Abschied von der Küchenpsychologie
bejahen. Jedenfalls kann man sein eigenes Temperament genauso schwer verändern wie manche Lebensumstände. Spielraum gibt es eher auf den Ebenen des Bewertens und des Handelns.
Wie dargelegt, ist für das eigene Wohlbefinden ganz wesentlich, wie man Ereignisse im Leben
bewertet
. Darüber hinaus, so zeigen andere Forschungen, ist sehr bedeutsam, wie man sich selbst bewertet. Sogar in der Therapie von Depressionen hat das Verändern von Bewertungen heute einen wichtigen Platz, ebenso beim Umgang mit Stress (s. Kapitel 8.2 ).
Auf der Ebene des
Handelns
liegt das Glück maßgeblich in der Gestaltung der eigenen Lebensumstände, sofern man ihnen nicht wirklich ausgeliefert ist. Hier gute Entscheidungen zu treffen und sie aktiv umzusetzen, so kann man das Sprichwort vom «Schmieden» verstehen, und im Prinzip versuchen das wohl fast alle Menschen. Doch durch richtige Entscheidungen das Glück herbeizuführen, ist nicht immer einfach, weil wir in vielen Fällen kaum vorhersehen können, welche Entscheidung uns tatsächlich glücklich machen wird: Sollte ich dieses Stellenangebot annehmen oder lieber noch weitersuchen? Wird eine gemeinsame Wohnung die Zweisamkeit festigen oder Konflikte schaffen? Gebe ich das Geld lieber für eine Reise oder für neue Kleidung aus? Wenn wir immer wissen könnten, welche Handlungen uns glücklich und zufrieden machen, dann wäre das «Schmieden» eine viel leichtere Sache.
Am Schluss eine Zusammenfassung von Glücksfaktoren, auf die wohl die meisten Menschen
in begrenztem Maße
Einfluss nehmen können:
Erfüllende Lebensinhalte, das heißt Tätigkeiten, die den eigenen Lebenszielen, Wertvorstellungen und Überzeugungen entsprechen; das Verfolgen von persönlichen «Projekten».
Packende Aktivitäten, die man selbstbestimmt und kompetent ausüben kann; auch Hobbys, in denen man so richtig «aufgeht» und die den beglückenden «Flow»-Zustand erzeugen.
Soziale Einbindung in Paarbeziehungen, Familien, Freundschaften und Gemeinschaften, in denen man sich akzeptiert und aufgehoben fühlt.
Bereitschaft zur Überprüfung eigener Bewertungen: Ist dieses Ereignis wirklich so schlimm? Hat die Sache nicht auch positive Seiten?
Ausreichend Schlaf, körperliche Aktivitäten und andere gesunde Dinge.
Betrachtet man diese Faktoren, so scheint es immerhin einen gewissen Spielraum für das «Schmieden» von Glück und Zufriedenheit zu geben. Doch insgesamt unterliegt unser Wohlbefinden sehr vielfältigen Einflüssen, auch solchen, die sich unserem Handeln entziehen.
8.5 Tests: Wie ihre Qualität getestet wird
Bestimmt haben Sie schon einmal in einer Publikumszeitschrift einen «Psycho-Test» ausgefüllt («Sind Sie ein Menschenkenner?», «Sind Sie ehetauglich?»). Vielleicht haben Sie auch schon einmal im Zuge einer professionellen psychologischen Beratung, z.B. einer Berufsberatung, einen langen Fragebogen oder Fähigkeitstest bearbeitet. Was Laien in allen Fällen zu sehen bekommen, sind die Fragen und Aufgaben. Aber kann man daran erkennen, ob es sich um einen seriösen Test handelt?
Daran alleine sicher nicht. Denn es gibt Tests, die vielen Laien durchaus plausibel erscheinen, bei Fachleuten aber nur Stirnrunzeln auslösen, wie etwa Tests zur Diagnose des «Lerntyps» (s. unten). Umgekehrt gibt es Aufgaben, die einem Laien vielleicht merkwürdig vorkommen und die dennoch gut fundiert sind: Wieso werde ich in einem Intelligenztest beispielsweise gefragt: «Wie groß ungefähr sind bei uns Frauen im Durchschnitt?» Was hat das denn mit Intelligenz zu tun?
Wenn die einzelnen Aufgaben nicht der entscheidende Punkt sind, was unterscheidet dann einen seriösen Test von einem unseriösen? Sicher könnte man sich am Kontext orientieren: Bei einer Illustrierten kann man eher vermuten, dass der Test allenfalls ein unterhaltsames Spiel ist. Wenn man dagegen in einer Beratungsstelle von einer Psychologin getestet wird, hat man eher Gründe, die Sache ernst zu nehmen. Aber auch die Psychologin ist darauf angewiesen, dass sie einen sauber entwickelten und keinen «handgestrickten» Test zur Verfügung hat.
Ein Beispiel für einen handgestrickten Test
Wie macht man einen Test? Man setzt sich an den Schreibtisch, denkt sich ein paar Aufgaben aus und behauptet: Dieser Test kann Folgendes feststellen. Ein schönes Beispiel für diese naive Vorstellung ist der Lerntypen-Test von Frederic Vester. Vester hat in den 1970 er Jahren durch eine Fernsehreihe und ein Sachbuch die Annahme propagiert, dass Menschen
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