstiger, lauter Brummer.
      Vorsichtig wedelte sie mit der bloßen Hand nach ihm, aus Angst, sie könnte das Fliegengitter beschädigen, doch er entkam natürlich und landete zwischen den beiden Scheiben. Sie hängte den Lappen über den Wasserhahn und wischte sich die Hände mit einem Papiertuch ab, beobachtete den Brummer die ganze Zeit und versuchte durch ihre Willenskraft zu erzwingen, dass er dort sitzen blieb. Sie beugte sich übers Spülbecken, das zerknitterte Papiertuch in der Hand, und griff nach dem Fenster wie ein Juwelendieb. Mit einer raschen Bewegung schloss sie die untere Scheibe und schlug obendrauf, um ihn zu erwischen, aber er war zu schnell und flog davon, bevor sie ihn in die Enge treiben konnte. Sie drehte sich um, entschlossen, ihn zu verfolgen, doch er war in den gemusterten Vorhängen und auf dem dunklen Holz der Schränke verschwunden.
      Sie knipste im Wohnzimmer das Licht an und kauerte sich mit dem Papiertuch hin wie ein Jäger, versuchte, den Brummer im Flug zu erspähen, und stellte sich vor, was die anderen von ihr denken würden, wenn sie plötzlich hereinkämen. Sie schlich in den schwarzen Flur und stellte sich lauschend neben die Tür des dunklen Badezimmers.
      Der Brummer war in Arlenes Zimmer, ein kleiner Punkt auf dem hinteren Fenster, er flog immer wieder gegen die Scheibe, als könnte er so entwischen. Während Emily um Arlenes Bett herumging, hielt er inne, nahm dann die Abkürzung an ihr vorbei und flog im Zickzack zur Tür.
      «Du hältst dich wohl für schlau», sagte sie.
      Sie ging durch den Flur in ihr Zimmer und versperrte die Tür, suchte an den Fenstern und in der Luft über ihrem Bett nach ihm. Sie schloss ihre und dann Arlenes Tür, sah mit der Hand auf dem Lichtschalter im Bad nach (ohne ihre grimmige Miene im Spiegel eines Blickes zu würdigen) und schloss auch dort die Tür.
      Im Wohnzimmer war es am schwersten, wegen des Teppichs - und wegen des Sofas und des Kamins, beides gut zur Tarnung. Sie wünschte, es gäbe eine Tür zur Küche, um ihn dort in all dem Weiß einsperren zu können.
      Sie entdeckte die Fliegenklatsche, die neben dem Kühlschrank hing. Es war ein billiges Ding, zusammengedrehter Draht mit einer schlaffen gelben Schlagfläche aus Plastik. Sie hörte den Brummer und hielt die Fliegenklatsche senkrecht in die Luft, bevor sie sich umschaute.
      Er saß auf dem Lappen, der über dem Wasserhahn hing, als hätte er sie hereingelegt. Sie näherte sich langsam, bereit zuzuschlagen. Ein Schatten, ein leichter Luftzug konnten dafür sorgen, dass er davonflog. Er spürte ihre Anwesenheit und spannte sich an, setzte die Vorderbeine auf, um abflugbereit zu sein. Sie stand reglos da und beobachtete ihn, wartete darauf, dass er die Beine

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