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Abschied von der Küchenpsychologie

Abschied von der Küchenpsychologie

Titel: Abschied von der Küchenpsychologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Nolting
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akzeptierten Lösungen führen und ein Klima vermeiden helfen, in dem sich Eltern und Kinder gegenseitig auf die Nerven gehen. Zur Erinnerung (s.S.  230 ): Konfliktverhalten gilt als «konstruktiv», wenn es eine Lösung in der Sache sucht und zugleich die Beziehung schont.
    Das konstruktive Konfliktgespräch
    Die schönste Form der Konfliktlösung ist sicher ein Gespräch, in dem man einander zuhört. Thomas Gordon hat in den 1970 er Jahren die «niederlagelose Methode» populär gemacht, eine Gesprächsform, in der nicht um Macht gerungen wird, sondern beide Seiten etwas gewinnen. Die gemeinsame Konfliktregelung umfasst aktives Zuhören und Ich-Botschaften, bei längeren Gesprächen auch das Sammeln von Lösungsideen und ihre anschließende Bewertung. Hier ein Beispiel für ein nicht sehr langes Gespräch (leicht gekürzt aus Gordons «Familienkonferenz», S.  203 ):
    Vater: Jeden Abend müssen Mutter oder ich oder wir beide mit dir zanken und hinter dir her sein und dich manchmal zwingen, zur festgesetzten Zeit um acht Uhr ins Bett zu gehen. Mir ist nicht wohl dabei, wenn ich das tue, und ich frage mich, wie du dich dabei fühlst.
    Laura: Ich mag nicht, wenn du mit mir schimpfst, und ich mag nicht so früh ins Bett gehen. Ich bin schon groß und müsste länger aufbleiben dürfen als Gregor
(Bruder, zwei Jahre jünger).
    Mutter: Du hast das Gefühl, wir behandeln dich genauso wie Gregor, und das ist nicht gerecht.
    Laura: Ja, ich bin zwei Jahre älter als Gregor.
    Vater: Und du meinst, wir müssten dich wie jemanden behandeln, der zwei Jahre älter ist.
    Laura: Ja!
    Mutter: Daran ist etwas Wahres. Aber wenn wir dich länger aufbleiben lassen und du trödelst dann mit dem Zubettgehen, fürchte ich, dass du wirklich sehr spät schlafen gehen wirst.
    Laura: Aber ich werde nicht trödeln – wenn ich nur ein bisschen länger aufbleiben kann.
    Vater: Vielleicht könntest du uns ein paar Tage zeigen, wie gut man sich auf dich verlassen kann, und dann verschieben wir die Zeit vielleicht.
    Laura: Das ist auch nicht gerecht!
    Vater: Es wäre nicht gerecht, dich die spätere Zeit «verdienen» zu lassen?
    Laura: Ich finde, ich müsste länger aufbleiben dürfen, weil ich älter bin. (Stille) Wenn ich nun um acht zu Bett gehe und bis halb neun im Bett lese?
    Mutter: Du würdest zur festgesetzten Zeit ins Bett gehen, aber das Licht würde noch eine halbe Stunde brennen, damit du lesen könntest?
    Laura: Ja, ich lese gerne im Bett.
    Vater: Ich finde, das klingt ganz vernünftig, aber wer wird auf die Uhr achten?
    Laura: Oh, das tue ich! Ich knipse das Licht genau um halb neun aus!
    Mutter: Das hört sich wie eine gute Idee an, Laura. Wollen wir es damit eine Weile versuchen?
    (Bericht des Vaters: Es klappte.)
    Die Lösung selbst ist eher nebensächlich; sie könnte auch anders ausfallen. Wichtig ist die Art des Gesprächs. Solche Dialoge fördern langfristige Ziele: Verhalten aus Einsicht, Rücksichtnahme auf die Wünsche und Sorgen anderer und die Erkenntnis, dass es für die meisten Konflikte eine Lösung gibt, die beiden Seiten gerecht wird. Dennoch: Gespräche sind nicht alles. Manchmal ist es auch nötig, durch erzieherisches Handeln unerwünschtes Verhalten einzudämmen.
    Strafen und die Alternativen
    Es lassen sich zwei Grundtypen der Bestrafung unterscheiden: Man kann strafen, indem man etwas Unangenehmes zufügt; dazu gehören z.B. Beschimpfungen, Ohrfeigen oder böse Blicke. Oder man kann etwas Angenehmes entziehen; hierzu gehören z.B. ein Fernsehverbot oder die Kürzung des Taschengeldes.
    Besonders die «zufügende» Bestrafung ist aus mehreren Gründen problematisch. Häufig wird das Fehlverhalten lediglich unterdrückt, solange die Eltern anwesend sind, tritt aber heimlich wieder auf. Beruht das Fehlverhalten auf einem Bedürfnis nach Beachtung, kann die Bestrafung sogar wie eine Bestärkung wirken. Überdies können Bestrafungen zahlreiche
Nebenwirkungen
haben. Sie können beim Kind Angst und ein Gefühl der Erniedrigung bewirken; sie können Feindseligkeit und Rachegefühle erzeugen, wenn das Kind die Strafe als ungerecht empfindet, und können dadurch auch die Eltern-Kind-Beziehung beschädigen. Weiterhin kann die Strafaktion als aggressives Vorbild wirken, das dem Kind zeigt: So geht man mit Konflikten um. Insgesamt bringt das Bestrafen durch Entzug von Annehmlichkeiten sicher weniger Nebenwirkungen mit sich als die «zufügende» Bestrafung.
    Wenn man eine Bestrafung unvermeidlich findet, sollte sie (a)

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