Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abschied von der Küchenpsychologie

Abschied von der Küchenpsychologie

Titel: Abschied von der Küchenpsychologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Nolting
Vom Netzwerk:
wenig bedrohlich sein, (b) das Kind nicht herabsetzen, sondern lediglich ein konkretes Verhalten hemmen, (c) mit einer vertrauten Regel begründet werden, (d) gleichzeitig durch Anstoßen und Bekräftigen von erwünschtem Verhalten ergänzt werden. Niemals sollte die Bestrafung die einzige Maßnahme sein! Mindestens hinzukommen sollte eine Begründung (keine Standpauke!) und eine präzise Klarstellung, welches Verhalten man sich wünscht.
    In den meisten Fällen gibt es aber ohnehin gute
Alternativen
zur Bestrafung. Hier sind vier Möglichkeiten:
    Gezieltes Ignorieren.
Man lässt das Fehlverhalten einfach «ins Leere laufen», indem man nicht reagiert oder sich abwendet. Sinnvoll ist dies vor allem bei Verhaltensweisen wie Quengeln und Jammern, beim Gebrauch «schmutziger» Wörter, bei albernen Faxen oder Trotzanfällen. Da hier das Beachten als Bekräftigung wirken kann und Schimpfen die Stimmung verschärft, ist die «Leerlauf-Reaktion» eine sanfte Alternative. Bei Trotzanfällen im 2 . und 3 . Lebensjahr ist zu bedenken, dass das Kind nicht «böse» sein will, sondern einem Affektsturm erliegt, der durch kleine Frustrationen entsteht, beispielsweise wenn es partout etwas selber machen will und dabei behindert wird. Wichtig ist, dass man das unerwünschte Verhalten ohne Ausnahme ignoriert, denn durch gelegentliche Beachtung wird es umso länger fortdauern. Zu ignorieren ist aber nur das momentane Quengeln, Trotzen usw.; sobald das vorbei ist, wendet man sich dem Kind wieder positiv zu, vielleicht schon nach wenigen Sekunden. (Übrigens gilt die Ignorier-Empfehlung nicht für das Schreien im ersten Lebensjahr, da sich das Kind hier noch gar nicht anders ausdrücken kann.)
Das
Stoppen
ist eine Erziehungspraktik, die «zwischen» Nichtbeachtung und Bestrafung liegt. Stoppen heißt, akutes Fehlverhalten durch rasches Eingreifen im Keim zu ersticken oder zu beenden, etwa durch eine bremsende Handbewegung oder Kopfschütteln, durch ein entschiedenes «Nein» oder «Schluss jetzt», durch das Wegnehmen eines gefährlichen Gegenstandes, vielleicht auch durch Festhalten, um das Kind am Schlagen oder Treten zu hindern. Solche Eingriffe stoppen nicht nur, sie senden auch eine Botschaft: Dein Verhalten ist gefährlich, ist unfair, ist «nervig» etc. – und so kann man es auch kurz kommentieren. Beschimpfungen hingegen sind überflüssig und lenken nur von der eigentlichen Botschaft ab.
Bei
opferbezogenen Reaktionen
steht die Botschaft ganz im Vordergrund. Man lenkt die Aufmerksamkeit des Kindes auf die geschädigte Person und ihre Gefühle; man regt eventuell eine Wiedergutmachung an (s. auch S.  302 zu moralischer Selbstdisziplin). Wenn man einem Kind erklärt: «Max ist jetzt ärgerlich, weil du seinen Turm umgeschmissen hast», vermittelt man ihm soziales Verständnis und Einfühlung in andere – und das ist viel wichtiger als die Erfahrung: Papa schimpft. In erweitertem Sinne «opferbezogen» ist es auch, wenn man sich nicht dem «Täter», sondern nur dem «Opfer» zuwendet: «Jetzt bist du sicher traurig, weil …» oder «Hat dir der Stoß wehgetan?», während das «Täterkind» dabeisteht und das beobachtet.
Negative Konsequenzen tragen zu lassen
, ist eine Alternative, die wie eine Bestrafung aussehen mag, aber doch einen anderen Charakter hat als z.B. Schimpfen oder Hausarrest. Betont wird nämlich die Eigenverantwortung des Kindes; es soll für die Folgen seines Fehlverhaltens in altersgemäßer Weise geradestehen. Beispiele: Ein Kind hat sein Spielzeug mutwillig oder fahrlässig zerstört und bekommt kein neues. Es hat das Spielzeug eines anderen Kindes beschädigt und muss es von seinem Taschengeld ersetzen. Es hat mit Straßenschuhen den Fußboden verdreckt und hat ihn nun sauberzumachen. Es trödelt so lange mit dem Anziehen, dass die Mutter es im Schlafanzug zum Kindergarten fährt und es sich gerade noch vor dem Aussteigen umziehen kann.
    Wichtig ist wiederum, dass die Eltern all dies nicht mit Schimpfen begleiten («Das darf doch nicht wahr sein!», «Oh nein, schon wieder dieses Theater!»), sondern auch bei kindlichem Gezeter ruhig, aber entschieden handeln, sodass wirklich die Sache im Vordergrund steht und nicht der aggressive Ton.
    Aufforderungen und Anreize
    Alle genannten Handlungsweisen sind primär darauf gerichtet, unerwünschtes Verhalten «abzubauen» Für eine nachhaltige Verhaltensänderung sollte man aber gleichzeitig die erwünschten Alternativen fördern. Als generelles Prinzip

Weitere Kostenlose Bücher